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Titelthema – Die 7 Macken des Wetterberichts: Die Vorhersage verwirrt die Zuschauer

Allgemein

Titelthema – Die 7 Macken des Wetterberichts: Die Vorhersage verwirrt die Zuschauer

Morgen vormittag heiter bis wolkig, am Nachmittag fällt örtlich mäßiger Niederschlag.“ Mal ehrlich: Wer – außer einem studierten Meteorologen – kann aus diesen vagen Formulierungen herauslesen, wie das Wetter wird? Zu diesem Ergebnis kamen auch Studenten vom Institut für Meteorologie an der Freien Universität Berlin, die Passanten auf der Straße fragten, was Begriffe wie „heiter bis wolkig“ oder „Schauerniederschlag“ bedeuten. Das Ergebnis war miserabel: Keiner der Befragten konnte die Begriffe richtig interpretieren.

Dabei haben die scheinbar unverbindlichen Floskeln genau definierte Bedeutungen: „Heiter bis wolkig“ heißt, daß der Himmel zwischen zwei und sechs Achtel bedeckt ist, allerdings acht Achtel dünne Schleierbewölkung aufweisen darf, durch die die Sonne scheinen kann, aber lediglich aus zwei Achtel mittelhohen Schäfchen- oder sechs Achtel Haufenwolken bestehen darf.

Weil das erst recht niemand versteht, machen sich die Fachleute Gedanken, wie man diese Informationen publikumsfreundlicher aufbereiten kann. Die Meteorologen der FU Berlin haben vor wenigen Wochen ein Buch mit dem Titel „Wetterinformationen für die Öffentlichkeit – aber wie?“ herausgegeben, in dem Meteorologen, Soziologen und Vertreter anderer Wissenschaftszweige über mögliche Lösungen diskutieren.

Wetterrekorde…

3499 mm betrug die größte jährliche Niederschlagsmenge in Deutschland, gemessen 1944 am Putschellerhaus, Berchtesgadenerland

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26461 mm betrug die höchste jährliche Niederschlagsmenge weltweit, gemessen 1860/61 in Cherrapunji, Indien Ein weiterer Schritt ist der Vorstoß der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft, die im vergangenen Jahr eine Art Wetter-TÜV ins Leben gerufen hat. In einer Positiv-Liste, die allen interessierten Medien zur Verfügung stehen soll, werden Anbieter von qualitativ guten Wetterprognosen empfohlen. Das Zertifikat soll die Firmen der Wetterbranche anspornen, bessere Prognosen zu liefern und über eine Präsentation nachzudenken, die Mißverständnisse ausschließt.

Der Deutsche Wetterdienst arbeitet mit Universitäten zusammen, um Erkenntnisse aus der Wahrnehmungspsychologie zu nutzen. Ein Ergebnis war der vielgeschmähte Wetterflug in den Tagesthemen, dessen Informationsgehalt nahezu Null ist. Gerhard Lux, Marketingleiter beim DWD, nennt die wahre Funktion des Wetterflugs: „Er soll Entspannung bieten und als Eyecatcher für die weiteren Informationen dienen, die danach kommen.“

Nach Untersuchungen der Psychologen nehmen die Zuschauer während der Wetterkarte nur fünf bis sechs Einzelinformationen auf. Plaudert der Moderator erst über den Wintereinbruch in Moskau und Tiefs, die sich über Island bilden, ist der Speicher im Gehirn des Zuschauers voll, bevor das eigentliche Deutschlandwetter kommt. Nach einer Umfrage des Nachrichtenmagazins Focus ist die Temperatur für die Zuschauer die wichtigste Information in der Wettervorhersage, gefolgt von den Niederschlägen. In der Praxis hieße das: Die Temperaturkarte zuerst, dann die Niederschläge und zuletzt die Entwicklung von Hochund Tiefdruckgebieten – genau umgekehrt, wie es die Sender heute präsentieren.

Fazit: Obwohl Fachbegriffe aus der Wetterkarte weitgehend verschwunden sind, stehen für Fehlinterpretationen immer noch Tür und Tor offen. Die sprachliche und visuelle Darbietung muß weiter optimiert werden.

Macht das Wetter krank?

„Meine Narbe am Bein ziept – morgen schneit’s.“ Wohl jeder kennt jemanden, der sich für wetterfühlig hält. Nach einer Umfrage des Instituts für Demoskopie in Allensbach achten 45 Prozent der über 60jährigen aus gesundheitlichen Gründen auf die Wettervorhersage, Jüngeren ist das Wetter eher schnuppe.

Ist etwas dran an der Wetterfühligkeit? Medizinmeteorologen sagen ja. Sie unterscheiden drei Stufen der Empfindlichkeit: Normale Reaktion: Gesunde Menschen, deren Organismus sich normal auf die Umgebung einstellt, zum Beispiel durch Schwitzen oder Frieren. Wetterfühligkeit: Menschen, die über allgemeines Mißempfinden, Mattigkeit oder Schwindel klagen. Wetterempfindlichkeit: Menschen mit Vorerkrankungen, bei denen die Symptome durch das Wetter verstärkt werden, zum Beispiel rheumatische Schübe bei Rheumatikern.

Nach Erfahrung von Dr. Klaus Bucher, Medizinmeteorologe beim Deutschen Wetterdienst in Freiburg, belegen Anrufe von Wetterfühligen, daß die Menschen die aktuelle Wetterlage gut einschätzen können. „Ihre Symptome lassen sich häufig mit den Wetterdaten korrelieren.“ So klagen auffallend viele Anrufer über Herz-Kreislauf-Beschwerden, wenn ein heranziehendes Tiefdruckgebiet feuchtwarme Luft eines Hochs vor sich herschiebt. Überhaupt ist die Temperatur – besonders die gefühlte Temperatur – der wichtigste Parameter, an dem sich Wetterempfindlichkeit festmachen läßt.

„Weniger klar ist der Zusammenhang bei Migräne“, sagt Bucher. Hier sei es eher die allgemeine Lebenssituation – zum Beispiel Streß im Beruf -, die zu den Attacken führe. Das Wetter sei dann nur noch der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen bringt. „Häufig wird das Wetter auch als Ausrede gebraucht.“

Während Wetterfühligkeit nachweisbar ist, sei Wettervorfühligkeit reine Einbildung. Bucher: „Wetterfühlige können keine Wettervorhersage machen. Sie reagieren nur auf das momentane Wetter.“

Informationen für Wetterfühlige gibt es gegen Gebühr vom Deutschen Wetterdienst: per Telefon unter 0190/1154-30 (UV-Strahlung), -60 (Wetterfühligkeit), -80 (Pollenflug) in T-Online unter *44440# Näheres im Internet unter http://www.dwd.de/services/gfmm/gfmm_ansage.html

Ralf Butscher / Bernd Müller / Daniel Münter / Raymund Windolf

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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