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Kälteschlaf im OP

Allgemein

Kälteschlaf im OP

„Per Definition sind die Patienten klinisch tot. Sie atmen nicht, ihr Herz hat aufgehört zu schlagen, und ihr kalter Körper enthält keinen Tropfen Blut mehr“, erklärt Dipl.-Ing. Dirk Buchwald, leitender Kardiotechniker der Herz- und Thoraxchirurgie an der Universitätsklinik Bergmannsheil in Bochum. Doch spätestens nach 45 Minuten holt er sie ins Leben zurück. Dann lässt er die Herz-Lungen-Maschine den Lebenssaft wieder in den Körper zurückpumpen. Das ist kein Plot aus einem Frankenstein-Film – in Bochum wird so etwa 10 bis 15 Patienten jährlich das Leben gerettet. Denn der todesähnliche Zustand gibt dem Chirurgen genügend Zeit, Schäden an großen Blutgefäßen zu beheben, die sonst den sicheren Tod bedeuten würden. Die Patienten leiden an einer Gefäßwandschwäche im Verlauf der Hauptschlagader, der Aorta. Langfristig können sich so genannte Aneurysmen bilden, sackartige Auswölbungen, die im Extremfall groß wie ein Tennisball werden können. Todesgefahr besteht spätestens dann, wenn ein solches Aneurysma zu platzen droht. Hier hilft nur noch eine Operation. Besonders kompliziert und gefährlich ist ein solcher Eingriff, wenn der Aortenbogen betroffen ist – die Hauptschlagader, die direkt aus der linken Herzkammer entspringt. Von hier zweigen die Gefäße ab, die das Gehirn versorgen. Die Operation erfordert ein blutleeres Umfeld, der Chirurg muss also das Gehirn von der Blutversorgung trennen. Das würde – wie bei einem Schlaganfall – kein Patient ohne Schaden überstehen. Vom Blutstrom abgeschnitten, sterben die empfindlichen Nervenzellen nach wenigen Minuten an Sauerstoffmangel. Ohne das spezielle Wissen und Können der Kardiotechniker wäre ein Eingriff am Aortenbogen für die meisten Patienten tödlich. Bereits vor der Öffnung des Brustraums wird der Kreislauf an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen. Hierzu werden dicke Kanülen in eine Arterie und Vene im Beckenbereich eingeführt und über Kunststoffschläuche mit dem Gerät verbunden. Über einen Wärmetauscher kühlt die Maschine das Blut langsam ab. Innerhalb von 45 Minuten sinkt die Körpertemperatur des Patienten auf etwa 18 Grad. Jetzt lässt der Kardiotechniker das gesamte Blut aus dem Körper heraus in ein Reservoir laufen. Vier bis sechs Liter kreisen während der Operation in der Maschine. Sämtliche Organfunktionen sind erlahmt. Diese tiefe Hypothermie nennt Dirk Buchwald einen „künstlichen Winterschlaf“. Besonders beeindruckt ihn, dass viele Patienten bereits einen Tag nach dem schweren Eingriff wieder wach und ansprechbar sind.

Dr. Ulrich Fricke

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