MONDSÜCHTIG Als Schüler konnte ich die Zahl der Monde im Sonnensystem herunterrasseln: Erde – einer, Mars – zwei, Jupiter – zwölf, Saturn – neun, Uranus – fünf, Neptun – zwei. Dieses Wissen hatte über Jahre Bestand, deshalb konnte ich mir die Zahlen auch bis heute merken. Als dann Raumsonden das äußere Sonnensystem zu erkunden begannen – Pioneer 10 und 11, Voyager 1 und 2, Ulysses, Galileo – explodierte die Zahl der Monde, und ich verlor sie aus dem Gedächtnis. Nach der Vorbereitung des jetzigen Titelthemas (zu finden auf den Seiten 48 bis 65) bin ich wieder à jour: Jupiter umkreisen bekannte 63 Trabanten, Saturn 31, bei Uranus sind 27 aktenkundig, bei Neptun 13 und bei Pluto einer.
So nett dieses Wissen um die Zahl der Monde auch ist, es ist im Grunde genommen belanglos. Anders ist es mit dem Wissen über die Monde selbst, die deutlich mehr zu bieten haben, als man gemeinhin annehmen würde: Auf dem Jupitermond Io registrierten die Sonden einen Vulkanismus, dessen Aktivität den irdischen um ein Zigfaches übertrifft. Und auf den drei übrigen großen Jupitermonden verbergen sich unter der eisigen Kruste salzwasserhaltige Ozeane. Neue revolutionäre Erkenntnisse stehen ins Haus: Im Juli schwenkt die 1997 ins All geschickte Sonde Cassini in eine Saturn-Umlaufbahn ein. Dadurch werden in den kommenden Jahren Hunderte von irdischen Sensoren das Reich des Herrn der Ringe observieren und – da bin ich mir sicher – Überraschendes über die Saturn-Welt zu Tage fördern. Spektakulär ist die europäische Mission der Huckepacksonde Huygens, die im kommenden Januar weich auf dem größten Saturnmond Titan landen soll.
Was die Erforschung der Monde in den vergangenen Jahrzehnten gebracht hat und demnächst bringen wird, ist so faszinierend, dass wir die meisten unserer Redensarten über den Mond auf denselben schießen sollten: Uhren, die eine falsche Zeit anzeigen, gehen nach dem Mond. Wer schimpft, ohne dass er Gehör findet, bellt den Mond an. Ein ewig Gestriger lebt hinter dem Mond.
Ein Mond, Synonym für Negatives? Das war einmal!