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Wer knackt die Weltformel?Drei Fragen warten auf eine geniale Antwort

Allgemein

Wer knackt die Weltformel?Drei Fragen warten auf eine geniale Antwort
Um zu erkunden, welche Art von „neuer Physik” sich hinter dem heute etablierten Modell verbirgt, müssen die Forscher vor allem drei Fragen beantworten: Welche Masse besitzen die geisterhaften Neutrinos? Existiert das geheimnisvolle Higgs-Teilchen? Wie wurde die Symmetrie zwischen Materie und Antimaterie beim Urknall gebrochen?

Das Neutrino und

Seine masse

„Am besten, man macht es wie mit der Steuer – gar nicht daran denken!” Als der Österreicher Wolfgang Pauli 1930 das Neutrino „ erfand”, hielt sich seine Begeisterung in Grenzen. Denn theoretische Erwägungen hatten den Physiker geradezu genötigt, ein neues geisterhaftes Teilchen zu postulieren. Daß das Gebilde tatsächlich existiert, hielt der spätere Nobelpreisträger für blanken Unsinn. Heute ist klar: Das Neutrino gibt es wirklich. Doch welche Bedeutung das flüchtige Geisterteilchen für das Universum hat, ist nach wie vor ein Rätsel.

Das Neutrino gilt als das sonderbarste unter den Elementarpartikeln. Es ist das häufigste bekannte Teilchen im All – und zugleich das unauffälligste. Pro Sekunde rasen 120 Milliarden Neutrinos durch jeden Quadratzentimeter der Erdoberfläche, doch kaum eines bleibt in unserem Planeten hängen. Der Grund: Neutrinos machen sich nur sporadisch und ausschließlich über die „schwache Naturkraft” bemerkbar, die bei radioaktiven Zerfallsprozessen wirkt. Um Neutrinos überhaupt nachweisen zu können, braucht es deshalb riesige, tief in der Erde verborgene Detektoren.

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Die drängendste Frage lautet: Besitzt das Neutrino überhaupt eine Masse, trägt es gar Wesentliches zum „Gewicht” des Universums bei? „Ursprünglich ging das Standardmodell davon aus, daß Neutrinos ebenso masselos sind wie Photonen”, sagt der CERN-Physiker Dr. Luigi di Lella. Doch die Theorie irrte. 1998 lieferte der japanische Neutrino-Detektor Superkamiokande Meßdaten, die das Gros der Fachwelt überzeugten: Das Neutrino hat tatsächlich eine Masse.

Superkamiokande – ein unterirdischer Tank, gefüllt mit 50 Millionen Liter hochreinem Wasser – beobachtet atmosphärische Neutrinos. Sie entstehen, wenn energiereiche kosmische Strahlung in die Lufthülle der Erde eindringt. Der riesige Detektor hat es besonders auf Myon-Neutrinos abgesehen – eine der drei bekannten Neutrinosorten, neben den Elektron- und Tauon-Neutrinos. Das Resultat der Teilchen-Spurensuche: „Von unten kamen im Tank deutlich weniger Myon-Neutrinos an als von oben”, erläutert Prof. Takaaki Kajita vom Forschungszentrum für Kosmische Neutrinos an der Universität Tokio.

Dieses Defizit interpretieren die Experten wie folgt: Die von unten kommenden Teilchen sind auf der anderen Seite des Globus entstanden und mußten mehr als 12000 Kilometer quer durch den Erdball zurücklegen. Dabei dürften sich einige von ihnen in eine andere Neutrinosorte verwandelt haben: in die Tauon-Neutrinos. Die von oben kommenden Geisterteilchen wurden dagegen nur einige Kilometer vom Detektor entfernt geboren – anscheinend viel zu nah für eine Teilchen-Metamorphose. Daraus ziehen die Wissenschaftler den Schluß: Ist die Strecke lang genug, können sich Neutrinos im Flug in eine andere Sorte verwandeln. Das aber ist laut Quantenphysik nur möglich, wenn die schemenhaften Partikel eine – wenn auch winzige – Masse besitzen.

Um sicherzugehen, starteten die Japaner 1999 ein zweites Experiment. „Mit einem Teilchenbeschleuniger am KEK Forschungslaboratorium in Tsukuba bei Tokio erzeugen wir einen künstlichen Neutrinostrahl”, sagt Kajita. „Diesen schicken wir über eine Strecke von 250 Kilometern auf Superkamiokande.” Damit können die Forscher wesentlich gezielter experimentieren, denn anders als die Neutrinos aus der Atmosphäre können Neutrinos aus dem Beschleuniger genau abgezählt werden.

Bislang deuten die Meßergebnisse darauf hin, daß sich ein Teil der Myon-Neutrinos während ihres 250-Kilometer-Trips durch Erdboden und Gestein tatsächlich in die Tauon-Sorte zu verwandeln scheint. Nun sollen zwei weitere Großprojekte diese Messungen präzisieren. Sowohl das CERN in Genf als auch das Fermilab bei Chicago arbeiten an 700 Kilometer langen Neutrino-Rennstrecken, in denen die geisterhaften Verwandlungskünste noch genauer festgemacht werden sollen.

Ein weiteres Indiz spürte kürzlich ein kanadischer Detektor auf: Zwei Kilometer tief in einer Nickelmine beobachtet das „ Sudbury Neutrino Observatorium” (SNO) diejenigen Neutrinos, die bei der Kernverschmelzung in der Sonne entstehen. Ältere Detektoren wie Homestake in Süd-Dakota und Gallex im Gran Sasso-Massiv in Italien hatten bereits vor Jahren ein beunruhigendes Defizit registriert: Sie stellten fest, daß auf der Erde deutlich weniger Elektron-Neutrinos ankommen, als es die Forscher eigentlich erwarten. Auch für die solaren Neutrinos gelten die Oszillationen als der plausibelste Grund für das Verschwinden der Geisterpartikel.

Das Problem: Die bisherigen Detektoren konnten die Verwandlungskünste nicht direkt nachweisen, sie registrierten lediglich, daß die Elektron-Neutrinos irgendwohin verschwanden. SNO, ein Tank gefüllt mit 1000 Tonnen schwerem Wasser, soll die oszillierenden Neutrinos dingfest machen, indem er die verwandelten Partikel – Myon- und Tauon-Neutrinos – direkt aufspürt.

Vor kurzem lieferte der Tank die ersten Ergebnisse. Die allein sagen zwar noch nicht viel – um so mehr aber der Vergleich mit den Daten von Superkamiokande, der sowohl nach atmosphärischen, als auch nach solaren Neutrinos Ausschau hält. „Bislang konnte unser Experiment ausschließlich Elektron-Neutrinos sehen”, sagt Dave Wark, Physikprofessor an der Universität von Sussex in England. „Superkamiokande dagegen beobachtet eine kleine Beimischung der beiden anderen Sorten. Da wir deutlich weniger Ereignisse sehen als Superkamiokande, muß es sich bei der Differenz um verwandelte Teilchen handeln – ein Beleg für Neutrino-Oszillationen.”

Im kommenden Frühjahr soll SNO den endgültigen Beweis erbringen – ohne Schützenhilfe aus Japan. Zwei Tonnen Salz in dem Wassertank werden es dann erlauben, die verwandelten Neutrinos am SNO direkt nachzuweisen. Die vielleicht spannendste Frage aber bleibt unbeantwortet. „Beim Urknall müßten extrem viele Neutrinos entstanden sein”, sagt Luigi di Lella. „Jeder Kubikzentimeter des Weltalls sollte heute rund 360 Neutrinos enthalten.” Die Folge: Selbst wenn jedes einzelne Teilchen nur eine winzige Masse besitzt, könnten alle zusammen erheblich zum „Gewicht” des Universums beitragen, insbesondere zur ominösen Dunklen Materie. Diese ist – weil sie keine Strahlung aussendet und sich nur durch ihre Gravitationswirkung verrät – den Blicken jedes Teleskops verborgen (bild der wissenschaft 7/2001, „Die mysteriöse Dunkle Energie”).

Doch die Sache ist verzwickt. Denn Experimente wie Superkamiokande sind keine Neutrinowaagen. Statt des absoluten „ Gewichts” läßt sich mit ihnen nur der Massenunterschied zwischen zwei Neutrinosorten abschätzen. Da er nach den bisherigen Meßdaten äußerst klein ausfällt, könnte auch die absolute Masse sehr gering sein – so die Vermutung vieler Experten. Eine genauere Abschätzung zeigt, daß das Tauon-Neutrino als schwerster Vertreter seiner Gattung rund zehnmillionenmal leichter sein sollte als ein Elektron. „Das ist zu wenig, um bedeutend zur Dunklen Materie beizutragen”, glaubt di Lella. „Es muß da noch etwas anderes, völlig Unbekanntes geben.” Endgültigen Aufschluß könnte nur ein Experiment liefern, das die Masse des Tauon-Neutrinos direkt mißt. Doch Physiker di Lella meint achselzuckend: „Wie das anzustellen wäre, weiß heute niemand.”

Wettlauf um das

„Gott-Teilchen”

Der Champagner wird bereits im Kühlschrank gestanden haben. Prof. Dieter Schlatter und seine Leute schienen nah dran zu sein, das meistgesuchte Teilchen der Physik aufzustöbern: das Higgs-Partikel. Doch dann platzte der Forschertraum. Der Indizienbeweis, den Schlatter und Hunderte anderer Teilchenjäger am Genfer Forschungszentrum CERN begonnen hatten, blieb aus. Der Grund: Ihr Werkzeug, der Riesenbeschleuniger LEP, wurde im vergangenen Herbst abgeschaltet, um einer noch stärkeren Teilchenschleuder zu weichen. Jetzt entwickelt sich die Suche nach dem Higgs-Teilchen zu einem verbissenen Wettlauf zwischen Europäern und Amerikanern. Während CERN das labile Exotenteilchen ab April 2006 mit dem neuen Large Hadron Collider (LHC) aufspüren will, versucht es die Konkurrenz am Fermilab bei Chicago bereits heute – wenn auch mit einer kleineren Maschine.

Im Theoriegebäude der Teilchenkunde dient das Higgs als „ Masse-Spender”. Denn warum Elementarpartikel wie Elektronen oder Quarks überhaupt eine Masse besitzen, ist für Experten alles andere als einsichtig. Die derzeit favorisierte Erklärung ließ sich der Theoretiker Peter Higgs in den sechziger Jahren einfallen: Das gesamte Universum sei von einer Art unsichtbarem Sirup durchsetzt, postulierte der Schotte – dem Higgs-Feld. Teilchen, die sich durch Raum und Zeit bewegen, würden durch diesen Sirup abgebremst – aus Sicht des Physikers nichts anderes als eine Massenzunahme.

Das Geschehen ähnelt einer Cocktailparty, auf der sich ein Prominenter blicken läßt: Flugs stürzt sich eine Horde von Fans auf ihr Opfer, der Berühmte muß sich mühsam seinen Weg durch die Menschentraube bahnen. Der Arme kommt so behäbig vom Fleck, als hätte er urplötzlich an Gewicht gewonnen. In diesem Bild entsprechen die Partygäste dem Higgs-Feld, der Prominente dem Teilchen, das an Masse gewinnt.

Außerdem kann das Higgs-Feld sporadisch ein eigenes Partikel hervorbringen: das Higgs-Teilchen. Dieses ähnelt in obigem Bild einem Partygerücht: Allein die Nachricht, die Prominenz stehe vor der Tür, genügt für eine kräftige Drängelei. Die Experten sind sicher: Gibt es das Higgs-Feld, so muß es sich durch das Higgs-Teilchen verraten. Das Problem: Bislang hat sich der kurzlebige Sonderling noch in keinem Experiment blicken lassen. Der Nachweis des Higgs-Teilchens gilt im Moment als die größte Herausforderung in der Teilchenforschung.

Im Herbst 2000 ließen Meßdaten aus Genf die Fachwelt aufhorchen: Elf Jahre hatte der Large Electron-Positron Collider (LEP) bereits auf dem Buckel, der Zeitpunkt der Demontage rückte näher – da kitzelten die Teilchenforscher noch einmal alles aus der fast 27 Kilometer langen Ringschleuder heraus. Elektronen und Positronen prallten mit bis dato unerreichter Wucht aufeinander und hinterließen in den Detektoren einige Spuren, in denen die Forscher heiße Indizien für die Existenz des Higgs-Teilchens vermuten.

„Die Hinweise waren aber zu vage, um die Sektkorken knallen zu lassen”, sagt CERN-Physiker Prof. Christoph Rembser. Das Problem: Das Higgs-Teilchen taucht nicht als unverwechselbarer Fingerabdruck in den Meßgeräten auf, sondern wird zusammen mit einem anderen Partikel erzeugt, dem Z-Teilchen. Dessen Bruchstücke sehen sehr ähnlich aus wie die Fragmente des Higgs, die man aufgrund von Simulationen erwartet. „Wir mußten nicht nur wenige Perlen in einem riesigen Heuhaufen aufspüren, sondern sie auch noch von falschen Perlen unterscheiden”, sagt Schlatter.

Aufschluß darüber, ob die Physiker tatsächlich auf einer heißen Spur waren oder nur einer statistischen Laune der Natur aufsaßen, hätten weitere Messungen mit LEP liefern können. Das aber kollidierte mit den Genfer Zukunftsplänen für den Bau des Large Hadron Colliders. CERN-Chef Maiani geht davon aus, daß dieser das Higgs-Teilchen ganz klar wird festnageln können. Da in der neuen Teilchenschleuder die Partikel mit einer weitaus größeren Wucht aufeinandergefeuert werden können als im LEP, dürfte sich das Higgs deutlicher in den Meßdaten abzeichnen. Andere Fachleute bezweifeln, daß Maianis Rechnung von der Entdeckung des lange gesuchten Teilchens am CERN aufgehen wird. „ Mit dem Tevatron-Beschleuniger am Fermilab gibt es auch in den USA eine Maschine, die das Higgs finden kann”, warnt Schlatter. Dort wird nach gründlicher Renovierung des Beschleunigers seit kurzem wieder gemessen. „Hat das Higgs eine Masse in der Größenordnung, die die LEP-Daten nahelegen, dann hat Tevatron eine reelle Chance”, glaubt Prof. Rolf-Dieter Heuer vom DESY in Hamburg. Für Dieter Schlatter und seine Kollegen wäre dies eine tragische Nachricht: Dann hätten sie die wichtigste Entdeckung der Teilchenphysik um Haaresbreite verpaßt – und einen sicheren Nobelpreis auch.

Der Antiwelt auf

der Spur

Würde das Universum streng nach den Theorien der Physiker funktionieren, stünde die Menschheit vor einem Problem: Es dürfte sie gar nicht geben! Denn laut Urknall-Theorie müßten beim Big Bang vor rund 13 bis 14 Milliarden Jahren exakt gleich viel Materie und Antimaterie entstanden sein. Danach aber – so die Theorie – hätten sich alle Teilchen und Antiteilchen wieder vernichten müssen. Übrig geblieben wäre ein Kosmos voller Strahlung und Licht, ganz ohne Sterne und Planeten.

Zum Glück hielt sich das junge Weltall nicht an das Drehbuch der Urknall-Theoretiker. „Es muß während des Big Bangs eine winzige Störung gegeben haben”, sagt Prof. Patricia Burchat von der Stanford University in Kalifornien. „Und das Ergebnis dieser Störung sind wir.” In Zahlen: Ein Milliardstel der beim Urknall freigewordenen Energie löste sich nicht in strahlendes Wohlgefallen auf, sondern kondensierte zu Atomen und Molekülen, die sich anschließend zu Gestirnen und Lebewesen verdichten konnten. Warum ausgerechnet Materie und keine Antimaterie übrigblieb, können die Forscher nur vermuten. Viele Experten halten eine winzige Anomalie aus der Welt der Elementarteilchen für den Grund – die „CP-Verletzung”. Gleich mehrere Großexperimente testen diese Hypothese.

Antiteilchen sind die „Spiegelbilder” der normalen Partikel. Besteht das Wasserstoff-Atom aus einem elektrisch positiven Kern, der von einem negativ geladenen Elektron umkreist wird, ist es beim Antiwasserstoff genau umgekehrt: Hier umschwirrt ein positives Elektron (Positron) den negativen Kern. Stößt nun Wasserstoff mit Antiwasserstoff zusammen, vernichten sich beide vollständig und zerstrahlen zu purer Energie.

Anfangs sahen die Physiker Teilchen und Antiteilchen in perfekter Symmetrie, als Bild und exaktes Spiegelbild. 1964 aber entdeckten US-Forscher eine winzige Unregelmäßigkeit beim Zerfall des K-Mesons, eines kurzlebigen Teilchen-Exoten. Die Schlußfolgerung: Materie und Antimaterie verhalten sich nicht identisch, sondern ein kleines bißchen unsymmetrisch.

Dieses Ergebnis machte die Fachleute ratlos – bis die beiden japanischen Theoretiker Makoto Kobayashi und Toshihide Maskawa einen hypothetischen Ausweg ersannen: die CP-Verletzung. Sie beschreibt einen Mechanismus, der das winzige Ungleichgewicht zwischen Teilchen und Antiteilchen erklären soll. Demnach können sich die sechs bekannten Quarks – die Bausteine, aus denen sich Protonen und Neutronen zusammensetzen – ineinander umwandeln. Diese „Mischung von Quark-Zuständen” soll in komplizierter Weise damit zusammenhängen, daß sich die Materie in den Wirren des Big Bang gegenüber der Antimaterie durchsetzen konnte.

Das Problem: „Der Zerfall der K-Mesonen ist viel zu komplex, um ihn mit der japanischen Theorie genau genug berechnen zu können”, sagt der Hamburger Physiker Prof. Walter Schmidt-Parzefall. „Um zu entscheiden, ob die Theorie wirklich stimmt, muß man sie an einem anderen Phänomen testen, dem Zerfall von B-Mesonen.” An diesem Test versuchen sich derzeit gleich zwei Forschergruppen an Großbeschleunigern: „Belle” im japanischen Tsukuba und „BaBar” in Stanford in Kalifornien.

Wie am Fließband stellen beide Maschinen die B-Mesonen sowohl in der normalen Variante als auch in ihrer Antiform her. Partikel wie Antipartikel zerfallen nach kürzester Zeit in Bruchstücke. Laut Theorie sollen sie nicht auf dieselbe Weise zerplatzen, sondern ein klein wenig anders – der gesuchte Unterschied zwischen Materie und Antimaterie. Im Juli veröffentlichten beide Forscherteams ihre Meßdaten. „37 Jahre nach der Entdeckung haben wir bewiesen, daß der Effekt auch bei den B-Mesonen existiert”, sagt Dr. Christos Touramanis von der Universität Liverpool, Mitarbeiter beim kalifornischen Projekt. „Der Effekt ist genausogroß, wie vom Standardmodell vorausgesagt.” Demnach verhalten sich Teilchen und Antiteilchen genau so unterschiedlich, wie es Koboyashi und Maskawa errechnet hatten. Das ist zumindest ein Anhaltspunkt dafür, warum sich nach dem Urknall die Materie gegenüber der Antimaterie durchgesetzt hat. Aber: „Die meisten Experten bezweifeln, daß der Effekt groß genug ist, um die Gesamtmenge an Materie im All zu erklären”, sagt Schmidt-Parzefall. „Womöglich waren noch andere, bislang völlig unbekannte Prozesse mit im Spiel.” Vielleicht aber kommt auch alles ganz anders – und der Physiker Prof. Samuel Ting vom Massachusetts Institute of Technology behält recht. In zwei Jahren wird das Team des Physik-Nobelpreisträgers von 1976 auf der Internationalen Raumstation einen Detektor installieren, der mit Magnetfeldern in der extrem energiereichen kosmischen Strahlung nach Antikohlenstoff suchen wird. Sollten sich in dem pausenlos aus den Tiefen des Alls auf die oberen Schichten der Erdatmosphäre prasselnden Teilchenregen tatsächlich Spuren von Antiatomen finden lassen, könnten sie von einem Antistern stammen – eine Entdeckung mit Sensationswert. Denn dann wäre die Antimaterie gar nicht verschwunden, sondern würde ihr Dasein in irgendwelchen fernen Winkeln des Universums fristen, fein säuberlich von der Materie getrennt.

Frank Grotelüschen

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An|ker|plat|te  〈f. 19; Bauw.〉 mit einer Platte versehener Anker, den man mittels Schraube anziehen (verkürzen) kann

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