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Zahlenkarussell

Astronomie|Physik

Zahlenkarussell

Ich erinnere mich ganz genau: Ich war im 3. Schuljahr und hatte gerade gelernt, wie man schriftlich multipliziert, da zeigte mir mein Vater etwas. Er warf „das Ding“ betont beiläufig auf den Tisch und setzte sich. Aber sein Blick und vor allem seine Mundwinkel verrieten, dass etwas Besonderes daran sein musste. „Das Ding“ war eine kleine runde Pappscheibe, auf der ringsum Zahlen standen – nicht in der normalen Reihenfolge 1, 2, 3, 4, 5, … , auch nicht in der Einmaleinsreihe, 2, 4, 6, 8, … Die Zahlen standen irgendwie wirr durcheinander.

„Wie viele Zahlen stehen auf der Scheibe?“ Aha, Papa wollte mich doch zu dem Geheimnis führen. Ich zählte: „1, 2, 3, 4, 5, 6. Sechs Zahlen.“ „Und welche Zahlen sind es?“ Ich las sorgfältig die Zahlen der Reihe nach vor: „1, 4, 2, 8, 5, 7. Was sollen denn das für Zahlen sein?“

„Du hast bis jetzt nur die einzelnen Ziffern, also die Bausteine der Zahlen gelesen. Man kann diese sechs Ziffern zu einer Gesamtzahl zusammensetzen. Er schrieb die Zahl 142 857 auf ein Blatt Papier und fragte: „Wie heißt diese Zahl?“ Da mich große Zahlen schon damals begeisterten, konnte ich diese Zahl lesen: „Einhundertzweiundvierzigtausend achthundertsiebenundfünfzig“.

Aber, führte mich mein Vater weiter, man könnte mit der Lesung auch an einer anderen Stelle beginnen, zum Beispiel 428 571. „ Vierhundertachtundzwanzigtausend fünfhunderteinundsiebzig“, assistierte ich ihm. „Ja“, fuhr er fort, „oder 285 714 oder 571 428…“, „oder“, fiel ich ihm ins Wort und drehte die Scheibe, „ oder 714 285 oder 857 142.“ Gut, aber was sollte das? Das kann man ja schließlich mit allen Zahlen machen. „Nimm einmal die erste Zahl und multipliziere sie mit 2″. „Also die Einhundertzweiundvierzigtaus…?“ „Ja, genau die.“

Ich nahm das Blatt und begann zu rechnen. Das war nicht schwer. Nach kurzer Zeit hatte ich das Ergebnis: 285 714.

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„Fällt Dir etwas auf?“ fragte meine Vater, und seine Mundwinkel zuckten verräterisch, als er mir die Zahlenscheibe hinlegte.

Ja, da war sie. Wenn man die Scheibe drehte, stand genau diese Zahl da! Unglaublich.

„Multipliziere die erste Zahl einmal mit 3″. Natürlich hatte ich sofort einen Verdacht – aber das konnte doch einfach nicht sein! Aber ich rechnete und erhielt: 142 857 x 3 = 428 571 – wieder eine Zahl aus dem Rondell. Mein Vater musste nichts weiter sagen, er sagte auch nichts mehr, sondern ließ mich rechnen:

142 857 x 4 = 571 428

142 857 x 5 = 714 285

142 857 x 6 = 857 142

„Ist das nicht unglaublich?“ Mein Vater hatte die Fähigkeit, auch über Sachen zu staunen, die er schon kannte. „Eine sechsstellige Zahl, bei der man die Ergebnisse der Multiplikation mit den Zahlen 1, 2, 3, 4, 5, 6 erhält, indem man die Zahl ein Stück Karussell fahren lässt!“

„Toll! Gibt es noch andere solche Zahlen?“, fragte ich. Aber die Antwort habe ich bestimmt nicht verstanden. Sie ist nämlich etwas kompliziert: Wenn man den Bruch 1/7 ausrechnet, ihn also als Dezimalbruch darstellt, ergibt sich 1/7 = 0,142857. Der Ober-strich bedeutet, dass es sich um einen „periodischen“ Dezimalbruch handelt, also um einen, der ausgeschrieben so aussieht: 0,142857 142857 142857 …

Bei 1/7 hat die Periode mit sechs Stellen die größtmögliche Länge, 1 weniger als der Nenner. Der nächste Bruch mit dieser Eigenschaft ist 1/17 = 0,0588235294117647. Die Periode hat 16 Stellen. Auch die Zahl hat die „Karusselleigenschaft“. Das Ergebnis der Multiplikation mit den Zahlen 1, 2, 3, … , 16 ist stets eine zyklische Verschiebung der Ausgangszahl. Man erhält immer eine „Karussellzahl“ (in der Fachliteratur „zyklische Zahl“ genannt), wenn der Bruch 1/p die größtmögliche Periode, also eine Periode der Länge p–1, hat. Das hätte ich damals sicher nicht verstanden. Aber an die simple Pappscheibe mit den sechs Ziffern kann ich mich bis heute erinnern.

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