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BESUCH AUS KRETA

Geschichte|Archäologie

BESUCH AUS KRETA

Die Strapazen der Reise hatten ihn erschöpft. Drei Monate war es her, dass der Erzhändler aus seiner Heimat, dem sonnigen Kreta, aufgebrochen war. Drei Monate, in denen er auf See und zu Lande den Widrigkeiten des Wetters und der Gefahr durch Wegelagerer hatte trotzen müssen – doch jetzt war er am Ziel. Gestikulierend versuchte er sich mit den bärtigen Gesellen zu verständigen, die an diesem unwirtlichen, kalten und windigen Ort lebten, von dem er durch Geschäftsfreunde gehört hatte. Rund 3600 Jahre später heißt dieser Ort Nebra, liegt in Sachsen-Anhalt und ist seit 2002 weltweit bekannt durch den Fund der Himmelsscheibe, der ältesten bekannten Sternenabbildung der Geschichte, auf der auch ein Schiff zu sehen ist. Und die Bauart dieser „Sonnenbarke“ , für die damaligen Menschen vielleicht ein religiöses Symbol, macht das gerade geschilderte Szenario wahrscheinlich – wenn man der These des renommierten Archäologen François Bertemes von der Universität Halle folgt.

Bertemes hatte mit seinem Team auf der türkischen Insel Tavsan Adasi die Überreste einer minoischen Handelssiedlung ausgegraben. Dabei entdeckte er eine Art Stempel mit einem Schiff, das dem auf der Himmelsscheibe von Nebra verblüffend ähnlich sieht. Die bronzezeitliche Kultur der Minoer blühte vor 4000 bis 3600 Jahren und hatte ihr Zentrum auf Kreta. Bertemes sagt nun, Vorbild für das Schiff der Himmelsscheibe seien die Gefährte minoischer Händler gewesen, die auf der Suche nach Erz bis ins heutige Mitteldeutschland gereist waren. Die bisherige Annahme lautete, dass ägyptische Boote als Vorbild gedient hätten. Dem widersprechen die Wissenschaftler um Bertemes: „Ägyptische Schiffe waren Ruderboote, doch die Minoer paddelten. Diese Paddel sind auf der Himmelsscheibe mit Schraffuren angedeutet.“

„Eine interessante Hypothese, mehr aber auch nicht.“ Das meint gegenüber bild der wissenschaft der wohl profundeste Kenner der Himmelscheibe, der Archäologe Harald Meller, Direktor des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle. Meller, der sich seit der Entdeckung der Scheibe eingehend mit ihr beschäftigt hat, sagt: „Ich schätze Herrn Bertemes zwar sehr, aber aus der zufälligen Ähnlichkeit zu einem minoischen Schiff solche Folgerungen zu ziehen, ist mir zu einfach.“

Redaktion: Hans Groth, nachrichten@bild-der-wissenschaft.de

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