Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Das Quanten-ABC

Allgemein

Das Quanten-ABC
Eine „ordentliche“ Einführung in die bizarre Welt der Quantentheorie.

Ausschließungsprinzip Warum ist die Materie stabil und stürzt nicht in sich zusammen? Erst ein von Wolfgang Pauli (Physik-Nobelpreis 1945) gefundenes Prinzip kann das erklären. Demnach haben beispielsweise Elektronen die Eigenschaft, niemals in allen Zuständen gleich zu sein. Und deshalb lassen sie sich nicht beliebig verdichten – im Gegensatz zu Lichtteilchen, die dem Ausschließungsprinzip nicht gehorchen.

Bohr’scher Atomradius Niels Bohr (Physik-Nobelpreis 1922) konnte 1913 erstmals ein Atom – nämlich das einfachste: Wasserstoff – auf Grundlage der Quantentheorie beschreiben. Demnach umrunden Elektronen den Atomkern nicht in beliebigen Abständen, sondern auf diskreten Bahnen („Schalen“). Zwischen diesen springen sie gleichsam hin und her („Quantensprung“) und verschlucken dabei ein Photon oder strahlen eines ab. Bohr berechnete den Halbmesser der innersten Elektronenbahn auf 0,529 Milliardstel Meter. Das stimmt gut mit den Experimenten überein.

Computer im klassischen Sinn operieren mit Bits, das heißt 0 und 1. Quantencomputer dagegen arbeiten mit überlagerten Quantenbits (Qubits), also zusätzlich mit „Mischungen“ von 0 und 1, die sich in der klassischen Physik gegenseitig ausschließen. Sie lassen sich realisieren als zwei Energieniveaus eines Atoms, als entgegengesetzte „Rotation“ (genauer: Spin oder innerer Drehimpuls) eines Elektrons oder als horizontale und vertikale Polarisierung eines Photons. Durch die ››Superposition der Zustände ist es möglich, Parallelrechnungen in irrsinniger Geschwindigkeit auszuführen und beispielsweise riesige Datenmengen zu durchsuchen, wofür im Rahmen der klassischen Physik sogar das Alter des Universums nicht ausreichen würde.

Dekohärenz Weitgehend isolierte Quantensysteme befinden sich in einem geisterhaften Überlagerungszustand (››Superposition). Dass wir dies nicht wahrnehmen, liegt an der Wechselwirkung des Systems mit seiner Umgebung. Diese Dekohärenz zerstört die Quanten-Kohärenz, also den „unentschiedenen“ Überlagerungszustand. Der verschmierte Quantenzustand kristallisiert gleichsam aus und wird zu einer klassischen ››O bservablen.

Anzeige

Everett-Welten Eine kontrovers diskutierte Interpretation der Quantenphysik des Physikers Hugh Everett III, wonach die ››W ellenfunktion eines Quantensystems niemals kollabiert, sondern sich das Universum nach einer Messung gleichsam aufspaltet und alle Alternativwelten in einer bizarren Überlagerung koexistieren. Nach dieser Auffassung zerstört beispielsweise die › ›Dekohärenz die ››Superposition von Schrödingers Katze nicht: Die Katze ist nicht entweder tot oder lebendig, sondern beides zugleich, weil sich entsprechende Everett-Welten mit toten und lebendigen Katzen überlagern – was die Bewohner dieser Welten aber nicht merken.

Feynman’sche Pfadintegrale Die Quantenwelt ist so bizarr, das ein Teilchen nicht einen bestimmten Weg von Punkt A nach B nimmt, sondern – wenn auch mit unterschiedlichen Wahrscheinlichkeiten – alle möglichen Pfade. Richard Feynman (Physik-Nobelpreis 1965) hat deshalb die Quantenphysik mithilfe von „Pfadintegralen“ mathematisch formuliert: die Bewegung von Partikeln als Summe aller möglichen Wege.

Geiger-Zähler Ein 1928 von Hans Wilhelm Geiger zusammen mit Walter M. Müller entwickeltes Zählrohr zum Aufspüren von energiereichen Teilchen (››Radioaktivität). Der Nachweis erfolgt durch einen elektrischen Impuls. Er entsteht in einem zylinderförmigen Kondensator, wenn die Partikel das Detektorgas darin (beispielsweise Bortrifluorid für Neutronen) kurzfristig lawinenartig ionisieren, das heißt elektrisch aufladen. Geiger-Zähler zeigen den Teilchen-Charakter der Materie (››M atritzenmechanik), während der ››Young’sche Interferenzversuch ihren Wellencharakter deutlich macht. Niels Bohr sprach im Rahmen seiner Kopenhagener ››Interpretation der Quantenphysik deshalb vom Welle-Teilchen-Dualismus oder auch von Komplementarität, da beide Auffassungen nur zwei Aspekte derselben Wirklichkeit sind.

Hawking-Strahlung Stephen Hawking hat 1974 vorausgesagt, dass Schwarze Löcher – die Ruinen ausgebrannter Sterne – nicht völlig schwarz sind, sondern binnen gigantischer Zeiträume regelrecht verdampfen. Ursache ist die ››Unschärferelation, die dem Schwarzen Loch am Rand gleichsam Energie entzieht. Hawkings Erkenntnis ist ein wichtiger Schritt zum großen Ziel der gegenwärtigen Theoretischen Physik: eine Verbindung von Quantentheorie und Allgemeiner Relativitätstheorie (››Q uantenkosmologie).

Interpretation Obwohl alle Experimente die Quantentheorie glänzend bestätigen und diese für alle praktischen Zwecke wunderbar funktioniert, ist die Interpretation des mathematischen Formalismus von Anfang an extrem umstritten. Die Kontrover-sen betreffen Fragen wie: Existieren Quantenphänomene unabhängig von Beobachtern beziehungsweise ››Observablen (Realismus-Problem)? Kollabiert die ››Wellenfunktion (››Dekohärenz) oder spaltet sich stattdessen das Universum in viele ››Everett-Welten auf? Und woher kommt die ››Superposition, ››Nichtlokalität und gespenstische ››Verschränkung von Quantenzuständen?

Josephson-Effekt In Supraleitern fließt Strom quasi verlustfrei. Brian Josephson (Physik-Nobelpreis 1973) entdeckte, dass dies an bestimmten Quanteneigenschaften von Elektronen-Paaren liegt. Durch sie lässt sich der verrückte Quanten-Mikrokosmos direkt in unserem Alltags-Makrokosmos beobachten – und sogar praktisch nutzen, etwa bei Magnetfeld-Messungen der Gehirnaktivität.

Kryptographie ist die Kunst der Ver- und Entschlüsselung von Geheimbotschaften. In der Quantenphysik geht das auf prinzipiell neue Weise. Die ››Verschränkung garantiert nämlich absolute Abhörsicherheit in dem Sinn, dass der Empfänger der Nachricht sicher wissen kann, ob diese unterwegs abgefangen und gelesen wurde oder nicht. Denn jeder Spion würde die Nachricht unweigerlich verändern – ein Lauschangriff bliebe nicht unbemerkt.

Lichtquanten Im Jahr 1905 erklärte Albert Einstein (Physik-Nobelpreis 1921) mithilfe des ››Planck’schen Wirkungsquantums den so genannten Photoeffekt: wie energiereiche Strahlung Elektronen aus einem Metall freisetzt. Daraus folgt, dass Licht nicht nur ein Wellenphänomen ist, sondern auch Teilchencharakter hat, also in einzelnen Portionen vorkommt – den Lichtquanten oder Photonen (››Geiger-Zähler).

Matrizenmechanik heißt die erste vollständige Theorie der Quantenphysik. Sie wurde 1925 von Werner Heisenberg (Physik-Nobelpreis 1932) entwickelt und basiert auf der Teilchen-Vorstellung von Licht und Materie. 1926 schuf Erwin Schrödinger (Physik-Nobelpreis 1933) die Wellenmechanik, die alles als Wellenphänomen beschreibt. Später zeigte sich, dass Matrizen- und Wellenmechanik mathematisch äquivalent sind – wie auch die ››Feynman’schen Pfadintegrale.

Nichtlokalität Eigenschaft von Quantenzuständen mit ››V erschränkung, zum Beispiel eines durch Laserbeschuss auf einen Kristall hergestellten Photonen-Paars. Diese Kopplung ihrer Zustände führt zu dem bizarren Resultat, dass die Messung des Quantenzustands eines Photons den Zustand des beliebig weit entfernten anderen schlagartig verändert, ohne dass es zu einem Informationsaustausch kommen könnte. Albert Einstein sprach hier von „spukhaften Fernwirkungen“. Auf der Nichtlokalität basiert die ››Teleportation.

Observable sind beobachtbare physikalische Größen wie Energie, Impuls, Drehimpuls oder Ladung, soweit sie prinzipiell messbar sind. In der Quantentheorie werden sie durch bestimmte Zahlen beziehungsweise Rechenvorschriften (so genannte Hermitesche Operatoren im abstrakten Hilbert-Raum) repräsentiert. Manche Quantenphilosophen gehen so weit zu sagen, dass wirklich nur das ist, was beobachtet werden kann.

Planck’sches Wirkungsquantum h Im Jahr 1900 von Max Planck (Physik-Nobelpreis 1918) eingeführte Größe bei der Beschreibung der Energiedichte elektromagnetischer Strahlung in Abhängigkeit von ihrer Frequenz und Temperatur. h bedeutet, dass sich Strahlung nicht in beliebig kleine Portionen unterteilen lässt, sondern „gequantelt“ ist („quantum“ heißt lateinisch „wie viel?“ ). Alles in der Natur ist somit nicht kontinuierlich, sondern verläuft in – allerdings sehr winzigen – Sprüngen. h ist eine Naturkonstante, hat die Dimension einer Wirkung (Energie mal Zeit) und beträgt 6,6260755 . 10-35 Joule-Sekunden.

Quantenkosmologie Anwendung der Quantentheorie auf das Universum als Ganzes und die Suche nach einer Theorie der Quantengravitation („Weltformel“), die die Quantentheorie mit der Allgemeinen Relativitätstheorie vereinigt. Grundfragen der Quantenkosmologie sind die Entstehung des Universums – möglicherweise durch blanken ››Zufall aus dem Quantenvakuum – und die Rolle der Zeit. Viele Quantenkosmologen gehen außerdem von der Existenz unzähliger ››Everett-Welten aus.

Radioaktivität ist die Eigenschaft instabiler Isotope, spontan zu zerfallen. Dabei entsteht Alpha-, Beta- oder Gamma-Strahlung (also Helium-Kerne, Elektronen oder hochenergetische Photonen). Obwohl die Radioaktivität einem Zerfallsgesetz gehorcht, die die statistische Lebensdauer einer Menge von radioaktiven Atomen derselben Sorte beschreibt („Halbwertszeit“), scheint der Zerfall selbst keine Ursache zu haben, ist also ››Zufall. Voraussetzung für die Instabilität von Atomen ist ein Quantentunneleffekt aufgrund der ››Unschärferelation.

Superposition Überlagerung der Quantensysteme, beschrieben durch die ››Wellenfunktion der Schrödinger-Gleichung. Erwin Schrödinger hat diese für unseren Alltagsverstand völlig bizarr erscheinende Eigenschaft mit einer Katze veranschaulicht, die in eine Kiste eingesperrt ist, wo eine von der ››Radioaktivität einer Substanz gebildete Uhr tickt. Beträgt die Wahrscheinlichkeit des Zerfalls einer bestimmten Substanzmenge genau 50 Prozent, sollte man erwarten, dass die Katze mit gleicher Wahrscheinlichkeit entweder tot oder lebendig ist. Doch in der Quantenphysik ist sie beides zugleich – ein geisterhaftes Zwitterwesen. An solchen Gedankenexperimenten entzündet sich das Problem der ››Interpretation der Quantentheorie.

Teleportation Übertragung von Quanten-Eigenschaften der Strahlung oder Materie – beispielsweise der Polarisation oder des Drehimpulses – mithilfe der ››Verschränkung. Die Teleportation („ Beamen“) erfolgt in Nullzeit, also quasi überlichtschnell, doch lässt sich damit Albert Einsteins Relativitätstheorie nicht austricksen.

Unschärferelation Werner Heisenberg entdeckte 1927, dass manche (nämlich „paarweise“) Eigenschaften eines Quantenobjekts nicht beliebig genau bestimmt sind. Je präziser man beispielsweise ››Observablen wie den Ort oder die Energie eines Partikels misst, desto ungenauer wird notwendigerweise sein Impuls (Produkt aus Masse und Geschwindigkeit) oder seine Zeit. Das ist eine prinzipielle, nicht bloß eine praktische Beschränkung. Das Ausmaß der Unschärfe wird durch das ››Planck’s che Wirkungsquantum festgelegt. Physiker sprechen auch vom „ störenden Beobachter“: Wird etwa die Position eines Elektrons mit hoch auflösenden und daher hoch energetischen Gammastrahlen gemessen, verändert sich dadurch unweigerlich dessen Geschwindigkeit – dem Elektron wird gleichsam ein Stoß versetzt.

Verschränkung auch „Entanglement“ genannt. Eine „spukhafte“ Kopplung von Quantenzuständen, mitunter über weite Entfernungen (› ›Nichtlokalität). Physiker sprechen auch von EPR- oder Einstein- Podolsky-Rosen-Korrelationen. Ein berühmtes Beispiel ist die ››S uperposition von Schrödingers Katze. Verschränkung ist ein zentrales Merkmal der Quantenphänomene und die Voraussetzung für › ›Computer, ››Kryptographie und ››Teleportation auf Quantenbasis.

Wellenfunktion auch Psi-Funktion genannt, ist die Lösung der Schrödinger-Gleichung für ein Quantensystem. Wie Max Born (Physik-Nobelpreis 1954) erkannte, gibt beispielsweise das Quadrat des Betrags der Wellenfunktion die Wahrscheinlichkeit an, mit der sich ein Teilchen zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort befindet (das ist also nicht eindeutig determiniert, ››Unschärfe- relation, ››Zufall). Aufgrund der ››D ekohärenz kommt es zu einem lokalen „Kollaps der Wellenfunktion“, der beispielsweise die ››Superposition zerstört.

Xeroxing Herstellung einer identischen Kopie. In der Quantenphysik ist dies für einen unbekannten Zustand unmöglich („ No-Cloning-Theorem“). Das ist eine Voraussetzung für die ››K ryptographie, aber eine praktische Schwierigkeit für den Einsatz von Quantensystemen als ››Computer, weil die Unmöglichkeit einer exakten Quantenkopie eine klassische Fehlerkorrektur unterläuft.

Young’scher Interferenzversuch Mit der Beugung von Licht an einem Doppelspalt bewies Thomas Young 1802 die Wellennatur des Lichts. Läuft Strahlung durch beide Spalte, kommt es dahinter zur Interferenz, also zu einer Überlagerung (››Superposition) – nicht jedoch, wenn nur ein Spalt offen ist. Das gilt auch für einzelne Elektronen oder andere Teilchen und beweist, dass Materie ebenfalls Welleneigenschaften hat – eine Einsicht, die erstmals 1924 Louis-Victor de Broglie hatte (Physik-Nobelpreis 1929).

Zufall In der klassischen Physik ist jedes Ereignis die Folge vorheriger physikalischer Zustände und somit alles Geschehen eindeutig festgelegt. Mit diesem Determinismus hat die Quantentheorie – zumindest nach der gängigen Interpretation – radikal gebrochen. Ihr zufolge gibt es Ereignisse, die keine Ursache haben und somit absolut zufällig sind. Das ist letztlich eine Konsequenz der ››Unschärferelation. Ein Beispiel ist der Zerfall eines radioaktiven Atoms.

Rüdiger Vaas

Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Dossiers
Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Da|ten|pool  〈[–pu:l] m. 6; IT〉 = Datenbasis

Hip|po|kra|ti|ker  〈m. 3〉 Anhänger des Hippokrates [nach dem grch. Arzt Hippokrates, … mehr

Lan|de|bahn  〈f. 20; Flugw.〉 besonders gekennzeichneter Bereich eines Flugplatzes zum Landen von Flugzeugen

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige