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Die Letzten werden die Ersten sein

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Die Letzten werden die Ersten sein
Das irdische Leben hat seine Halbzeit schon lange überschritten. Der Hitzetod ist zwar noch fern – aber er kommt unaufhaltsam.

die Erde ist ein lebensfreundlicher Planet – das liegt nicht nur an ihrem günstigen Sonnenabstand, sondern auch an ihr selbst. Denn ohne den natürlichen Treibhauseffekt lägen die Durchschnittstemperaturen nicht bei 15, sondern bei minus 18 Grad Celsius. Mehr noch: Der globale Karbonat-Silikat-Kreislauf wirkt als natürlicher Thermostat, der bei steigenden Temperaturen über einen geobiochemischen Rückkopplungsmechanismus der Atmosphäre Kohlendioxid entzieht und eine Abkühlung bewirkt. Bislang hat die Kohlendioxid-Konzentration die externen Temperaturschwankungen kompensieren können. Die Erde kann das CO2 auf verschiedene Weise speichern: als Gas in der Atmosphäre, als schwache Lösung von Kohlensäure in den Ozeanen, als eisartige Phase namens Clathrathydrat an den Polregionen und als Karbonat-Mineralien in Gestein, Erdöl und Erdgas. Bei einer Abkühlung finden weniger chemische Reaktionen statt, die Kohlendioxid von der Atmosphäre in die Erdoberfläche und in die Ozeane einlagern. Auch Vulkane stoßen Kohlendioxid aus. Da es als Treibhausgas wirkt, führt seine erhöhte Konzentration dazu, dass weniger Sonnenwärme ins All abgestrahlt wird und die Temperaturen wieder steigen. Und umgekehrt: Höhere Temperaturen bedingen einen größeren Verbrauch des Kohlendioxids, sodass die Temperaturen in der Folge wieder fallen.

Aufgrund des globalen Karbonat-Silikat-Kreislaufs sind die Temperaturen seit mindestens 4,3 Milliarden Jahren in einem Bereich, der die Existenz von flüssigem Wasser erlaubt, obwohl sich die Sonnenstrahlung seither um rund 30 Prozent erhöht hat. Allerdings wird diese Temperaturregulation nicht unbegrenzt funktionieren. Daher wird das Leben auf unserem Planeten schon viel früher ausgelöscht als die Erde selbst. Denn die Sonne wird immer heißer und heller – um rund ein Prozent alle 110 Millionen Jahre.

Das Grosse Sterben

Der Exitus kommt in Raten. Die bislang genaueste Modellrechnung dazu stammt von Forschern um Siegfried Franck vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. In 800 bis 900 Millionen Jahren wird die für höhere Lebensformen kritische durchschnittliche Grenztemperatur von 30 Grad Celsius überschritten – sie sterben den Hitzetod. „Das üppige Grün einstmals fruchtbarer Landschaften weicht einer allgemeinen graubraunen Ödnis“, sagt Franck. „Böden, die von den Pflanzen gebildet und festgehalten wurden, sind dann der Erosion preisgegeben: Sie werden abgetragen und von reißenden Flüssen in die Ozeane gespült. Zurück bleibt nacktes Gestein. Die letzten höheren Tiere verhungern.“ Einfache Organismen können aber noch mittlere Temperaturen von 45 Grad Celsius aushalten. „Sie breiten sich in Form von Matten weiträumig über das Gestein aus. Überall findet man dann diese schleimigen, gallertartigen Gebilde“, prognostiziert Franck. Doch auch mit ihnen wird es in etwa 1,2 bis 1,3 Milliarden Jahren vorbei sein. Und in den Ozeanen sieht es nicht besser aus. Die meisten Bakterien verenden spätestens in 1,6 Milliarden Jahren, wenn die mittleren Temperaturen 60 bis 70 Grad erreichen und die Erosion die Kontinente eingeebnet hat. Dann ist auch die Konzentration des Kohlendioxids in der Atmosphäre auf 0,00001 Prozent gesunken (der menschengemachte Treibhauseffekt heute wird dies nicht verhindern) – zu wenig für Pflanzen, Grünalgen oder Cyanobakterien, um noch Photosynthese betreiben zu können.

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Dies ist übrigens eine gute Nachricht, denn frühere Schätzungen sagten voraus, dass den meisten Pflanzen das Kohlendioxid bereits in 500 bis 600 Millionen Jahren ausgeht, das Massensterben also schon früher einsetzt. Schließlich verdunsten die Ozeane, was auch den Tiefseeorganismen die Lebensgrundlage entzieht. Allenfalls Mikroorganismen, die kilometertief unter der Erdoberfläche im Gestein leben, haben dann noch eine Chance. (bild der wissenschaft berichtete über die verborgene Lebenswelt im Juniheft 2007: „Das Leben der anderen“.) ■

Rüdiger Vaas

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