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Logik, oh mein Gott!

Astronomie|Physik

Logik, oh mein Gott!

„Manchmal macht ihr Mathematiker echt abgefahrenes Zeug!“ So positiv hatte sich meine Tochter Maria schon lange nicht mehr über meinen Beruf geäußert.

Ich wollte den Ball aufnehmen und sagte: „Manchmal machen Mathematiker sogar echt größenwahnsinnige Sachen: Ein Höhepunkt in dieser Richtung ist der mehrfache Versuch in der Geschichte der Mathematik, durch Anwendung rein logischer Regeln die Existenz Gottes zu beweisen!“

Meine Familie war völlig unbeeindruckt. Meine Frau schaute nur genervt zu mir herüber, und Maria sprach aus, was sie dachte: „ Gott beweisen? Darauf könnt auch nur ihr Mathematiker kommen!“

Ich wusste, dass ich jetzt Farbe bekennen musste. „Der große Logiker Anselm von Canterbury, der vor etwa 1000 Jahren lebte, hat folgendermaßen argumentiert. Erstens: Gott ist das vollkommenste Wesen. Das war damals die allgemein akzeptierte Definition von Gott. Zweitens: Zur Vollkommenheit gehört die Existenz. Denn wenn etwas nicht existiert, kann es auch nicht vollkommen sein.“

Ich holte Atem und setzt zum entscheidenden Schluss an: „Also ist Gott ein Wesen, zu dessen Eigenschaften die Existenz gehört. Somit existiert Gott.“

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Ich hatte erwartet, dass meine Frau und die Kinder die Autorität Anselms anerkennen würden, aber weit gefehlt. Christoph widersprach: „Das Argument können wir auch auf andere Situationen anwenden!“ Und Maria hatte ein wunderbares Beispiel: „Du sprichst doch immer von der ‚eierlegenden Wollmilchsau‘ und meinst damit etwas, was es nicht geben kann. Aber eine vollkommene eierlegende Wollmilchsau muss existieren. Denn zur Vollkommenheit gehört die Existenz, und also“, schloss sie triumphierend, „ist die Existenz eine Eigenschaft einer vollkommenen eierlegenden Wollmilchsau, und somit muss sie existieren!“

Meine Frau ergänzte spitz: „Ich weiß gar nicht, ob es gut wäre, wenn alles Vollkommene existierte. Zum Beispiel das Chaos auf deinem Schreibtisch: Ich hoffe, dass du es beseitigst, bevor es vollkommen wird!“ Maria sagte hellsichtig: „Existenz ist nicht irgendeine Eigenschaft wie groß oder rot, die du zu etwas dazu definieren kannst.“ Sie war heute richtig gut drauf.

Ich brachte noch eine Autorität ins Spiel: „Der französische Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal, der vor etwa 400 Jahren lebte, war der Begründer der Wahrscheinlichkeitsrechnung und hat Glücksspiele untersucht. Er war überzeugt: Es lohnt sich, auf die Existenz Gottes zu wetten!“ Maria platzte heraus: „Meinst du nicht, dass du da im falschen Milieu bist?“

Ich ließ mich nicht beirren: „Pascal argumentierte: Wenn ich darauf setze, dass Gott existiert, dann ist es so: Wenn Gott wirklich existiert, habe ich doppelten Gewinn: Erstens weiß ich, dass Gott existiert und habe alle Vorteile davon, und zweitens habe ich meine Wette gewonnen. Wenn ich aber darauf setzen würde, dass Gott nicht existiert, dann hätte ich gerade mal meine Wette gewonnen.“

Zuerst herrschte Stille – und ich dachte schon, aus lauter Ehrfurcht. Aber da blitzten Marias Augen auf: „Ich glaube, es würde sich lohnen, darauf zu wetten, dass meine nächste Mathearbeit gut ausfällt.“

„Wie bitte?“

„Ist doch klar: Wenn sie gut wird, habe ich doppelten Gewinn. Erstens eine gute Note und zweitens die Wette gewonnen. Wenn ich andererseits darauf wetten würde, dass die Arbeit schlecht ausfällt…“, „…dann hättest du gerade mal die Wette gewonnen“, fielen die anderen im Chor mit ein.

Maria zog das Resümee: „Das nächste Mal erklärst du uns aber wieder richtige Mathematik, nicht so abgedrehtes Zeug!“

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