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Es waren einmal 100 000. Dann

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Es waren einmal 100 000. Dann

Es waren einmal 100 000. Dann kamen die Rebellen, Jäger, Holzfäller. Jetzt sind schätzungsweise noch knapp 30 000 übrig. So lautet die Schätzung von Experten der UNEP, eines Umweltprogramms der UNO, über die Zahl der Bonobos – der „Make love not war“-Hippies im kongolesischen Dschungel.

Wenn sie diese Zahlen hört, wird Barbara Fruth zornig. Seit acht Jahren lebt die inzwischen 42-jährige Biologin Seite an Seite mit den Zwergschimpansen. In dieser Zeit ist sie den Affen im dichten kongolesischen Urwald nachgestiegen, hat ihnen beim Fressen, Schlafen, Sex und alltäglichen Miteinander zugesehen.

Von der Biologiestudentin zur Primatologin, weiter zur Botanikerin, Ethnologin und Entwicklungshelferin in Personalunion war es ein weiter Weg. Auf die Affen kam Barbara Fruth 1988. Jane Goodall war nach München gereist, um die Ehrendoktorwürde der Universität zu empfangen und aus diesem Anlass einen Vortrag zu halten. Der Nimbus der weltberühmten Schimpansenforscherin lockte die Studentin, die bis dahin an Verhaltensforschung nicht besonders interessiert war. Zwei Stunden später hatte sich ihre Welt verändert. „Das war es!“, begeistert sich Fruth noch heute. „ Ich wollte nie im Labor arbeiten, sondern im Freiland – und nachdem ich Goodall erlebt hatte, wollte ich Primatologin werden.“ Fruth ist eine Frau der klaren, oft schnellen Entscheidungen.

Gerhard Neuweiler, damals Professor für Verhaltensbiologie an der Universität München, erinnert sich: „Eines Tages stand sie in meinem Büro und sagte, sie wolle mit Schimpansen forschen. Sie kannte sich mit Affen überhaupt nicht aus, aber für sie stand fest: Sie wollte Primatologin werden.“ Neuweiler schickte Barbara Fruth für eine Diplomarbeit zu Schimpansen in den Urwald der Elfenbeinküste. Nachdem sie diese Bewährungsprobe bestanden hatte, ging sie zu den Bonobos in die Demokratische Republik Kongo. Dort untersuchte sie das Nestverhalten der Zwergschimpansen (siehe Kasten „Oben sitzen die Chefinnen“). Mehr als 1000 Nester hat Fruth ausgewertet, viele davon hat sie persönlich getestet. Auf die Bäume zu klettern, ist für die schlanke, sportliche Frau eine vergleichsweise leichte Übung, denn sie hat in ihrer Jugend Höhlenkletterei betrieben und sich nach dem Abitur für Greenpeace an unzählige Schornsteine, Brücken und Gebäude gehängt, um gegen Umweltverschmutzung zu protestieren.

Eine Bonobo-Forschungsstation am Lomako-Fluss, die sie gemeinsam mit ihrem Kollegen Gottfried Hohmann aufgebaut hatte, musste Fruth 1997 wegen des Bürgerkrieges verlassen. Seit 2001 haben die beiden – die inzwischen nicht nur beruflich, sondern auch privat ein Paar sind – eine neue Station aufgebaut: Lui Kotal – zu Deutsch: langes Leben – entstand auf einer Lichtung am Lokoro-Fluss. Dort hatten vor 100 Jahren bereits Menschen gesiedelt. Die Einwohner verließen den Ort aber und zogen ein paar Kilometer weiter, denn in „Langes Leben“ blieben die Frauen eigenartigerweise kinderlos. Ob die Dorfältesten, die dem Forscherpaar diese Lichtung zuwiesen, Fruth und Hohmann als Versuchskaninchen betrachteten? Fruth muss lachen: „Zu diesem Zeitpunkt hatten wir schon drei Kinder.“

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Die Kleinen waren eine Art Zäsur in ihrem Forscherleben, denn ihretwegen konnte sie nicht mehr monatelang im Dschungel verschwinden. Bonobo-Mamas hält Fruth für ideale Mütter, denn sie haben ihre Kinder jahrelang ständig bei sich. „Unsinn“, widerspricht ihr Mann und Forscherkollege vehement: „Von wegen ideale Mütter. Bonobo-Mamas ziehen Muttersöhnchen heran. Die sind auch mit 12 Jahren noch von ihnen abhängig, obwohl sie dann schon breite Schultern haben und starke, junge Männer sind. Übel anzuschauen!“

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