Dass die Erde wärmer wird, ist hinlänglich bekannt. Um rund 0,8 Grad Celsius ist die Durchschnittstemperatur der Fünfjahresperioden in den letzten 100 Jahren im globalen Mittel gestiegen. Abhängig von Längen- und Breitengrad variiert diese Spanne aber deutlich. Während indische Klimaforscher für Bombay eine Erhöhung von rund einem halben Grad Celsius errechneten, spielten ihre Kollegen in Potsdam bei über einem Grad Celsius Erwärmung bereits die ersten Katastrophen-Szenarien durch. Und statt sich wie heute im Treibhaus zu wähnen, sahen vor rund 50 Jahren einzelne Wissenschaftler noch die nächste Eiszeit nahen: Global zeigten die Thermometer zwischen 1946 und 1950 einen Einbruch von 0,2 Grad Celsius an. „Wir gehen davon aus, dass es sich um eine natürliche Klimaschwankung handelte. Wir wissen aber nicht genau, durch welche Faktoren sie hervorgerufen wurde“, erklärt Dr. Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. Eine Rolle spielten mit Sicherheit große Vulkanausbrüche, die die globale Durchschnittstemperatur über zwei Jahre um 0,2 bis 0,3 Grad Celsius senken können, die elfjährigen Sonnenfleckenzyklen und weltweit wirksame Klimaphänomene wie El Niño. Doch in den Kurven der einzelnen Messstationen gehen diese Schwankungen angesichts des lokalen Auf und Ab unter. Überall auf der Welt schwingen die Kurven im Rhythmus der örtlichen Klimaschwankungen anders. „In Tropengebieten wie in Bombay sind die Schwankungen eher klein. Je weiter man aber nach Norden kommt, desto unruhiger wird es, wie man beispielsweise an den Daten von Moskau sieht“, meint Gerhard Müller-Westermeier vom Deutschen Wetterdienst. Die Ursachen dafür sind nicht bekannt. Man weiß aber, dass die Wassermassen der Ozeane eine stabilisierende Wirkung haben. Sydney, das abseits der großen Landflächen liegt, zeigt deshalb einen eher ruhigen Kurvenverlauf. Das Klima in Europa ist dagegen recht variabel. Der Grund: Empfindliche Zirkulationsströmungen wie das Azorenhoch oder das Islandtief sind sehr einflussreich. Wenn sie ihr Ausmaß oder ihre Position nur leicht verändern, kann das den normalerweise trockenen August in einen verregneten Monat umwandeln. Einig ist sich die Mehrzahl der Klimaexperten darin, dass der momentane Temperaturanstieg vor allem hausgemachte Gründe hat. Ob diese menschlichen Einflüsse dabei 70 oder 80 Prozent betragen, ist für Gerstengarbe sekundär: „Fakt ist: Es ist die einzige Schraube, an der wir drehen können.“
Hans Groth