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EBBE AUF GRÖNLAND, FLUT IN DER SÜDSEE

Erde|Umwelt

EBBE AUF GRÖNLAND, FLUT IN DER SÜDSEE
Das Schmelzen der polaren Eispanzer ändert die Verteilung der Schwerkraft auf der Erde – mit erheblichen Folgen: Der Meeresspiegel steigt regional sehr unterschiedlich.

Sie liefern sich eine hartnäckige Verfolgungsjagd: Seit ihrem Start vor zehn Jahren hetzen die beiden Satelliten „Grace 1″ und „ Grace 2″ hintereinander her. In einem Abstand von 220 Kilometern umrunden die beiden baugleichen Trabanten die Erde. Der „gejagte” Satellit fliegt dabei rückwärts und blickt mit den Sensoren nach hinten auf seinen Verfolger. Ständig messen sie während des Rennens die gegenseitige Distanz mithilfe von Mikrowellen-Impulsen – und das mit der Präzision von einer Zehntel Haaresbreite. „Grace” steht für „Gravity Recovery And Climate Experiment”. Der rasende Doppelsatellit – Spitzname: „Tom und Jerry” – vermisst das Schwerefeld der Erde. Fliegt etwa der vorauseilende Jerry über ein Gebiet mit erhöhter Schwerkraft – zum Beispiel ein junges Bergmassiv – wird er leicht beschleunigt, sodass sich die Distanz zu Tom geringfügig vergrößert. Umgekehrt kann Tom ein kleines Stück aufholen, wenn Jerry über einem Bereich mit niedriger Schwerkraft abgebremst wird.

Aus dem unterschiedlichen Abstand der Satelliten-Zwillinge – also aus der unterschiedlichen Laufzeit der Mikrowellen-Impulse – berechnen die Wissenschaftler am Boden das Schwerefeld der Erde. Etwa alle 30 Tage hat das rastlose Paar genug Daten für eine vollständige globale Karte gesammelt. Dieses monatliche Update ist für die Forschung Gold wert. Denn im Schwerefeld schlägt sich jede größere Verlagerung von Masse auf dem Planeten nieder.

Dank der beiden Zwillingssatelliten können Glaziologen, Ozeanographen und Hydrologen zum Beispiel gut mitverfolgen, wie stark der gewaltige Eisschild auf Grönland abschmilzt, wie sich die großräumigen Meeresströmungen verändern und wie sich im Verlauf der Regenzeit im Amazonasbecken Wasser ansammelt.

Grace ist ein Gemeinschaftsprojekt der US-Weltraumbehörde NASA und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Kontrolliert wird der Flug vom Deutschen Raumfahrt-Kontrollzentrum im oberbayrischen Oberpfaffenhofen. Die wissenschaftliche Leitung liegt beim Principal Investigator Byron Tapley vom Center for Space Research der University of Texas in Austin und auf deutscher Seite beim Co-Principal Investigator Frank Flechtner vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam.

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Ruhige Sonne als Helfer

„Eigentlich war die Grace-Mission auf fünf Jahre ausgelegt und sollte nur bis 2007 Daten liefern – doch jetzt liegen wir schon fast bei einer doppelt so langen Missionszeit”, freut sich Frank Flechtner, der in Oberpfaffenhofen die Zügel der Grace-Zwillinge fest in der Hand hält. Dafür sind gleich zwei günstige Umstände verantwortlich: „Zum einen arbeiten die Instrumente an Bord exzellent, zum anderen war in den letzten Jahren die Sonnenaktivität unerwartet niedrig.” Wäre die Sonne stattdessen besonders aktiv gewesen, hätte sich die Atmosphäre der Erde bis zur Satellitenumlaufbahn ausgedehnt. Die Folge: Die künstlichen Trabanten wären abgebremst worden und ihre Flugbahn hätte dadurch niedriger gelegen – schließlich wären sie in der Atmosphäre verglüht. Dank der schwachen Sonne blieb ihnen dieses Schicksal erspart.

Doch trotz hochwertiger Technik und ruhiger Sonne scheinen die Tage von Grace gezählt. Denn beide Satelliten schwächeln – jedoch nicht, wie häufig berichtet, weil ihnen der Sprit ausgeht. „Der Treibstoff für die Kurskorrekturen reicht noch eine ganze Weile”, sagt Frank Flechtner. „Das Problem sind die Akkus, die über Solarkollektoren aufgeladen werden und die Instrumente mit Strom versorgen. Leider können wir auch im Weltraum nicht verhindern, dass Akkus mit der Zeit abbauen”, bedauert der Ingenieur aus Potsdam. Zwei Batteriezellen sind bereits am Ende.

Damit die verbliebenen Zellen so lange wie möglich durchhalten, tut das Bodenpersonal in Oberpfaffenhofen alles, um die Akkus zu hegen und zu pflegen: So werden Instrumente zeitweilig abgeschaltet oder die Zellen gezielt entladen und dann wieder aufgeladen. Doch auch der Schongang für die Stromspender kann das Ende von Grace nur aufschieben. „Wir hoffen sehr, dass alles noch bis 2015 funktioniert, aber realistischer sind wohl nur noch ein bis zwei weitere Jahre”, meint Flechtner. Auch viele Wissenschaftler blicken mit Sorge auf das baldige Ende der Mission, denn Forscher aus aller Welt sind Nutznießer der Arbeit von Grace 1 und 2. Zum Beispiel Jens Schröter, der am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) die Rolle der polaren Eisschilde im Erdsystem erforscht: „Wenn Grace ausfällt, reißt das eine bedeutende Datenlücke, die von anderen aktiven Missionen wie Goce nicht geschlossen werden kann”, sagt der Wissenschaftler aus Bremerhaven. Denn der europäische Satellit „Goce” (Gravity Field and steady-state Ocean Circulation Explorer) vermisst das Schwerefeld der Erde seit 2009 zwar noch präziser als Grace, eignet sich jedoch nicht zur Untersuchung von kurzfristigen Veränderungen wie der Eisschmelze an den Polen.

Dramatischer schwund

Allerdings ist Grace auf einem Auge blind: Weil Eis, das sich auf den Polarmeeren bildet, keine Massenbewegung darstellt, sondern dabei Wasser nur an Ort und Stelle den Aggregatzustand wechselt, können die Satelliten die Veränderung nicht erkennen. Anders ist das beim Schmelzen von Festlandeis: Hier findet tatsächlich eine Massenbewegung vom Land ins Meer statt, die das Schwerefeld verändert und den Meeresspiegel steigen lässt. „Der grönländische Eisschild schmilzt derzeit recht heftig – und das schlägt sich auch in den Grace-Daten nieder”, berichtet Jens Schröter. „Wir konnten berechnen, dass Grönland etwa 200 Gigatonnen Eis pro Jahr verliert.” Das bestätigt Werte, die andere Forschungsgruppen auf konventionellem Weg erhalten haben: Sie haben an vielen Stellen direkt auf dem Eis Schneezufuhr, Schmelzwasserabfluss und Gletscherbewegungen gemessen und dann auf ganz Grönland hochgerechnet.

„Ich bin überrascht, wie gut unsere Methode funktioniert”, sagt der AWI-Wissenschaftler. „Die Grace-Mission hat auf einen Schlag eine zehnjährige Datenreihe für Grönland geliefert. Der Aufwand klassischer Messkampagnen vor Ort ist natürlich ungleich höher.” Schröters Ergebnisse zeigen auch, dass die Eisschmelze im Verlauf der zehn Grace-Jahre von Südost-Grönland nach West-Grönland gewandert ist – möglicherweise als Folge geringerer Meereisbedeckung und dadurch veränderter Atmosphärenzirkulation im Nordpolarmeer (bild der wissenschaft 3/2011, „Eisschwund lässt Europa bibbern”). „Die 200 Gigatonnen pro Jahr geschmolzenes Eis erhöhen den globalen Meeresspiegel im Schnitt um 0,5 Millimeter”, sagt Schröter. Wie bedeutsam dieses Resultat ist, wird beim Blick in den letzten Sachstandsbericht des Weltklimarats (IPCC) deutlich. Seit seinem Erscheinen 2007 sind die Aussagen darin zum Klimawandel die wesentliche Basis für politische Entscheidungen in Sachen Klimaschutz. Doch das schmelzende Grönland-eis ist in dem IPCC-Report lediglich mit 0,2 Millimeter pro Jahr berücksichtigt. Ein Update für den neuen Bericht des Weltklimarats, der 2013 oder 2014 fertig sein soll, ist also dringend nötig.

Armada aus Robotern im Meer

Der Anstieg des Meeresspiegels ist ein heiß diskutiertes Thema in der Klimaforschung: In den letzten Jahren fochten die Experten regelrechte Kämpfe aus um die Frage, wie stark die Pegel wirklich steigen werden und welche Faktoren dabei die größte Rolle spielen. Gleichzeitig vergrößerte sich das Wissen darüber enorm. Dazu trugen vor allem Satellitenmissionen bei. Aber auch das internationale „Argo”-Programm spielte eine wichtige Rolle: ein weltumspannendes Beobachtungssystem, bei dem eine Flotte aus über 3000 robotischen Treibbojen weltweit Temperatur, Salzgehalt und viele andere Eigenschaften des Wassers in den Ozeanen aufzeichnet.

In einem 2010 erschienen Übersichtsartikel fassten die beiden Geophysiker Anny Cazenave und William Llovel vom Laboratoire d’E tudes en Géophysique et Océanographie Spatiale in Toulouse die bisherigen Erkenntnisse zusammen. Demnach stieg der Meeresspiegel von 2003 bis 2007 global im Schnitt um rund 2,5 Millimeter pro Jahr. Davon gingen 0,5 Millimeter auf den schwindenden grönländischen Eisschild zurück und genauso viel auf Eisverluste in der Westantarktis. Überraschende 1,4 Millimeter waren das Ergebnis anderer schmelzender Gletscher – vor allem in Alaska und Patagonien. Nur etwa 0,3 Millimeter haben die Ursache in der Ausdehnung des Meerwassers in einem wärmeren Klima. Offenbar legt die wärmebedingte Volumenzunahme, die in den Jahren vor 2003 noch 1,0 Millimeter pro Jahr betrug, gerade eine kleine Atempause ein. Lediglich Veränderungen in der Wasserspeicherung an Land sorgen in der Summe für eine leichte Entspannung. Dadurch sinkt der Meeresspiegel um 0,2 Millimeter. Das Ergebnis nach Adam Riese: in Summe 2,5 Millimeter Anstieg.

Anstieg des Pegels zerlegt

Zusammen mit Jens Schröter vom AWI befasst sich Jürgen Kusche vom Institut für Geodäsie und Geoinformation der Universität Bonn intensiv mit dem steigenden Pegel der Ozeane. „Dank Grace können wir den Meeresspiegelanstieg in seine einzelnen Komponenten zerlegen”, sagt er. Im Grundsatz ist die Methode recht einfach. Manche Satelliten haben ein Altimeter an Bord, das die Höhe des Meeresspiegels und damit das Volumen der Ozeane vermisst. Wächst das Volumen, steigen auch die Pegel. „Die Volumenänderung beinhaltet aber sowohl die Ausdehnung des bereits vorhandenen Wassers – zum Beispiel als Folge der globalen Erwärmung – als auch das Plus an Masse, das aus schmelzenden Gletschern und Eisschilden stammt”, erklärt Kusche. „Deshalb kombinieren wir Altimeter-Daten mit Messwerten von Grace, die ausschließlich die Änderungen der Masse im Ozean anzeigen – und können so die Beiträge von Schmelzwasser und thermischer Ausdehnung trennen.”

Die Forscher in Bonn und Bremerhaven haben Computermodelle entwickelt, mit denen sie jede Komponente gesondert simulieren können. So entstand zum Beispiel ein Modell, das eine Art Parallelwelt aus Bits und Bytes erschafft, in dem nur der grönländische Eisschild abschmilzt – alle anderen pegelkritischen Faktoren ändern sich in diesem Modell nicht. Doch was soll das Ganze? Ist nicht einzig die Summe aller Einzelkomponenten für den Meeresspiegel entscheidend und damit ausschließlich die Gesamtzahl 2,5 Millimeter?

„Ganz klar: nein”, widerspricht Jürgen Kusche. „Bei den 2,5 Millimetern handelt es sich um den globalen Durchschnitt. Wie sich der Beitrag auf die Welt verteilt, hängt entscheidend von den Einzelkomponenten ab.” In Kusches simuliertem „ Nur-Grönland-schmilzt”-Szenario zeigt sich das auf beeindruckende Weise. Darin hat der Forscher den Eisschild für 48 Jahre mit einer konstanten Rate von 200 Gigatonnen pro Jahr schmelzen lassen. Im Computer steigt dadurch der globale Meeresspiegel im Durchschnitt um „nur” 3 Zentimeter. Doch in unmittelbarer Nähe von Grönland passiert Erstaunliches: Hier sinken die Pegel um ganze 14 Zentimeter. „Der Grund dafür ist die verminderte Anziehungskraft, die der abgemagerte Eisschild auf den Ozean in der näheren Umgebung ausübt”, erklärt Kusche. Der auf Grönland lastende Eiskoloss zieht das Wasser im Nordpolarmeer an – und hält dadurch die Pegel hoch. Schrumpft der Eisschild jedoch, sinkt auch die Anziehungskraft und die Pegel fallen. Je weiter man sich von Grönland weg bewegt, desto geringer ist dieser Gravitationseffekt – mit der Folge, dass in der Simulation der Meeresspiegel vor Grönland stark fällt, an Europas Küsten jedoch nur ein wenig schwächer ansteigt als im globalen Durchschnitt. Weil der weltweite Mittelwert nach wie vor konstant bleibt, steigen die Pegel im Südlichen Ozean um die Antarktis herum quasi als Ausgleich sogar ein wenig stärker als im globalen Durchschnitt. Dieser Effekt bringt eine bislang kaum berücksichtigte Komponente in die Diskussion.

Nur ein teil der Wahrheit

„In der Realität ist der Gravitationseffekt natürlich nur ein Teil der Wahrheit”, gibt Jürgen Kusche zu bedenken. „Da kommen sowohl die Schmelze in Grönland, in der Westantarktis und an den übrigen Gletschern auf der Welt sowie die Erwärmung des Meerwassers als Faktoren zusammen.” So zeigen die Messungen der vergangenen 50 Jahre fast überall auf der Erde einen deutlichen Anstieg des Meeresspiegels – relativ chaotisch verteilt, mal etwas stärker, mal etwas schwächer ausgeprägt. Doch in einigen Regionen ist der Pegel gesunken, seit 1992 vor allem im Ostpazifik. „Offenbar wird der Effekt fast überall von anderen Einflüssen wie der thermischen Ausdehnung überlagert”, sagt Kusche. Aber mancherorts ist er stark genug, um sich zu zeigen. Langfristig könnte das Phänomen vor allem für die Grönländer bedeutsam sein. „Wenn das Eis auf Grönland weiter schmilzt – und danach sieht es aus –, müssen die grönländischen Häfen mit fallenden Pegeln rechnen”, ist AWI-Forscher Jens Schröter überzeugt. „Bei uns wird der Gravitationseffekt nur eine leichte Abschwächung des Meeresspiegelanstiegs bewirken”, prognostiziert er. „Aber das Weniger bei uns bedeutet ein Mehr für bedrohte Inselstaaten auf der Südhalbkugel.”

Auch das zeigen die Simulationsergebnisse: Wenn sich die grönländische Schmelze beschleunigt, der Eisschild also zum Beispiel 500 Gigatonnen pro Jahr verliert, macht sich der Gravitationseffekt noch massiver bemerkbar. Die Folge: Auf der Nordhalbkugel steigen die Pegel in Bergen, Boston oder Bremerhaven zwar nach wie vor, aber weniger stark als beim „ normalen” Eisverlust von jährlich 200 Gigatonnen. Doch was dem Norden des Globus erspart bliebe, träfe den Süden umso härter.

Hoffen auf den Klon von Grace

Zurzeit laufen Planungen für eine Nachfolge-Mission von Grace auf Hochtouren. „Damit die Datenlücke möglichst klein ist, muss es schnell gehen”, sagt Frank Flechtner. „Daher wird die neue Mission ein Grace-Klon sein – natürlich mit einigen Verbesserungen.” So soll das neue Satelliten-Paar den gegenseitigen Abstand nicht mehr mithilfe von Mikrowellen messen, sondern ein noch genaueres Laser-Instrument nutzen. „Ansonsten greifen wir auf Bewährtes zurück. Es wird wieder eine deutsch-amerikanische Mission werden, bei der Deutschland die Flugkontrolle übernimmt”, berichtet Flechtner. Die Astrium GmbH in Friedrichshafen soll die Satelliten bauen, die wie Grace 1 und 2 mit einer russischen Trägerrakete ins All starten werden. Frank Flechtner ist zuversichtlich: „Wir hoffen, dass Weihnachten 2016 zwei neue Satelliten um die Erde kreisen.” ■

Der Meeresbiologe und Wissenschaftsjournalist Nils Ehrenberg lebt in Bremen. Der Anstieg der Nordsee spielt sich so fast vor seiner Tür ab.

von Nils Ehrenberg

Kompakt

· Satelliten vermessen hochpräzise das irdische Gravitationsfeld.

· Die Daten zeigen einen raschen Schwund des grönländischen Eispanzers.

· Das lässt den Pegel der Meere im Norden schwächer steigen als im Süden.

Mehr zum Thema

Internet

Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven: www.awi.de

Institut für Geodäsie und Geoinformation der Universität Bonn: www.igg.uni-bonn.de/apmg

Informationen zur Satellitenmission Grace von der University of Texas in Austin: www.csr.utexas.edu/grace

IPCC-Report von 2008 zum Klimawandel: www.ipcc.ch/publications_and_data/ar4/wg1/en/contents.html

Geoid

Das Geoid beschreibt das Schwerefeld und damit die Verteilung der Schwerkraft auf der Erde. Im Bereich der Ozeane entspricht die Fläche des Geoids dem mittleren Meeresspiegel, wenn man den Einfluss von Gezeiten, Wind und Wellen abzieht. Auf den Kontinenten setzt sich die Geoidfläche als gedachter Meeresspiegel unter oder über dem Gelände fort.

Die Materie im Erdinneren ist nicht gleichmäßig verteilt. Diese Variationen der Dichte machen sich an der Erdoberfläche als Schwerkraftanomalien bemerkbar. Weil es auf der Erde also Bereiche hoher und niedriger Schwerkraft gibt, hat das Geoid – der gedachte weltumspannende Ozean – Ausbeulungen und Dellen wie eine Kartoffel. Die Schwerkraft wirkt an jedem Punkt des Geoids genau senkrecht zur Oberfläche. Das heißt: Wäre der gedachte Ozean fest, würde eine Kugel trotz der Beulen und Dellen an keinem Punkt von allein zu rollen beginnen. Das Geoid lässt sich zum Beispiel aus den Messungen künstlicher Erdtrabanten wie des Satelliten-Paars „Grace 1″ und „Grace 2″ errechnen. Es verrät den Wissenschaftlern viel über den inneren Aufbau der Erde. Weil Massenbewegungen an der Erdoberfläche das Schwerefeld – und damit auch das Geoid – verändern, erhalten Forscher mithilfe dieser Daten auch wichtige Informationen über die Eisschmelze in Grönland und Veränderungen der großen Ozeanströmungen.

Die Macht der Schwerkraft

Ein weiteres Schmelzen des Grönlandeises mit der heutigen Rate von 200 Gigatonnen pro Jahr lässt den Meeresspiegel um die Insel stark steigen. Das zeigt eine Simulation für 2060 (links). Wird auch der Effekt des Eisschwunds auf das Geoid berücksichtigt, ändert sich das Resultat drastisch: Dann sinkt der Pegel vor Grönland in den nächsten 48 Jahren sogar (rechts).

Die Ränder schwinden

Satellitendaten zeigen die Änderung der Eismasse auf Grönland zwischen 2000 und 2008: Violett und blau markieren Regionen mit schwindendem Eis, gelb, rot und weiß solche mit Eiszuwachs.

Das Wasser steigt nicht überall

Satellitenmessungen belegen, dass sich der Meeresspiegel in den letzten 20 Jahren global sehr unterschiedlich verändert hat. Während er im westlichen Pazifik, rund um Australien und östlich von Madagaskar besonders stark gestiegen ist, sank der Pegel im Ostpazifik sowie in einigen Bereichen des Nordatlantiks sogar – zwischen 1992 und 2010 im Schnitt um bis zu 14 Millimeter pro Jahr.

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