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Neuer Wirkstoff gegen Knochenschwund

Allgemein

Neuer Wirkstoff gegen Knochenschwund

„Am schlimmsten sind die Rückenschmerzen. Die sind manchmal kaum auszuhalten.“ Rita K. lächelt tapfer und schleppt sich gebückt in die kleine Küche ihrer Düsseldorfer Zweizimmerwohnung, um Kaffee aufzusetzen. Man merkt es der 58jährigen an: Jede Bewegung ist eine Qual, kleinste Verrichtungen im Haushalt bereiten ihr Schmerzen. Vor drei Jahren erfuhr sie die Diagnose: Osteoporose – Knochenschwund. Die Krankheit befällt vor allem Frauen nach der Menopause. Kalzium-Mangel bewirkt den Abbau der Knochensubstanz um bis zu 40 Prozent, die Knochen werden brüchig, feinste Risse verursachen chronische Schmerzen. In Deutschland leiden sechs bis sieben Millionen Menschen an Osteoporose. Wissenschaftler vom Physiologisch-Chemischen Institut der Universität Tübingen haben jetzt in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik einen neuen Wirkstoff gegen Knochenschwund entwickelt. Er basiert auf dem populärsten Medikament gegen Osteoporose: dem Hormon Calcitonin. Dieses Peptid aus 32 Aminosäuren senkt den Kalziumspiegel im Blut und wirkt so gleichzeitig der Kalziumfreisetzung in den Knochen entgegen. Da das humane Calcitonin so gut wie keine pharmakologische Wirksamkeit besitzt, wird bisher auf das synthetisch hergestellte Lachs-Calcitonin zurückgegriffen. Dieser Stoff ist in seiner Sequenz nur zu 50 Prozent mit humanem Calcitonin identisch, daher verursacht er bei Langzeitpatienten oft eine Desensibilisierung. Erhöhungen der Dosis haben Nebenwirkungen wie Übelkeit, Magen-Darm-Beschwerden oder allergische Reaktionen zur Folge.

Die Tübinger Forscher um Dr. Aphrodite Kapurniotu sind deshalb neue Wege gegangen. Kapurniotu: „Wir haben synthetische Analoga des humanen Calcitonins hergestellt, die den Kalziumspiegel im Blut um ein Vielfaches stärker absenken als bekannte Präparate. Dabei bleibt eine sehr hohe strukturelle Identität zum natürlichen Hormon erhalten.“ Eine überragende Bedeutung kommt dabei dem Analog CC 19 zu: Im Versuch an Mäusen wies es eine 400-fach höhere Aktivität auf als humanes Calcitonin und war viermal so potent wie Lachs-Calcitonin – bisher einzigartig. Das hochaktive synthetische Hormon wird im Körper viel langsamer abgebaut als seine natürlichen Vettern – die Folge einer Besonderheit im Molekülbau. Das Tübinger Forscherteam hat seine Kunst-Calcitonine mitten im Molekül zu einem Ring geschlossen. Dadurch werden sie für Abbau-Enzyme zu äußerst schwerverdaulicher Kost. Medikamente, die diesen Effekt nutzen, müßten nicht mehr so häufig eingenommen werden wie die heutigen. Bis Rita K. allerdings von Präparaten mit dem neuen Wirkstoff profitieren kann, vergehen noch mindestens fünf Jahre. Erst müssen die Analoga noch im klinischen Versuch getestet werden.

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