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Die Geisterhand im Knochen

Allgemein

Die Geisterhand im Knochen
Beinverlängerung

Münchner Chirurgen und Medizintechniker haben in den letzten Jahren eine Methode perfektioniert, mit der sie das Bein eines Erwachsenen um mehr als zehn Zentimeter verlängern können. Die künstliche Beinverlängerung wird von außen gesteuert, gleichsam wie durch Geisterhand: Ein in Ober- oder Unterschenkel implantierter Mark-Nagel dehnt sich, durch einen Elektromotor angetrieben, Millimeter für Millimeter teleskopartig aus und sorgt so für den notwendigen Wachstumsimpuls.

„Vielfach ist eine Beinlängendifferenz bereits angeboren. Aber die meisten unserer Patienten sind Unfallopfer. Die Beine sind dann nicht nur verkürzt, sondern oft zusätzlich verdreht oder zeigen Fehlstellungen.“ So beschreibt der Chirurg Peter Thaller vom Innenstadt-Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München die hauptsächlichen Anwendungsbereiche des dort entwickelten „Distraktions-Marknagels“.

Um den Nagel einzuführen, bohren die Ärzte ein Loch in ein Ende des Knochens. Dann schieben sie den 10 bis 13 Millimeter dicken Apparat bis zum anderen Knochenende durch. Außerdem braucht der Knochen eine Wachstumszone. Die Chirurgen durchtrennen ihn dazu mit einer feinen Bandsäge, die sie über zwei winzige Hautschnitte einführen. An dieser Stelle wird der Knochen versuchen, wieder zusammenzuwachsen. Da der Nagel aber einen ständigen Zug auf diese Region ausübt, wird der Knochen immer länger.

Die Funktionsweise des Teleskop-Nagels: In seinem Inneren verbirgt sich ein kleiner Motor, der für langsamen Vorschub sorgt. Der Motor verfügt über eine Antenne, die unter der Haut sitzt. Über sie erhält er per Induktionsstrom seine Energie. Weil das ganze System keine direkte Verbindung nach außen hat, können keine Krankheitserreger eindringen. Bislang werden zur Beinverlängerung unförmige Gestänge von außen angelegt, die die Knochen über einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten allmählich strecken. Die Stellen, an denen die Metallstangen in die Haut dringen, tun oft weh und sind ideale Einfallstore für Infektionen.

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Mit dem Mark-Nagel können die Patienten bereits nach einer Woche die Klinik verlassen. Peter Thaller: „Viele gehen nach kurzer Zeit wieder ihrem Beruf nach. Sie dürfen alles tun, sollten aber den Knochen nicht zu stark belasten und vorübergehend mit Krücken gehen.“ Schon wenige Tage nach seiner Implantation wird der Nagel erstmals verlängert. Später kann der Patient selbstständig mehrmals täglich den Motor in seinem Knochen für ein paar Minuten einschalten. So entsteht ein ständiger Zug: Das Bein wächst täglich um etwa einen Millimeter. Blutgefäße, Nerven und Muskeln machen die Beinverlängerung in der Regel problemlos mit. Dagegen sollte die Dehnung von Sehnen und Bändern durch spezielle krankengymnastische Übungen unterstützt werden.

Überwacht wird das Knochenwachstum durch regelmäßige Röntgenuntersuchungen. Nach einigen Monaten hat das Bein die gewünschte Länge erreicht, und der Knochen kann Belastungen wieder standhalten. Der Teleskopnagel bleibt sicherheitshalber für mindestens ein bis zwei Jahre im Knochen.

Dr. Ulrich Fricke

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