Schon bevor der große Physiker und Mathematiker Isaac Newton 1727 starb, setzte die Legendenbildung um seine Person ein. Ebenso begierig wie man die wissenschaftliche Leistung Newtons aufgriff und popularisierte, wurde er als „göttliches Genie“ verehrt. Bis heute gibt es entsprechend eine schier überwältigende Fülle von „Newtonia“, die nahezu jede Facette seiner Persönlichkeit und seiner wissenschaftlichen Arbeit beleuchten.
Die Biographie des renommierten amerikanischen Wissenschaftshistorikers Richard S. Westfall ist eine stark gekürzte Fassung seiner monumentalen Newton-Biographie von 1980 „Never at Rest“. Er hat darin auf mathematische Details, Fußnoten und Literaturangaben verzichtet.
Stets läßt – der inzwischen verstorbene – Westfall hinter den bewundernswerten wissenschaftlichen Leistungen den Charakter und das wissenschaftliche und soziale Umfeld des großen Mannes hervortreten.
Zeitlebens befaßte sich Newton intensiv mit praktischen und theoretischen Studien zur Alchemie. Und in seinen religionsphilosophischen Untersuchungen, die im Widerspruch zur herrschenden Amtskirche standen, spürte er dem göttlichen Heilsplan nach. Diese unbekannte Seite Newtons kommt nur in seinen umfangreichen persönlichen Aufzeichnungen ans Licht. Seinen Zeitgenossen stellte er sich lieber als brillanter Mathematiker dar.
Westfall vermittelt ein Bild Newtons, das dem außergewöhnlich vielschichtigen und widersprüchlichen Menschen gerecht wird. Leider hat das Buch, das gut lesbar übersetzt ist, eine Schwachstelle: Es wurde nicht aktualisiert – entsprechend fehlen neuere Forschungsergebnisse.
Richard S. Westfall ISAAC NEWTON – EINE BIOGRAPHIE Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg/Berlin/Oxford 1996 408 S., DM 58,-
Heike Hild