Um an exotische Blütenpflanzen für den Balkon zu gelangen, genügt der Weg ins nächste Garten-Center. Das war vor rund 300 Jahren noch ganz anders, als mutige Frauen und Männer Gefahren für Leib und Leben auf sich nahmen, um Pflanzen, Samen oder Stecklinge in fernen Ländern zu sammeln und nach Europa zu bringen.
Viele dieser Pioniere sind längst vergessen, darunter der Forschungsreisende Engelbert Kaempfer aus dem westfälischen Lemgo. Die Hexenjagd hatte den jungen Pfarrerssohn nach dem 30-jährigen Krieg hinaus in die Welt getrieben, wo er die Pflanzen bestaunte, beschrieb und katalogisierte. Im 17. Jahrhundert, lange vor Alexander von Humboldt, gelangte Kaempfer im Auftrag der niederländischen ostindischen Kompanie über Persien und Indien bis nach Japan. Stetiger Geldmangel, fehlende Anerkennung und Krankheiten begleiteten ihn. Dennoch sammelte er unermüdlich Pflanzen und Samen, beschrieb Landschaften und Bauwerke und erforschte Sitten und Lebensweise fremder Völker.
Im Mittelpunkt des Buchs von Renate Hücking geht es vor allem um die Menschen, die ihr Leben der unbekannten Pflanzenwelt gewidmet haben. Das reicht von Pharaonin Hatschepsut im antiken Ägypten über John Bartram, einen Farmer und Samenhändler an der Ostküste der USA, bis zum australischen Kletterer David Noble. Die Fernsehjournalistin und Gartenfreundin Renate Hücking beschreibt ihre sieben Helden keineswegs als schrullige, weltfremde Außenseiter, sondern als mutige Abenteurer mit einem Blick für das Außergewöhnliche. In ihrem spannend geschriebenen Buch entführt sie den Leser in verschiedene Zeiten, in denen Reisen immer auch Entdeckungsreisen waren. Michael Lange
Renate Hücking DIE BEUTE DER PFLANZENJÄGER Piper, München 2010 251S., € 19,95 ISBN: 978–3–4920–519–72