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Titelthema – Die 7 Macken des Wetterberichts: Jeder Sender hat sein eigenes Wetter

Allgemein

Titelthema – Die 7 Macken des Wetterberichts: Jeder Sender hat sein eigenes Wetter

Das Wetter kann sich schnell ändern – am schnellsten in der ARD: Wo es 8 Minuten vor der Tagesschau noch regnete, scheint 20 Minuten später die Sonne. Manche Zuschauer haben den Eindruck, daß die Vorhersagen vor und nach der Tagesschau nicht nur in der Präsentation, sondern manchmal auch inhaltlich voneinander abweichen.

Der Grund: Die Wettershow vor der Tagesschau bestreitet die Firma Meteomedia des Schweizer Wetterfroschs Jörg Kachelmann, nach den Nachrichten kommt die Prognose vom Deutschen Wetterdienst aus Offenbach. Ein Urteil, welche Vorhersage besser ist, verkneift sich Gerhard Lux, Marketingleiter beim DWD. Der Block vor den Nachrichten sei eher eine Werbesendung mit Wetterkarte. „Das ,offizielleO Wetter nach der Tagesschau kommt von uns“, sagt Lux. Doch das stimmt nicht ganz: Denn auch Jörg Kachelmann bezieht seine Daten zum Großteil vom DWD. Kachelmann ist damit Konkurrent und Kunde zugleich – und da hält man sich mit Kritik zurück.

„In Zukunft werden im Fernsehen oder im Rundfunk nur noch gesponserte Wetterberichte gesendet“, glaubt Prof. Werner Wehry vom Institut für Meteorologie an der Freien Universität Berlin, wo bis heute die alphabetisch fortlaufenden Vornamen für Hochs und Tiefs festgelegt werden. Je nach Geldbeutel gibt es unterschiedliche Qualitätsstufen der Vorhersage, die Wehry in drei Klassen einteilt:

Überregionale Vorhersagen mit mangelnder Trennschärfe, die Mißdeutungen Tür und Tor öffnen, aber für Ottonormalverbraucher ausreichen. Regionale Vorhersagen, zum Beispiel für Brandenburg oder Südbayern, mit besserer Zuverlässigkeit.

Wetterrekorde…

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40,2°C betrug die höchste Temperatur in Deutschland, gemessen am 27. Juli 1983 in Gärmersdorf, Oberpfalz

57,3°C betrug die höchste Temperatur weltweit, gemessen im August 1923 in El Asisija, Libyen Lokale Vorhersagen für ein Stadtgebiet, die sehr genau und aktuell sind und von bestimmten Branchen – zum Beispiel Landwirtschaft oder Tourismus – genutzt werden.

Mit lokalen „Kann-ich-um-20-Uhr-eine-Grillparty-in-Starnberg-feiern-Vorhersagen“ verdient Christian König von More and More Communications in München sein Geld. Er beliefert unter anderem den Rundfunksender Antenne Bayern. „Unsere Stärke ist, daß wir klein und flexibel sind und für unsere Kunden aktuelle und genaue Vorhersagen machen können.“

Unter den Anbietern von Wetterinformationen wird der Konkurrenzkampf immer härter. Als der Deutsche Wetterdienst an Ostern 1998 mit seiner Wettervorhersage für Mecklenburg-Vorpommern danebenlag, nutzte Konkurrent Kachelmann die Schwäche aus, um mit Tamtam eine neue Beobachtungsstation einzuweihen, was nach Meinung vieler Meteorologen ein reiner PR-Gag war.

Inzwischen hat der DWD wieder Oberwasser, weil einige ehemalige Kunden – unter anderem der Bayerische Rundfunk und der Südwestrundfunk – bei Ausschreibungen für die Hörfunkprogramme den Offenbachern den Zuschlag gaben. Der DWD gibt sich betont kundenfreundlich und bietet von Videoclips bis zu fertigen Radiomoderationen alles an, was die Sender begehren. Nur Fernsehmoderationen überläßt man Privatfirmen – mit Ausnahme der Auftritte von DWD-Mann Uwe Wesp im ZDF.

Fazit: Konkurrenz belebt das Geschäft, verbessert aber nicht automatisch die Qualität der Wettervorhersage. Die Medien müssen durch kritische Auswahl dafür sorgen, daß die Zuschauer einen Wetterbericht bekommen, auf den sie sich verlassen können.

Wie gut ist die Wettervorhersage? Meteorologen teilen die Zukunft in vier Abschnitte ein: Kürzestfristvorhersage: 0 bis 12 Stunden Kurzfristvorhersage: 12 Stunden bis 3 Tage Mittelfristvorhersage: 3 bis 10 Tage Langfristvorhersage: mehr als 10 Tage

Hinzu kommen Klimaprognosen, die sich mit Änderungen des globalen Klimas über Jahrzehnte beschäftigen.

Schon vor mehr als 100 Jahren offerierte die Seewetterwarte Hamburg Trefferquoten von über 80 Prozent – die heutigen Angaben liegen nur wenige Prozent darüber. Der Grund: Die Kriterien, ob eine Vorhersage richtig oder falsch ist, sind heute viel strenger als damals.

Am Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin werden seit 1971 Wetterprognosen nach einem ausgeklügelten Punkteschema mit dem tatsächlich eingetroffenen Wetter verglichen. Dabei stellte sich heraus, daß sich die Trefferwahrscheinlichkeit in 20 Jahren um rund zweieinhalb Prozentpunkte verbessert hat. Bei einer Prognose über zwei Tage liegt sie heute bei rund 85 Prozent. Am besten schneidet die Vorhersage der Temperatur ab: Sie ist zu über 90 Prozent korrekt. Seit Mitte der achtziger Jahre beobachten die Berliner Meteorologen, daß die Schwankungsbreite bei der Vorhersagegenauigkeit geringer wird – grobe Patzer werden immer seltener.

Dennoch gibt es Grenzen. „Mehr als sieben bis zehn Tage im voraus machen keinen Sinn“, sagt Detlev Majewski, der beim Deutschen Wetterdienst für die Konstruktion von Rechenmodellen zuständig ist. Majewski empfiehlt, sich bei längerfristigen Prognosen an das langjährige Mittel zu halten, das in der Regel einen guten Anhaltspunkt bietet.

Die größten Fortschritte in der Vorhersagegenauigkeit gibt es nach Angaben des DWD bei Mittelfristprognosen bis zu einer Woche. Bei Langfristprognosen dagegen seien die Schwierigkeiten von der Weltorganisation für Meteorologie unterschätzt worden, gesteht Konrad Balzer vom DWD: „Die Prognoseleistung für Monats- oder Quartalsvorhersagen ist eher dürftig.“

Bestes Beispiel ist die Sommer-Vorhersage, die das Nachrichtenmagazin Focus im Frühjahr unter dem Schlagwort „Langfrist-Prognosen revolutionieren den Wetterbericht“ veröffentlichte: Sie war viel zu optimistisch.

Ralf Butscher / Bernd Müller / Daniel Münter / Raymund Windolf

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