Eine der rätselhaftesten Geisteskrankheiten ist nach wie vor die Schizophrenie. Immerhin ein Prozent aller Menschen läuft nach Ansicht von Experten Gefahr, wenigstens einmal im Leben einen schizophrenen Anfall zu erleiden. Ein typisches Symptom ist dabei das Hören lauter Stimmen. Diese können freundlich oder feindselig sein, etwas kommentieren oder im Extremfall sogar zu einer Gewalttat auffordern. Wissenschaftler der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen sind jetzt bei der Erforschung dieses Phänomens einen entscheidenden Schritt weiter gekommen. Die Psychiater und Akustiker um Ralf Erkwoh fanden heraus, dass Schizophrene, die Stimmen hören, große Probleme bei der Ortung realer Schallwellen haben. Erkwoh setzte schizophrene Probanden einzeln in einen dunklen, schalltoten Raum. Um sie herum waren zwölf Lautsprecher platziert, aus denen nach einem Zufallsprinzip Wörter erklangen. Die Kranken gaben in dem Versuch doppelt so häufig eine falsche Schallquelle an wie gesunde Vergleichspersonen. Neue Erkenntnisse der Hirnforschung haben gezeigt, dass das Gehirn neben visuellen auch akustische Reize in die beiden Informationen „Was?“ und „Wo?“ trennt und sie an verschiedene Nervenbahnen weiterleitet. Die so genannte „Wo-Bahn“ ist nach Ansicht Erkwohs bei Schizophrenie-Kranken defekt. Da sie auch mit Zentren der Sprachverarbeitung verschaltet ist, könnte deshalb das Hören von Stimmen das Ergebnis einer fehlerhaften Verknüpfung von Sprach- mit Ortsinformationen sein.
Hans Groth