„Flieht nicht alle Magie vorm bloßen Hauch kalter Philosophie?“ In seinem Gedicht „Lamia“ von 1820 warf der britische Poet John Keats der Naturwissenschaft vor, die Welt zu entzaubern. So habe Isaac Newton dem Regenbogen mit der Spektralanalyse die Schönheit genommen. Der renommierte Evolutionsbiologe Richard Dawkins ist vom Gegenteil überzeugt. Leicht lesbar und mit vielen überraschenden Beispielen garniert, zeigt der Professor für öffentliche Wissenschaft an der Universität Oxford, wie erstaunlich, geheimnisvoll, ja sogar wunderbar unser Universum ist, das mit Hilfe der Wissenschaft überhaupt erst erschlossen werden kann. Ohne die Spektralanalyse hätten wir beispielsweise nie etwas von den Sternen und der Entstehung des Kosmos erfahren, und nur wenig vom bizarren Reich der Atome und Moleküle. Vehement attackiert Dawkins die Pseudowissenschaft: den Mißbrauch der Quanten- und Chaostheorie, den astrologischen Aberglauben, die Geschäftemacherei mit existenziellen Nöten und den mitunter mörderischen Sektenkult. Auch die populistische Verdummung und die Wissenschaftsfeindlichkeit mancher Gelehrter, die unter dem Deckmantel der Philosophie des postmodernen Relativismus Hochkonjunktur haben, sind Zielscheibe seiner pointierten Kritik. Dieses leidenschaftliche und poetische Buch sollte Pflichtlektüre für alle Feinde und Verächter der Forschung sein. John Keats jedenfalls hätte sicher seine Freude daran gahabt.
Richard Dawkins DER ENTZAUBERTE REGENBOGEN Rowohlt Reinbek 2000 416 S., DM 48,–
Rüdiger Vaas / Richard Dawkins