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Auf der Suche nach dem verlorenen Geschmack

Erde|Umwelt

Auf der Suche nach dem verlorenen Geschmack
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Die meisten modernen Tomatensorten haben gegenüber den wilden Sorten an Geschmack verloren (Foto: Harry Klee/ University of Florida)
Tomaten gehören zu den beliebtesten Gemüsesorten überhaupt. Häufig jedoch sehen die appetitlich roten Früchte besser aus als sie schmecken. Woran das liegt, haben Forscher nun bis in die Gene der Tomate hinein untersucht. Dabei zeigte sich: Bei nahezu allen modernen Zuchtsorten der Tomate fehlen Genvarianten für wichtige flüchtige Aromen. Indem nun diese Defizite identifiziert und im Genom verortet sind, eröffnet dies einen Weg, Tomaten künftig wieder aromatischer zu machen.

Eigentlich ist die Tomate (Solanum lycopersicum) bei uns ein Fremdling: Wie viele andere Nachtschattengewächse stammt sie ursprünglich aus Südamerika, wo sie schon seit Jahrhunderten kultiviert wird. Bereits die Maya und Azteken schätzten und züchteten die Tomate. Heute gehört sie zu den beliebtesten Gemüsen überhaupt, unzählige neue Sorten wurden in den letzten Jahrzehnten gezüchtet. Doch genau hier beginnt das Problem. Denn viele der heute auf dem Markt gängigen Tomatensorten sind zwar ansehnlich und groß, schmecken aber eher wässrig und nur wenig aromatisch. Einer der Hauptgründe dafür ist die komplexe Chemie der Frucht: Sie enthält neben Zuckern und Fruchtsäuren mehr als 400 verschiedene Aromastoffe. Viele dieser Aromen kommen nur in winzigen Spuren vor und sind noch dazu leicht flüchtig. Welche dieser Moleküle tatsächlich den typischen Geschmack der Tomate prägen, war lange nicht genau bekannt. Erst moderne Analysemethoden haben enthüllt, dass zwischen 20 und 30 vorwiegend flüchtige Aromastoffe den Geschmack der Tomate bestimmen. „Doch diese flüchtigen Moleküle sind nur in piko- bis nanomolekularen Konzentrationen in den Früchten enthalten und daher extrem schwer zu quantifizieren“, erklären Denise Tieman von der University of Florida und ihre Kollegen. „Bei der Tomatenzucht wurden sie daher größtenteils komplett ignoriert.“

„Unerwünschte“ Genvarianten als Zucht-Nebenwirkung

Welche dieser flüchtigen Aromen in den modernen Sorten fehlen und welche Genvarianten diesem Defizit zugrunde liegen, haben die Forscher nun erstmals umfassend untersucht. Für ihre Studie legten sie zunächst Testpersonen 160 verschiedene Tomatensorten, darunter auch alte und wilde Sorten, zum Geschmackstest vor. Durch chemische Analysen und Aromenvergleiche identifizierten die Wissenschaftler dann 28 Inhaltsstoffe, die für den angenehmen und intensiven Tomatengeschmack eine wichtige Rolle spielen. Im nächsten Schritt verglichen Tieman und ihre Kollegen den Gehalt dieser Stoffe bei 48 modernen und 236 alten Tomatensorten. Dabei zeigte sich: „In den modernen Sorten waren 13 dieser aromabestimmenden flüchtigen Substanzen signifikant reduziert“, so die Forscher. „Doch gerade diese flüchtigen Substanzen definieren den einzigartigen Geschmack der Tomate.“

Um die genetische Basis dieser Defizite zu ergründen, führten die Wissenschaftler einen genomweiten Erbgutvergleich der Sorten durch. Die Auswertung ergab, dass die modernen Sorten in den Genen für 23 flüchtige und vier nichtflüchtige Aromen in mindestens einem Allel verändert waren. Durch diese zuchtbedingten Mutationen werden die Aromen in geringerem Maße oder gar nicht mehr produziert, wie die Forscher erklären. Einige Genvarianten der modernen Sorten wurden zudem durch die Zucht immer größerer Früchte begünstigt, führen aber als Nebenwirkung zu einem niedrigeren Zuckergehalt. Die Identifikation dieser Genveränderungen eröffnet nun jedoch auch die Chance, diese wichtigen Geschmacksgene sozusagen wieder zu reparieren. „Unsere Ergebnisse liefern uns einen Fahrplan, um den Tomatengeschmack wieder zu verbessern“, sagen Tieman und ihre Kollegen. „Weil diese Aromen von Natur aus nur in winzigen Spuren vorhanden sind, lässt sich ihre Produktion in der Tomate hochregulieren, ohne dass dies zu Lasten der Erträge oder des Wachstums geht.“ Durch gezielte Zucht ließe sich dies in wenigen Jahren erreichen.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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