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WissdeX Naturkatastrophen

Erde|Umwelt

WissdeX Naturkatastrophen
Um was es geht

Naturereignisse werden dann als Naturkatastrophen bezeichnet, wenn sie auf den Menschen und dessen Lebensraum eine verheerende Wirkung haben. Zu ihnen gehören natürliche Veränderungen der Erdoberfläche oder der Atmosphäre. Pro Jahr sterben weltweit durchschnittlich 80 000 Menschen durch eine Naturkatastrophe. Mit rund 60 Prozent machen meteorologische Ursachen wie Orkane, Wirbelstürme, Hochwasser sowie Sturm- und Springfluten den größten Anteil aus. Zu etwa 20 Prozent sind endogene und tektonische Veränderungen wie Erd- und Seebeben, Vulkanausbrüche und Tsunamis für Naturkatastrophen verantwortlich. Die restlichen 20 Prozent haben biologische Ursachen wie Plagen und Seuchen. Für diese Analyse wurde nur die Forschung in den Bereichen der tektonischen und meteorologischen Ursachen zugrunde gelegt.

Die Ausgangslage

Es passiert immer wieder: Völlig unerwartet wird eine Region auf der Erde von unvorhergesehenen Naturkatastrophen heimgesucht. Kurz nach Weihnachten 2004 ist dies der ganzen Welt durch die Tsunami-Katastrophe mit geschätzten 230 000 Toten deutlich geworden (bild der wissenschaft 3/2005, „Tsunami- Gefahr auch für Europa“). Viele Bemühungen der Wissenschaft weltweit gehen in die Richtung, derartige Katastrophen vorhersagen zu können und ein Frühwarnsystem einzurichten. Ziel ist es auch, Folgeschäden zu minimieren und die Ursachen zu identifizieren. Dazu bedienen sich die Wissenschaftler unterschiedlicher Methoden wie Forschungsbohrungen und Laborexperimenten mit Modellen unter simulierten Bedingungen.

Ohne Titel

Dr. Sebastian Hainzl ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geowissenschaften der Universität Potsdam. Zwischen 2000 und 2004 veröffentlichte er 12 wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Naturkatastrophen. Nach dem Ranking der Bibliometrie-Gruppe des Forschungszentrums Jülich wurden seine Publikationen bisher 86-mal von anderen Autoren zitiert, im Schnitt pro Veröffentlichung also mehr als 7-mal.

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bdw: Was ist Ihr größter Forschungserfolg, Herr Dr. Hainzl?

Hainzl: Ich habe ein Erdbebenmodell entwickelt, das die wesentlichen Charakteristiken der beobachteten Seismizität wie Nachbebenaktivität, Vorbeben und seismische Ruhephasen richtig wiedergibt. Die Charakteristik von kleinen bis mittelgroßen Erdbeben verändert sich teilweise deutlich, wenn ein großes Erdbeben naht. Allerdings treten diese Vorläuferphänomene nicht immer auf und erschweren dadurch eine potenzielle Vorhersage. Während sich aus den wenigen empirischen Beobachtungen oft keine vernünftigen Schlussfolgerungen ziehen lassen, erlauben Computermodelle die Berechnung ganzer Erdbebenzyklen und einer Vielzahl unterschiedlicher Szenarien. Meine Analysen dieser Modelldaten liefern nun eine verbesserte Einschätzung der Vorhersagemöglichkeiten von Erdbeben. Das vorläufige Fazit lautet: Eine exakte Vorhersage von Erdbeben ist nicht möglich, aber Zeiten mit erhöhtem Erdbebenrisiko können identifiziert werden.

bdw: Mit welchen Erdbebenregionen der Erde beschäftigen Sie sich?

Hainzl: Viele meiner Arbeiten sind grundsätzlicher Natur, das heißt sie untersuchen die universellen Eigenschaften von Erdbeben. Dabei benutze ich Erdbebenregistrierungen aus der ganzen Welt. Hier stützt man sich meist auf hochwertige Datensätze wie den Kalifornischen oder den Japanischen Erdbebenkatalog. Ich forsche aber auch über die deutsche Erdbebenaktivität, zum Beispiel im Rheingraben oder in der Schwarmbebenregion Vogtland.

bdw: Naturkatastrophen werden scheinbar immer häufiger – bekommen Sie in den nächsten Jahren mehr zu tun?

Hainzl: Erdbeben kommen heute nicht häufiger vor als früher, aber die Verletzlichkeit der Menschheit nimmt zu. Bevölkerungswachstum und die stärkere Abhängigkeit der Gesellschaft von der Technik führen zu immer größeren Katastrophen. Deshalb ist die Verbesserung seismischer Gefährdungsanalysen eine sehr wichtige Aufgabe, der ich mich hoffentlich auch künftig widmen kann.

bdw: Erdbeben werden sich nie verhindern lassen – worin besteht dann der praktische Erfolg Ihrer Arbeit?

Hainzl: Erdbeben können nicht verhindert, aber ihre Auswirkungen können minimiert werden. Meine Aufgabe sehe ich darin, den Erdbebenprozess anhand von Beobachtungen und Modellsimulationen weiter zu erforschen, um das Erdbebenrisiko besser kalkulieren zu können. Wenn Gebäude in erdbebengefährdeten Gebieten entsprechend sicher gebaut werden, haben Erdbeben meist auch keine so katastrophalen Folgen.

bdw: Wie beurteilen Sie die Arbeitsbedingungen auf Ihrem Gebiet? Sehen Sie bessere Chancen im Ausland?

Hainzl: Da haben Sie einen wunden Punkt angesprochen. Meine momentanen Arbeitsbedingungen sind gut, aber die Perspektiven sind sehr schlecht. Es gibt nur wenige unbefristete Forschungsstellen in Deutschland, und die Regelung, dass jemand maximal 12 Jahre auf einer befristeten Stelle forschen kann, zwingt einen fast dazu, Deutschland zu verlassen. Dies wird für mich, als Vater von vier Kindern, keine einfache Entscheidung. ■

Diese Analyse wurde von der Bibliometrie-Gruppe an der Zentralbibliothek des Forschungszentrums Jülich aufbereitet. Autoren sind: Dr. Bernhard Mittermaier, Cornelia Plott, Dirk Tunger, Ulrike Burkard, Heike Lexis.

www.fz-juelich.de/zb/bibliometrie

Die Fragen stellte Cornelia Varwig/bild der wissenschaft.

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