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Reizthema vom Tisch

Allgemein

Reizthema vom Tisch
Durchbruch bei der Lebenmittelbestrahlung

Das Bohren von dicken Brettern gestaltet sich in Brüssel oft als filigrane Drechslerarbeit. Jüngstes Beispiel: die Auseinandersetzung um die Lebensmittelbestrahlung. Ein volles Jahrzehnt lang wurde diskutiert, bis sich das Europäische Parlament (EP) und der Ministerrat jetzt einigten.

“Endlich eine befriedigende Lösung”, kommentiert erleichtert die grüne Europaabgeordnete Undine von Blottnitz. Zwar wird künftig die Behandlung von Lebensmitteln und Lebensmittelzusätzen mit ionisierenden Strahlen grundsätzlich zugelassen – so werden voraussichtlich ab 2002 auch in deutschen Supermärkten bestrahlte Hähnchenschenkel und Erdbeeren erlaubt sein. Aber das Konservierungsverfahren soll – so EP-Berichterstatterin von Blottnitz – nur dort eingesetzt werden, wo die Bestrahlung technologisch sinnvoll, gesundheitlich unbedenklich und für den Verbraucher nützlich ist.

Die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AGV) in Bonn sieht jedoch die Gefahr der Verbrauchertäuschung: Produkte, deren Herstellung nicht hygienisch einwandfrei war, könnten “scheinbar verkehrsfähig” gemacht werden. So müsse beispielsweise verhindert werden, daß Salmonellen im Hühnerfleisch vom Hersteller geduldet und lediglich hinterher durch Bestrahlung abgetötet würden.

Um dem gegenzusteuern, bringt die neue Richtlinie erhebliche Einschränkungen für die Lebensmittelproduzenten. Frühestens ab 2001 dürfen nur Produkte bestrahlt werden, die in einer noch zu erarbeitenden Positivliste der EU-Kommission stehen. Ferner müssen bestrahlte Produkte generell gekennzeichnet sein. Das Europaparlament werde darauf drängen, daß die Kennzeichnung “nicht so kleingedruckt ist, daß man sie überliest”, versichert von Blottnitz.

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Da in Frankreich, Belgien und den Niederlanden die Behandlung von Lebensmitteln mit ionisierenden Strahlen bereits gang und gäbe ist, bleibt eine einheitliche Regelung für den EU-Binnenmarkt überfällig. Nur so können ab 2003 wissenschaftlich überprüfbare analytische Kontrollverfahren in der gesamten EU angewandt werden.

EURO-TICKER Zündstoff. Die Freisetzungsrichtlinie für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) bleibt auf dem Prüfstand: Das Europäische Parlament forderte umfangreiche Änderungen zum vorliegenden Novellierungsvorschlag. So wollen die Parlamentarier die Zulassung von GVO verbieten, die Gene mit einer Antibiotika-Resistenz aufweisen. Der Ministerrat kann sich darüber nicht hinwegsetzen, sondern muß einen Kompromiß herbeiführen.

Karrierechance. Jungen europäischen Wissenschaftlern eröffnet die EU-Kommission ein sechsmonatiges Training für das Management von Forschungsprojekten. Beim Joint Research Centre der EU im oberitalienischen Ispra sammeln bereits seit Anfang des Jahres 20 Nachwuchsforscher Know-how für Patent- und Lizenzierungsverfahren, Präsentation, Marketing und Verhandlungsführung.

Kontaktadresse: Dr. Jens Otto, e-mail: jens.ottojrc.cec.be

EURO-TALK Ernst-Michael Epstein, nationaler Referent für Lebensmittelrecht bei der Europäischen Verbraucher-Organisation BEUC, zum Thema Lebensmittelbestrahlung.

bdw: Warum mehr als zehn Jahre bis zur EU-Einigung?

Epstein: Die Positionen waren sehr unterschiedlich. Deutschland und Luxemburg beispielsweise wollten von ihrem Bestrahlungsverbot nicht abrükken, während in Frankreich, den Niederlanden und Belgien die Bestrahlung von bestimmten Lebensmitteln seit Jahren gängige Praxis ist.

bdw: Was darf künftig bestrahlt werden?

Epstein: Brüssel wird bis zum 31. Dezember 2000 dazu eine Positivliste erstellen. Sie umfaßt bislang nur getrocknete Kräuter und Gewürze. Was hinzukommt, hängt vom Urteil des Wissenschaftlichen Lebensmittelausschusses der EU-Kommission sowie von der politischen Entscheidung des – eher bestrahlungskritischen – Europäischen Parlaments ab.

bdw: Wie erkennt der Verbraucher künftig, ob Shrimps oder Camembert bestrahlt wurden?

Epstein: Auf solchen Produkten muß schon jetzt “Bestrahlt” oder “Mit ionisierenden Strahlen behandelt” stehen. Der Fortschritt liegt darin, daß dieser Text – unabhängig vom Anteil am Endprodukt – künftig auch für alle Zutaten vorgeschrieben ist.

Thomas A. Friedrich

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