Über 100 Stunden lang hatten Astronomen eine winzige Himmelsregion im Sternbild Tukan im Visier. Dabei entdeckten sie viele bislang unbekannte Urgalaxien aus einer Zeit, als unser Universum noch nicht einmal zwei Milliarden Jahre alt war.
Das Forscherteam um Marijn Franx und Ivo Labbé vom niederländischen Leiden-Observatorium beobachtete mit dem 8,2-Meter-Teleskop Antu der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile eine Stelle, die nur ein Prozent der Fläche des Vollmondes am Himmel einnimmt (2,5 mal 2,5 Bogenminuten). Das Hubble-Weltraumteleskop hat diesen Himmelsbereich früher bereits 140 Stunden lang fotografiert (Hubble-Deep Field South). Die neuen Daten, die nicht im sichtbaren Bereich, sondern im Infraroten (bis 2,3 Mikrometer Wellenlänge) gewonnen wurden, zeigen deutliche Unterschiede zu den damaligen Beobachtungen.
Während im optischen Spektralbereich Galaxien mit fulminanten Sternentstehungsregionen dominieren, enthüllt das Infrarotbild ältere, „ruhigere“ Galaxien, die sich vielleicht zu allererst gebildet haben. Manche sind relativ groß und besitzen sogar spiralige Strukturen – eine Entdeckung, die manche Theorie zur Galaxienentstehung in Schwierigkeiten bringen könnte.
Die Astronomen schätzen, dass die Infrarot-Aufnahme etwa die Hälfte der gewöhnlichen sichtbaren Materie in dieser frühen Epoche des Universums zeigt. Wie erwartet waren die Galaxien damals näher beisammen als heute und bildeten dichte Gruppen. Die Wissenschaftler nehmen an, dass sie dort entstanden sind, wo die Urmaterie am dichtesten konzentriert war, so dass die unsichtbare Dunkle Materie als Kondensationskeim für die Entstehung der Sternsysteme wirken konnte.
Hans Groth