DIE CHINESEN und die Ägypter haben einfach nur Glück, dass ihre Kulturen seit so vielen Jahrtausenden existieren, behauptet der kanadische Schriftsteller und Journalist Ronald Wright. Trotz intensiver landwirtschaftlicher Nutzung haben sie den Boden, auf und von dem sie nach wie vor leben, einfach nicht kaputt gekriegt: Chinas viele Hundert Meter starke Lössablagerungen verzeihen die Anbaufehler, da unter jedem durch Erosion zerstörten Ackerboden immer wieder eine neue fruchtbare Schicht zutage tritt. Und Ägypten profitiert von dem jährlich wiederkehrenden Nil-Hochwasser, das stets aufs Neue fruchtbaren Schlamm auf die Felder spült.
Anhand des Schicksals der Sumerer, des Römischen Reichs, des Maya-Reichs und der Osterinsel-Bewohner argumentiert Wright: Es sei offenkundig zutiefst menschlich, dass Homo sapiens zu übertreiben pflegt. Anstatt seine Ressourcen an Ackerboden, Wald, Wild und Wasser nachhaltig zu nutzen, treibt er Raubbau. Deswegen seien auch die genannten vier Kulturen, an denen Wright seine These durchdekliniert, nach jeweils rund 1000 Jahren in sich zusammengebrochen.
Die detaillierten historischen Betrachtungen lohnen insgesamt die Lektüre. Hin und wieder verfällt der Autor allerdings in einen moralisierenden Predigtton – das nervt. Auch die Eingleisigkeit von Wrights Beweisführung verursacht Unbehagen. Wer den Aufstieg und Niedergang verschiedener Kulturen über einen Leisten schlagen will, der übertreibt. Offenbar tatsächlich ein sehr menschlicher Zug.
Ronald Wright EINE KURZE GESCHICHTE DES FORTSCHRITTS Rowohlt, Reinbek 2006 201 S., € 16,90 ISBN 3-498-07356-7
Thorwald Ewe