Gehäckselter Gartenabfall soll direkt auf Äckern verteilt werden, meinen Bremer Umweltforscher. Kompost wäre dann überflüssig.
Noch endet in den meisten Gärten der Heckenschnitt damit, daß Blätter und Gehölz auf dem Komposthaufen landen. Bisher galt die Kompostierung als einzig sinnvolle Möglichkeit, organische Abfälle zu entsorgen und zu verwerten. Doch es geht auch anders: Seit zwei Jahren streut die Agrarvereinigung Maschinenring Hannover-Land das Grünzeug direkt auf Äckern aus. Auch im bayerischen Fürstenfeldbruck und auf Fehmarn verzichten inzwischen viele Bewohner und Landwirte auf den oft lästigen Kompost.
Die Bürger dort können Laub, Gras und Gehölz auf speziellen Plätzen abgeben. Nach etwa acht bis zwölf Wochen wird das gesammelte Grüngut in maximal zwei Zentimeter große Stücke geschreddert und danach auf Äcker verteilt, etwa 70 Kubikmeter pro Hektar.
Die Häcksel verbessern die Bodenstruktur: Der Acker kann mehr Wasser und Nährstoffe speichern, hält die Wärme besser und ist weniger erosionsgefährdet.
Bisher verschlingt die Produktion von Kompost aus einer Tonne organischem Abfall zwischen 100 und 300 Mark. Das neue Verfahren kostet dagegen nur rund 60 Mark pro Tonne. Zudem wird die kommunale Abfallentsorgung entlastet, denn es ist nicht mehr nötig, das Grüngut zur zentralen Kompostierungsanlage zu schaffen.
Die direkte Verwertung des Gartenabfalls bietet auch den Ausweg aus einer Misere: Regional übersteigt die Menge des produzierten Kompostes oft weit die Nachfrage. Doch das Umweltschutz-Gesetz fordert, daß organische Reststoffe wiederverwertet werden.
Häufig gilt Kompost als wahre Nährstoffbombe für die Äcker. Das stimme nur bedingt, sagen jetzt Wissenschaftler des Zentrums für Umweltforschung und -technologie der Universität Bremen. Denn während der Kompostierung bauen Mikroorganismen die leicht verwertbaren Nährstoffe ab. Die Bodenflora und -fauna kann daher lediglich schwer zugängliche Stoffe nutzen – ein Nachteil, der entfällt, wenn das Grünzeug ohne Kompostierung direkt aufs Feld kommt.
Zunächst waren die Forscher um Prof. Ralf Tippkötter skeptisch: Sie befürchteten, daß die beginnende Zersetzung der Pflanzenreste auf den Sammelplätzen zu einer Erhöhung von Nitrat im Boden und im Grundwasser führen würde. Entsprechende Proben bestätigten das jedoch nicht.
Einige Fragen sind allerdings immer noch offen. Die Forscher vermuten beispielsweise, daß den Pflanzen, die auf den Äckern gedeihen sollen, kurzfristig Stickstoff fehlen könnte. Denn die abbauenden Mikroorganismen benötigen eventuell mehr Stickstoff für den Stoffwechsel als der Gartenabfall liefert. Die Bremer wollen dieses Problem mit Gülle und Klärschlamm lösen.
Marita Vollborn