Das Römische Reich: Mit Gold in den Untergang
Als der letzte Kaiser abgesetzt und aus Rom vertrieben wurde, was 476 nach Christus geschah, wurde das Reich zum Niemandsland. Zahlreiche Forscher haben sich seither mit dem Zerfall des Römischen Reiches beschäftigt und nach Gründen dafür gesucht. Wesentlich waren wohl der marode Zustand der römischen Armee, die mangelnde Verteidungsbereitschaft und das Eindringen der Germanen.
Das Heer war zu Beginn eine schlagkräftige Waffe der Römer. Zunächst kämpften darin die Bürger selbst, und der Adel stellte die Offiziere. Doch bereits unter Augustus (27 vor bis 14 nach Christus) wurden die Soldaten zunehmend aus der einfachen Bevölkerung der Grenzregionen rekrutiert, während sich die römischen Bürger lieber um die Vermehrung ihres Wohlstandes kümmerten. Das war lange kein Problem: Innen und außen herrschte Frieden. Erst mit den bürgerkriegsähnlichen Zuständen in der Soldatenkaiserzeit (235 bis 285 nach Christus) änderte sich das: Das Militär wurde aus den Randregionen am Rhein und an der Donau von den gegeneinander kämpfenden Usurpatoren und parallel regierenden Kaisern abgezogen, um die eigene Macht in Rom zu sichern. Zur gleichen Zeit drangen, im Zuge der beginnenden Völkerwanderung, immer größere Scharen so genannter Barbaren in die äußeren Gebiete des Imperiums, angelockt vom Reichtum der Römer. Überfälle häuften sich, die Bewohner flohen ins sichere Kernland des Reiches.
Erst Diokletian (284 bis 305 nach Christus) und anschließend Konstantin (306 bis 324 nach Christus) gelang es, die Grenzen vorerst wieder zu sichern. Das dafür erforderliche Großheer – das sich fast nur noch aus fremden Söldnern zusammensetzte – und ein riesiger neu installierter Verwaltungsapparat kosteten die römischen Steuerzahler enorme Summen. Der Unmut über den finanziellen Druck wuchs: Es kam zu Unruhen, und immer weniger Männer waren bereit, Kriegsdienst zu leisten. Bald stellten germanische Söldner nicht mehr nur einfache Soldaten, sondern besetzten auch Offiziersränge und konnten sogar bis in die oberste Führungsebene (magister militum) aufsteigen.
Die feindlichen Angreifer versuchte der Kaiser mit Goldzahlungen vom Eindringen in das Reich abzuhalten. Doch das funktionierte gegen Ende des 4. Jahrhunderts nicht mehr: Mithilfe des Goldes hatten sich die Germanen immer bessere Waffen angeschafft und besiegten nun die bisher überlegenen römischen Truppen, drangen ins Kerngebiet und sogar bis nach Rom vor.
Die Strategie, sich mit Zahlungen an die Söldner und Angreifer an der Macht zu halten, wurde den römischen Kaisern zum Verhängnis: Der letzte von ihnen, Romulus Augustulus, wurde am 4. September 476 vom germanischen Heerführer Odoakar in die Verbannung geschickt. Wie Machiavelli später schrieb: „Gold genügt nicht, um gute Soldaten zu haben, aber gute Soldaten genügen, um das Gold zu holen.“ Stefanie Wiese