Kann Musik erklären, was den Mensch zum Menschen macht? Daniel Levitin geht davon aus, dass sich unser ganzes Dasein in Liedern über Freundschaft, Freude, Trost, Wissen, Religion und Liebe spiegelt. Musik ist für den renommierten amerikanischen Psychologen und Neurowissenschaftler – der auch als Rockmusiker und Musikproduzent erfolgreich war – ein evolutionärer Faktor, der die sozialen Strukturen festigte, bevor unsere Ahnen der Sprache mächtig waren, und der schließlich unsere moderne Gesellschaft entstehen ließ. Levitin ist überzeugt: Das erste Lied war dazu da, Wissen weiterzugeben. Anhand von Gesprächen mit befreundeten Musikern wie Sting erzählt er, wie Musik unsere Gefühle prägt: von beruhigenden Wiegenliedern über rebellische Rockmusik bis zu schmachtenden Lovesongs und fetzigem Disco-Sound.
Die mal gewagten, mal naheliegenden Thesen untermauert Levitin mit wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Musikwissenschaft und der Neurologie. Seinen ganzheitlichen Ansatz belegt er mit Liedbeispielen aus vielen Epochen und Stilrichtungen – darunter afrikanische Stammesgesänge, Beethovens Fünfte, Rock ’n‘ Roll, Hip Hop. Allerdings: Die separate Betrachtung religiöser Lieder wirkt überflüssig, denn hier wiederholen sich viele Aspekte aus den vorhergehenden Kapiteln. Ein Buch für Musiker, Musikliebhaber und alle, die mehr über die Funktionsweise unseres Gehirns wissen möchten. Marion Martin
Daniel Levitin DIE WELT IN 6 SONGS C. Bertelsmann, München 2011 336 S., € 22,99 ISBN 978–3–570–58020–2