Um die befruchtete Eizelle wird derzeit heftig diskutiert: Die Experten streiten sich darüber, ob eine solche Zelle den vollen verfassungsrechtlichen Schutz genießt, und sie daher nicht zum Gewinnen von Stammzellen genutzt werden darf. Weitgehend im Dunkeln liegt dagegen, was in einer befruchteten Eizelle vor sich geht. Aus ihr entwickeln sich nicht nur der Embryo, sondern auch Plazenta und Eihüllen. Forscher der Universität Cambridge beobachteten jetzt an Mäusen, dass die Entscheidung, welche Zellen sich zum Embryo und welche zu extraembryonalem Gewebe differenzieren, überraschend früh fällt — nämlich im Zweizell-Stadium, also lange bevor sich der Embryo im Uterus einnistet. Beim jungen, zweizelligen Embryo entwickeln sich die Nachkommen der einen Tochterzelle meist zu embryonalen, die der anderen Tochterzelle zu extraembryonalen Zellen. Wer was wird, scheint von der Einschlagstelle des Spermiums in die Eizelle abzuhängen. Die Tochterzelle, die bei den ersten Zellteilungen die Eintrittstelle des Spermiums mitbekommt, teilt sich früher als ihre Schwesterzelle erneut, wobei sie sich meist für die embryonale Richtung entscheidet. Das erscheint paradox, denn sämtliche Zellen eines Achtzell-Stadiums sind totipotent: Aus jeder der acht gleich aussehenden Zellen kann ein vollständiger Embryo entstehen, wenn die Zellen getrennt werden. Gerade dies macht man sich beim Herstellen von Stammzell-Linien zunutze. Wie Totipotenz und frühe Prädisposition zusammenhängen, ist dabei noch unklar.
Hans Groth