Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Erstickungsanfälle im Tempel

Allgemein

Erstickungsanfälle im Tempel

Die Priesterinnen, die in der Antike im Apollo-Tempel von Delphi weissagten, fielen durch Sauerstoffmangel in Trance – und nicht durch Ethylen, das aus einer Felsspalte ausströmte, wie man bislang vermutete. Das hat jetzt ein italienisch-griechisches Forscherteam um Giuseppe Etiope vom Istituto Nazionale di Geofisica e Vulcanologia in Rom bekannt gegeben.

Das Orakel von Delphi war ab dem 8. Jahrhundert vor Christus rund 1200 Jahre eine wichtige Pilgerstätte. Es hieß, hier spräche der Gott Apollo durch eine Seherin, die Pythia genannt wurde, zu den Ratsuchenden. Die Pythia saß während ihrer Weissagungen auf einem Dreifuß über einer Felsspalte, aus der laut dem griechischen Historiker Plutarch süßliche und betäubende Dämpfe aufstiegen.

2001 hatten amerikanische Wissenschaftler um Jelle de Boer von der Wesleyan University im US-Bundesstaat Connecticut entdeckt, dass der Tempel auf einer bis dahin unbekannten geologischen Verwerfung steht. Sie wiesen nach, dass aus der Bruchlinie Ethylen austritt – ein aromatisch riechendes Kohlenwasserstoffgas, das eine gewisse berauschende Wirkung hat und auf das zentrale Nervensystem wirkt. Früher wurde Ethylen deshalb in der Medizin für die Anästhesie verwendet. Demnach hätten die Priesterinnen unter dem Einfluss von Ethylendämpfen orakelt – was erklären könnte, warum ihre Prophezeiungen oft so schwer zu interpretieren waren und zu Missverständnissen führten.

Als der Geologe Giuseppe Etiope jetzt aber die Gasanteile des Bodens und des Grundwassers untersuchte und deren chemische Zusammensetzung analysierte, konnte er zwar bestätigen, dass Gas aus dem Gestein tritt – doch es handelt sich dabei hauptsächlich um Methan, Ethan und Kohlendioxid. Die Konzentration von Ethylen ist dagegen viel zu schwach, um einen süßlichen Geruch hervorzubringen und Rauschzustände hervorzurufen. Etiope ist vielmehr der Meinung, dass die Pythia durch Sauerstoffmangel in Trance fiel, der durch ausströmendes Methan und Kohlendioxid hervorgerufen wurde. Der süßliche Duft wiederum, der die Pythia umgab, könnte laut Etiope von aromatischen Kohlenwasserstoffen wie Benzol herrühren, die im Grundwasser gelöst waren. Doch das ist bislang eine reine Vermutung und muss noch untersucht werden.

Anzeige
Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Tick  〈m. 6〉 1 in kurzen Abständen zwanghaft wiederholte Bewegung 2 Gesichtszucken … mehr

Le|se|kreis  〈m. 1〉 kleiner Kreis von Personen, die regelmäßig gemeinsam Literatur lesen

User  〈[juz(r)] m. 3〉 1 〈umg.〉 jmd., der regelmäßig Drogen nimmt 2 〈IT〉 Benutzer, Bediener (eines Computers) … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige