Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Die Fabrik des Lebens

Erde|Umwelt Gesundheit|Medizin

Die Fabrik des Lebens
Was im Inneren einer Zelle geschieht

Man nennt sie gerne etwas hochtrabend, aber durchaus korrekt, die „Bausteine des Lebens“. Ausnahmslos alle Lebewesen bestehen aus Zellen. Manche nur aus einer einzigen, andere aus ziemlich vielen – beim Menschen sind es etwa 10 000 000 000 000 Stück.

Zellen kommen grundsätzlich in zwei Varianten daher: als einfach gebaute Prokaryoten und als komplexere Eukaryoten. Zu den Prokaryoten gehören vor allem die Bakterien. Eukaryoten sind typisch für den Menschen, alle Tiere, höheren Pflanzen und auch Pilze. Die Unterschiede zwischen den beiden Varianten kann man sich ähnlich vorstellen wie die zwischen einer kleinen Manufaktur und einer großen Fabrik: Grundsätzlich funktionieren beide gleich, aber die Ausstattung und die Bauteile sind verschieden. Immer gibt es dort eine Schaltzentrale, eine Hauspost, es gibt die eigentlichen Produktionsstätten, wo verschiedenste Produkte hergestellt, veredelt und sogar verpackt werden, es gibt eine Müllabfuhr, eine eigene Energieversorgung und so weiter.

Also auf zu einer kleinen Fabrikführung, in diesem Fall durch eine menschliche Zelle: Zunächst einmal ist das gesamte Fabrikgebäude – das Zellinnere, auch Zytoplasma genannt – mit einer ganz besonderen Hülle umbaut: der Zellmembran. Die Membran ist knapp 10 Nanometer (Millionstel Millimeter) dick und besteht aus Lipiden, einer großen Familie von Substanzen, zu der auch das gehört, was landläufig „Fett“ genannt wird. Darin eingelagert sind verschiedene Eiweiße – wobei Wissenschaftler lieber den Begriff Proteine benutzen –, die mannigfaltige Aufgaben erfüllen. Manche haben die gleiche Funktion wie ein Schild außen am Gebäude, das Passanten darüber informiert, um welche Art von Fabrik es sich handelt. Andere stellen Ein- und Ausgänge dar, durch die Material in die Zelle hinein- und aus ihr heraustransportiert werden kann.

Hat man die Fabrik erst einmal betreten, fallen zwei Dinge auf: Zum einen ist das gesamte Innere des Gebäudes von einem Stützgerüst durchzogen, dem Zytoskelett. Es besteht aus besonders festen faserartigen Proteinen. Zum anderen handelt es sich nicht um einen einzigen großen Raum, sondern um sehr viele einzelne Abteilungen, auch Kompartimente genannt, die jeweils mit einer eigenen Membran von den anderen abgegrenzt sind. Die wichtigste und mit Abstand größte dieser Abteilungen ist die Steuer- und Verwaltungszentrale: der Zellkern. Er beheimatet die Erbsubstanz mit dem sperrigen Namen „Desoxyribonukleinsäure“, kurz DNS oder, wenn die englische Bezeichnung „acid“ verwendet wird, DNA. Auf ihr sind die Baupläne für die gesamte Hardware der Zelle gespeichert, ebenso wie die Anweisungen dafür, wie und wann diese Informationen umgesetzt werden sollen.

Anzeige

Das geschieht nicht im Kern, sondern in den Ribosomen, den eigentlichen Produktionsstandorten: Die großen Komplexe, die aus verschiedenen Proteinen und RNAs bestehen, erhalten Baupläne und Herstellungsanleitungen per Boten – in diesem Fall per Boten-Ribonukleinsäure oder mRNA (m steht für englisch „messenger“ ) – aus dem Kern. Emsig beginnen sie dann mit der Produktion der entsprechenden Eiweißmoleküle, die anschließend zur Weiterverarbeitung wandern: Sie werden gefaltet, bekommen Etiketten verpasst, auf denen ihr Zielort vermerkt ist, oder sie werden an andere Moleküle gekoppelt. Fehlerhafte Proteine werden ebenfalls markiert und anschließend von der zelleigenen Müllabfuhr eingesammelt und vernichtet.

Letzte Station der Führung ist die Energieversorgung. Denn im Gegensatz zu den meisten modernen Fabriken, die sich ihre Energie frei Haus liefern lassen, besitzen Zellen dazu eigene Kraftwerke: die Mitochondrien. Deren Zahl kann drastisch variieren: Leberzellen zum Beispiel beherbergen meist über 1000 davon, andere kommen mit einigen wenigen aus. Häufig werden sie als gleichmäßig ovale Gebilde dargestellt, tatsächlich gibt es aber auch wurst-, faden- und kugelförmige Mitochondrien. Ihr Job ist immer der gleiche: Sie sind verantwortlich dafür, die Energie aus den angefutterten Nährstoffen freizusetzen und für die Zelle bereitzustellen. Das tun sie, indem sie einen universellen Brennstoff erzeugen, ein Molekül namens ATP (Adenosintriphosphat). Der Trick: ATP enthält chemische Bindungen, für deren Knüpfen viel Energie nötig ist. Werden sie später wieder getrennt, wird diese Energie frei, und die Zelle kann sie nutzen: für den Betrieb von Pumpen, für andere chemische Reaktionen oder für Bewegungen.

Mitochondrien sind Eingewandert

Mitochondrien sind die interessantesten Bewohner der Zelle: Sie besitzen als Einzige ihre eigene DNA (oft als „mtDNA“ bezeichnet), und sie können sich unabhängig von der Zelle selbst vervielfältigen. Der Grund dafür: Ursprünglich – vor mehr als 1,5 Milliarden Jahren – waren Mitochondrien wahrscheinlich einmal eigenständige bakterienähnliche Lebewesen, die irgendwie den Weg in eine der ersten größeren Zellen gefunden haben. Dort richteten sie sich häuslich ein und schufen so eine klassische Win-Win-Situation: Sie lieferten Energie und bekamen im Gegenzug von der Zelle Nahrung und Schutz. ■

In der nächsten Folge erfahren Sie mehr über DNA und RNA – unter anderem auch darüber, was Lockenwickler im Zellkern zu suchen haben.

von Ilka Lehnen-Beyel (Text) und Friederike Groß (Illustrationen)

Wichtige Unternehmensdaten

Name: Zelle

Größe: zwischen 0,1 und über 100 Mikrometer

Lebenserwartung: zwischen 30 Stunden und 130 Tagen

Rechtsform: häufig in Gesellschaft, aber auch Einzelunternehmen bekannt

Besonderheit: äußerst vielfältige Erscheinungsformen

Basiswissen Zelle – (fast) alles, was man wissen muss

Sie sind mit induzierten pluripotenten Stammzellen auf Du und Du? Das endoplasmatische Retikulum ist Ihnen so vertraut wie Ihr Toaster? Dann blättern Sie einfach weiter. Wenn Sie aber über Begriffe wie „Gen“, „Mutation“, „RNA“ und „Protein“ stolpern, weil Sie bloß eine nebulöse Vorstellung davon haben, was das sein mag, dann sind Sie hier richtig. In dieser und in den kommenden Ausgaben erfahren Sie kurz und knapp, was Sie schon immer über Zellbiologie wissen wollten (und nicht zu fragen wagten) – oder schlicht das, was man als Basis braucht, um in Medizin und Biologie auf dem Laufenden zu bleiben.

Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Iso|top  〈n. 11〉 chem. Element, das dieselbe Ordnungszahl im periodischen System hat wie ein anderes Element, dessen Atomkern aber eine verschiedene Zahl von Neutronen enthält [<grch. isos … mehr

Mä|na|de  〈f. 19〉 1 〈grch. Myth.〉 verzückte, bis zur Raserei begeisterte Dienerin des griechischen Weingottes Dionysos 2 〈fig.; umg.〉 rasendes Weib … mehr

dif|fe|ren|zie|ren  〈V.; hat〉 I 〈V. i. u. V. t.〉 1 unterscheiden, Unterschiede betonen zw., trennen 2 abstufen, verfeinern … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige