Supermassereiche Schwarze Löcher können aus ihrer Heimatgalaxie herausfliegen. Das ist das verblüffende Ergebnis von Computersimulationen eines Physikerteams um Manuela Campanelli vom Rochester Institute of Technology im US-Bundesstaat New York. Den starken „Kick“ bekommen die Schwerkraftfallen bei der Verschmelzung von zwei rasch rotierenden Schwarzen Löchern, die häufig bei Galaxienkollisionen stattfindet. Da der Drehimpuls dabei erhalten bleibt, sind Schleudereffekte von bis zu 4000 Kilometer pro Sekunde möglich. Nichtrotierende Schwarze Löcher erreichen dagegen nur 200 Kilometer pro Sekunde – zu wenig, um die Entweichgeschwindigkeit zu überschreiten, die bei großen Galaxien 1000 bis 2000 Kilometer pro Sekunde beträgt.
Entlaufene supermassereiche Schwarze Löcher lassen sich im Prinzip mit künftigen Hightech-Teleskopen aufspüren. Denn bei ihrer Flucht können die finsteren kosmischen Gesellen gewaltige Gasscheiben mitnehmen. Solche Scheiben gibt es häufig bei Schwarzen Löchern. Bevor das Gas verschlungen wird, leuchtet es hell auf, sodass es sich über riesige Entfernungen beobachten lässt. Der aktuelle Rekordhalter wurde im Juni bekannt und ist fast 13 Milliarden Lichtjahre entfernt. Er heißt CFHQS J2329-0301. Ein internationales Astronomenteam um Chris Willott von der University of Ottawa hat ihn mit dem Canada-France-Hawaii Telescope auf Mauna Kea, Hawaii, und dem 8- Meter-Gemini-South Telescope in Chile entdeckt. Das Schwarze Loch hat die Masse von 500 Millionen Sonnen und steckt im Zentrum eines Quasars, dem Kern einer Urgalaxie. „Materie in der Scheibe um ein Schwarzes Loch bewegt sich viel schneller als ein typisches Schwarzes Loch“ , sagt Avi Loeb vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics. „ Daher ist die Materie so fest an das Schwarze Loch gebunden, dass sie ihm folgt wie ein Schaf seinem Schäfer.“
Loeb hat ausgerechnet, dass der Gasvorrat viele Millionen Jahre lang reicht. Das würde einem entlaufenen Schwarzen Loch Zeit genug geben, sich über 30 000 Lichtjahre weit von seiner Heimatgalaxie zu entfernen – sodass man es vielleicht bald getrennt von seinem Quasar beobachten könnte.