Der gute Ton
Mit Orgeln hatte Judit Angster schon als Kind zu tun. Ihr Urgroßvater hatte sie in Ungarn gebaut – ihr Vater aber musste auf Druck des kommunistischen Regimes die Firma aufgeben. Doch die Tochter, die selber nicht Orgel, sondern Geige spielt, konnte und wollte von den prächtigen Instrumenten nicht lassen. Deshalb analysiert die promovierte Physikerin die physikalischen Prinzipien der Orgelakustik, seit sie 1992 in der weltweit führenden Orgelbauer-Nation Deutschland arbeitet. So manche Königin der Instrumente ist nämlich – aller Kunst ihrer Erbauer zum Trotz – missgestimmt.
„Im Basler Münster musste schon die dritte Orgel eingebaut werden, weil die ersten beiden nicht gut geklungen haben“, sagt Angster. Häufig entstehen schräge Töne, wenn beim Musizieren der Luftdruck in der Orgel zu rasch wechselt. Außerdem hängt der Klang des Instruments maßgeblich von der Raumakustik ab.
Damit Orgelbauer künftig keine bösen Überraschungen erleben, wenn ihr Instrument zum ersten Mal an seinem Arbeitsplatz ertönt, entwickelte die Ungarin am Fraunhofer-Institut für Bauphysik in Stuttgart gemeinsam mit ihrem Mann András Miklós und mit Unterstützung etlicher Orgelbaufirmen eine Software, mit der man den „Winddruck“ in dem komplizierten Instrument simulieren kann. Angster tüftelte sogar völlig neue Windsysteme aus, in denen Winddruckschwankungen nicht mehr auftreten oder reguliert werden können. „Unsere Prototypen funktionieren prima“, freut sie sich. Außerdem analysiert Angster die Physik der Orgelpfeifen und versucht so herauszufinden, wie man eine Orgel an die Akustik des Raums, in dem sie später erklingen soll, am besten anpassen kann.