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Gigantische Dreckschleuder

Allgemein

Gigantische Dreckschleuder
Die Eruption des Pinatubo war einer der stärksten Vulkanausbrüche. Dennoch gelang es, die Zahl der Todesopfer recht gering zu halten.

Kein Vulkan explodiert aus heiterem Himmel. Ein Ausbruch kündigt sich meist Wochen bis Monate vorher an. Anders als bei einem Erdbeben können sich Menschen, die an seinen Hängen leben, in Sicherheit bringen – vorausgesetzt, Wissenschaft und Katastrophenschutz arbeiten gut und effektiv zusammen. Beim Ausbruch des Pinatubo auf den Philippinen im Juni 1991 ist das gelungen: ein Musterbeispiel für erfolgreiches Katastrophenmanagement. Zwar starben etwa 800 Menschen, doch ohne Vorkehrungen wäre die Zahl der Opfer viel höher gewesen. Denn die Eruption in dem dicht besiedelten Gebiet war die zweitstärkste im letzten Jahrhundert. Nur der Katmai in Alaska schleuderte 1912 noch mehr Material aus, doch dort wohnte niemand.

Bevor sich der Pinatubo regte, galt er als erloschen. Sein letzter Ausbruch lag über 600 Jahre zurück. Am 2. April 1991 erschütterte eine Explosion den Berg, der knapp 100 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Manila 1745 Meter hoch aufragte. Sie verwüstete ein kleines Waldstück und ließ Asche bis in 10 Kilometer Entfernung niederrieseln. Mehrere Fumarolen öffneten sich – natürliche Überdruckventile, durch die heißes Gas aus dem Erdinneren zischt und weiße Fahnen in die Luft malt. Schon drei Tage später stellte das Philippinische Institut für Vulkanologie Seismometer auf, die eine rege Erdbebentätigkeit aufzeichneten.

Im Verlauf des Mai verdichteten sich die Anzeichen, dass Magma im Inneren des Kegels aufstieg und ein Ausbruch bevorstand: Der Ausstoß von Schwefeldioxid verzehnfachte sich innerhalb von zwei Wochen auf 5000 Tonnen pro Tag, und die Erdbebenherde schoben sich immer näher an die Oberfläche, als würde ein Ungeheuer herausdrängen. Der Glutfluss schien einen Weg nach oben gefunden zu haben. Gleichzeitig ging der Ausstoß von Schwefelverbindungen stark zurück. Offenbar hatten sich die Überdruckventile verstopft, sodass sich im Berg Druck aufbaute.

Alle Zeichen standen auf Sturm: Ein explosiver Ausbruch schien unmittelbar bevorzustehen. Die Behörden riefen die Warnstufe 4 aus, die höchste vor einem Ausbruch. Das bedeutete, dass eine starke Eruption innerhalb der nächsten 24 Stunden drohte. Viele Bewohner wurden evakuiert. Die Aktivität des Pinatubo nahm bis zum 15. Juni beängstigend zu. In der letzten Woche vor dem Ausbruch schleuderte er fast ununterbrochen Asche aus, und pyroklastische Ströme stürzten seine Flanken herab. Die Gefahrenzonen wurden immer weiter gezogen, bis mehr als 20 0 000 Menschen geflohen waren. Auch die US-Luftstreitkräfte räumten ihren Stützpunkt Clark, 15 Kilometer vom Krater entfernt.

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Am 12. Juni begann die heiße Phase des Ausbruchs. Drei Tage dauerte ein dramatisches Vorspiel mit 20 Kilometer hohen Eruptionspilzen über dem Krater, dann folgte am 15. Juni der Höhepunkt. Asche quoll wie eine schmutzige Kumuluswolke 40 Kilometer hoch in die Stratosphäre. Pyroklastische Ströme wälzten sich weit durch die Täler und füllten sie bis zu 200 Meter hoch auf. Als sich die Magmakammer entleert hatte, brach der Gipfel ein und hinterließ eine Caldera von fast 3 Kilometer Durchmesser. Der Berg hatte 260 Meter an Höhe verloren. In Manila wurde es mitten am Tag dunkel, und der Flughafen musste schließen, nachdem die Asche neun Maschinen in der Luft beschädigt hatte. Zu allem Unglück zog auch noch ein Taifun mit schweren Regengüssen heran. Die Wassermassen von „Yunya“ machten die Asche schwer und verklumpten sie zu einer zementartigen Masse, unter deren Last viele Dächer einstürzten.

Jahrelang blieben tropische Monsunregengüsse eine ernste Gefahr für die Bewohner der Region. Das Wasser spülte immer wieder Asche von den Hängen, sodass lawinenartige Schlammfluten den Vulkan herab donnerten. Die Wucht der Ströme riss Häuser, Brücken und Menschen mit sich und verwüstete viel Ackerland.

Die Aschewolke, die der Pinatubo ausgespuckt hatte, erreichte acht Tage nach dem Ausbruch Zentralafrika. Nach drei Wochen hatte sie sich als breites Band um die ganze Erde gelegt. Das Schwefeldioxid verband sich mit Wasser zu Schwefelsäure-Aerosolen und schirmte die Sonnenstrahlung ab. Die Temperaturen sanken für mehr als zwei Jahre weltweit um 0,2 bis 0,3 Grad – zum Glück zu wenig, um, wie 1816, die Landwirtschaft zu schädigen. Doch auf Klimadiagrammen kann man erkennen, wie der Ausbruch die globale Erwärmung zeitweise bremste. ■

Ohne Titel

Land: Philippinen

Höhe: 1486 m

(vor der Eruption: 1745 m)

Ausbruch: 15. Juni 1991

Tote: 800

Auswurf: weniger als 1 km3

Besonderheiten: Asche, pyroklastische Ströme; 40 km hohe Eruptionswolke; der Vulkangipfel brach nach dem Ausbruch ein; zweitstärkster Vulkanausbruch des 20. Jahrhunderts.

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