Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Die Shell-Studien sind nur Schnappschüsse

Allgemein

Die Shell-Studien sind nur Schnappschüsse
Die Shell-Jugendstudien geben einen guten Einblick in die momentanen Befindlichkeiten der Jugendlichen. Für eine fundierte Langzeituntersuchung sind sie zu unterschiedlich, meint Martina Gille vom Deutschen Jugendinstitut.

bild der wissenschaft: Frau Gille, die Deutsche Shell, Tochter des niederländischen Mineralölkonzerns, finanziert seit 50 Jahren Jugendstudien in der Bundesrepublik. Schreiben diese Studien die Geschichte der Jugend in Westdeutschland beziehungsweise – seit der Vereinigung – die der gesamtdeutschen Jugend?

Gille: Die inzwischen 14 Shell-Jugendstudien beinhalten viele Informationen über die Jugend in den vergangenen 50 Jahren. Sie helfen, junge Menschen zu verstehen, indem sie deren Lebenssituation beschreiben. Zur Geschichte der Jugend in der Bundesrepublik lassen sie sich allerdings nicht wirklich verdichten.

bdw: Warum nicht?

Gille: Die Untersuchungen zeigen nur bestimmte Facetten der jeweiligen Jugend und sind je nach Interesse der Studienverantwortlichen ganz verschieden. In den sechziger und siebziger Jahren lag ein Schwerpunkt auf dem Thema Freizeit, seit den achtziger Jahren sind die Untersuchungen stärker auf Jugendsubkulturen, Zukunftsperspektiven und politische Orientierungen konzentriert. Erst die Studie von 2000 befasst sich auch mit ausländischen Jugendlichen in Deutschland und deren Befindlichkeiten. Die wurden bis dahin konsequent ignoriert. Insgesamt wurden nur einige wenige Fragen über die ganzen 50 Jahre kontinuierlich verfolgt. „Zeitreihenaussagen“ sind unter solchen Voraussetzungen kaum möglich.

Anzeige

bdw: Was verstehen Sie unter „Zeitreihenaussagen“?

Gille: Das sind Vergleiche zu bestimmten Themenkomplexen über Jahrzehnte hinweg. Zum Beispiel lässt sich mit den Shell-Studien nicht exakt vergleichen, wie sich das Verhältnis der deutschen Jugendlichen zu ihren ausländischen Mitbürgern entwickelt hat.

bdw: Wie repräsentativ sind diese Studien dann überhaupt?

Gille: Das ist sehr unterschiedlich. Die Studie 2000 beispielsweise ist mit über 4500 befragten Jugendlichen die größte Shell-Jugendstudie. Aber einige Studien haben durchaus das Manko einer sehr kleinen Stichprobe. Deren Aussagen sind dann schon mit Vorsicht zu genießen.

bdw: Gibt es heute tatsächlich alle zwei, drei Jahre einen neuen Typus des Jugendlichen?

Gille: Nein, so schnell ändert sich der Typus des Jugendlichen in der Tat nicht. Denn Wertorientierungen sind auch unter jungen Menschen stabil und wandeln sich nur sehr langsam. Anders verhält es sich mit dem politischen Interesse der Jugend, das größeren Schwankungen unterworfen ist und empfindlich auf gesamtgesellschaftliche Stimmungen reagiert, etwa die Situation auf dem Ausbildungsmarkt. Und da helfen Studien in enger zeitlicher Nähe natürlich, die Befindlichkeiten – Sorgen und Ängste wie Vorlieben und Interessen – der Jugend kennen zu lernen.

bdw: Besteht da nicht die Gefahr, dass zeitlich so nahe Studien bloß Modeerscheinungen reportieren?

Gille: Die Gefahr sehe ich nicht. Wer vermag heute schon zu sagen, was sich morgen als Modeerscheinung entpuppen wird? Und letztlich spiegeln doch auch Modeerscheinungen den Zeitgeist wider.

bdw: Was unterscheidet den Jugendsurvey des DJI von den Shell-Studien?

Gille: Unsere Surveys zielen auf einen systematischen Vergleich von Lebensverhältnissen und gesellschaftlichen Orientierungen bei Jugendlichen und Erwachsenen ab. Dies wird dadurch erreicht, dass wesentliche Fragestellungen der Jugendsurveys vergleichbar sind mit jenen in allgemeinen Bevölkerungsstudien. Speziell die thematische Ausrichtung unserer Surveys auf gesellschaftliche und politische Orientierungen ist eine Besonderheit. Wichtig ist uns aber auch der Vergleich von Jugendlichen in Ost- und Westdeutschland, von Mädchen/jungen Frauen und Jungen/jungen Männern sowie Aspekte der sozialen Differenzierung innerhalb der Jugendpopulation. Wir legen dabei Wert auf eine große Stichprobe. Unsere Untersuchung in diesem Herbst mit etwa 9000 befragten Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter zwischen 12 und 29 Jahren ermöglicht repräsentative Ergebnisse.

Das Gespräch führte Kathryn Kortmann.

Kathryn Kortmann

Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Ei|sen  〈n. 14; chem. Zeichen: Fe〉 1 ziemlich weiches, graues Metall, das bei Feuchtigkeit leicht rostet; →a. Stahl … mehr

rheu|ma|tisch  〈Adj.〉 auf Rheumatismus beruhend [<grch. rheumatikos … mehr

Ok|tett  〈n. 11; Mus.〉 1 Musikstück für acht Stimmen od. Instrumente 2 die Sänger bzw. Spieler selbst … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige