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Serienstart für CIS

Technik|Digitales

Serienstart für CIS

„ICH FREUE MICH WAHNSINNIG“, platzt Karl-Heinz Groß heraus. Für den Geschäftsführer des Photovoltaik-Unternehmens Würth Solar GmbH & Co KG in Marbach am Neckar, 25 Kilometer nördlich von Stuttgart, hängt der Himmel voller Geigen. Denn der Konzernchef Reinhold Würth, zu dessen Imperium auch Groß und seine 67 Mitarbeiter gehören, hat entschieden: Die jetzige CIS-Pilotproduktion wird zur Großserie ausgebaut.

Bei CIS-Solarmodulen wandelt nicht Silizium, der Standardwerkstoff der Photovoltaik, die auftreffende Sonnenstrahlung in elektrischen Strom um. Diese Aufgabe übernimmt eine nur zwei Mikrometer starke Schicht aus dem halbleitenden Material Kupfer-Indium-Diselenid, kurz „CIS“. CIS-Solarmodule versprachen Ende der Neunzigerjahre materialsparender und vollautomatisch herstellbar zu sein. Das reizte einen Investor: 1998 stieg der Künzelsauer Unternehmer Reinhold Würth ein. Im gleichen Jahr wurde in Marbach die erste CIS-Pilotfertigungslinie der neu gegründeten Firma Würth Solar eingeweiht.

Das Handicap des Hoffnungsträgers CIS: Die neue Technologie könnte ihre Kostenvorteile nur beim Erreichen der Massenfertigung ausspielen. „Erst wenn wir im Maßstab von mindestens zehn Megawatt Jahres-Output produzieren, können wir die Herstellkosten so herunterfahren, dass damit wirklich Geld zu verdienen ist“, räumte damals Diplom-Ingenieur Bernhard Dimmler ein, Technischer Geschäftsführer von Würth Solar (bild der wissenschaft 7/2000, „ Stromwechsel“).

Dazu hieß es zuallererst: die Qualität steigern. „Wir werden in der Großserienfertigung einen durchschnittlichen Wirkungsgrad von zwölf Prozent erreichen“, sagt Groß heute. „Das ist vergleichbar mit Silizium-Modulen. Auch der Preis wird sich im Bereich der Silizium-Konkurrenz bewegen. Weil aber unsere CIS-Module bei vorübergehender Beschattung und bei hohen Temperaturen viel weniger Leistungseinbruch zeigen, kann man mit ihnen mehr elektrische Energie ernten.“ Er verweist auf einen aktuellen Vergleich der so genannten Performance Ratio (PR) – sie gibt an, welcher Anteil des erzeugten Stroms real zur Verfügung steht – beim Projekt „Karlsruher Sonnendach“. Da erzielte 2004 das monokristalline Silizium-Modul BP5170S eine PR von 80,2 Prozent, das CIS-Modul WS11007/63 eine PR von stolzen 89,6 Prozent.

2004 fertigten die Marbacher rund 20 000 CIS-Module mit einer Gesamtleistung von 1,3 Megawatt – weit entfernt von den magischen 10 Megawatt. Einstellen oder ausbauen? Die Würth-Gruppe vertagte ihre Entscheidung von einem Halbjahr aufs nächste. Im Mai 2005 kam die Entscheidung: Daumen hoch – Großserie. Im ersten regulären Betriebsjahr 2007 sollen rund 200 000 CIS-Solarmodule mit insgesamt 15 Megawatt Leistung vom Band laufen, der Umsatz von Würth Solar soll sich von knapp 4 Millionen Euro (2004) auf 40 Millionen verzehnfachen.

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Für die Mitarbeiter ist allerdings ein Wermutstropfen im Becher der Freude: Nicht am gewohnten Standort Marbach am Neckar soll Ende 2006 die Großserie anlaufen – sondern im 40 Kilometer nordöstlich gelegenen Schwäbisch Hall. Für 55 Millionen Euro errichtet das Unternehmen dort eine Solarfabrik. Die Marbacher Fertigungslinie wird demontiert, in Schwäbisch Hall wieder aufgebaut und um mehrere gleichartige Anlagen erweitert. Das Personal wird um 50 Mitarbeiter aufgestockt.

Das bedeutet für die Marbacher Würth-Solar-Mannschaft: umziehen oder demnächst pendeln. „Ausschlaggebend war ein kleiner Standortvorteil von Schwäbisch Hall“, erklärt Groß. „Dort wird man vom Firmengelände aus in zwei Minuten am neuen Flugplatz Hessental sein. Das hat Herr Würth mit Blick auf die weltweite Vermarktung als entscheidend angesehen.“

Für den Marbacher Bürgermeister Herbert Pötzsch jedoch ist all dies kein Wermutstropfen, sondern eine gallenbittere Pille. Noch bei der Bilanzpressekonferenz 2004 hatte Reinhold Würth die Standortwahl Marbach mit „da sind wir, und da bleiben wir“ bekräftigt. Pötzsch hatte daraufhin den Großteil des Marbacher Gewerbegebiets für den späteren Ausbau der Solarfabrik reserviert und andere Interessenten abgewiesen. Für ihn und Marbach bleibt das Fazit: dumm gelaufen. Thorwald Ewe■

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