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AZUBIS AUS STAHL

Technik|Digitales

AZUBIS AUS STAHL
Eine neue Generation von Industrierobotern reift heran. Sie sind selbstständiger und können planen. Einige von ihnen werden bald Kollegen des Menschen sein.

Mit hoher Präzision Produkte herstellen, das kann eine Werkzeugmaschine. Aber sie macht keinen einzigen Handgriff, wenn sie nicht zuvor entsprechend programmiert wurde. Ganz anders soll die Maschine von Christoph Ertelt sein, Maschinenbauingenieur und Doktorand am Lehrstuhl für Produktentwicklung der Technischen Universität München. Denn Ertelt rüstet sie mit kognitiven Fähigkeiten aus. Sie wird ihre eigenen Fähigkeiten und deren Anwendung kennen, sie wird lernen und sich selbst programmieren können. Dabei hat Ertelts Werkzeugroboter nicht einmal einen Kopf, wie seine dem Menschen nachempfundenen Kollegen – humanoide Roboter à la Asimo & Co (bdw 4/2009, „Die Menschenversteher“ ).

Der schlaue Roboter ist Teil der „kognitiven Werkstatt“, eines Projekts des Münchner Exzellenzclusters Cognition for Technical Systems (CoTeSys). „Stellen Sie sich den Betrieb eines Handwerksmeisters mit verschiedenen Maschinen vor“, sagt Ertelt. Dort können sehr viele unterschiedliche Teile einzeln hergestellt werden. Dieselbe Vielfalt will der Forscher nun auch in der Uni-Werkstatt realisieren. Ausgehend von digitalen Vorlagen oder Modellen aus Ton sollen maschinelle Wesen in fünf bis zehn Jahren unterschiedlichste Bauteile herstellen, auch in kleiner Stückzahl: Fahrwerksteile für Prototypen von Fahrzeugen, Maschinen oder Elektrogeräten, hochgradig integrierte Ventilblöcke und nicht mehr lieferbare Ersatzteile. Und das alles in der gleichen Qualität, wie man sie von einer Meisterwerkstatt erwartet, verspricht Christoph Ertelt – und mit derselben wirtschaftlichen Effizienz wie bei der Fertigung am Fließband.

Zuckende Fräsbahnen

„Ein Plan zum Ausfräsen einer rechtwinkligen Vertiefung mit Kanten definierter Länge lässt sich mit unserem System per Computer bereits erstellen“, erklärt der Münchner Ingenieur, der selbst die Software dafür geschrieben hat, und startet das Programm. Das dreidimensionale Modell einer Mulde ist grün auf dem Bildschirm zu sehen. Die rote Umrisslinie einer schmalen Fräsbahn zuckt tastend über den Monitor und verändert dabei ständig ihre Länge. Sobald die Linie eine Orientierung gefunden hat, bei der sich ein Teil maximaler Größe aus dem Rohmaterial entfernen lässt, wird die Bahn fixiert. Ausgehend von ihrem Endpunkt blinkt die nächste Umrisslinie auf.

Die Maschine testet mehrere Möglichkeiten und entscheidet sich für die effektivste. Nach und nach wird so ein Arbeitsplan erstellt. En Lern-Algorithmus erfasst Kombinationen aufeinander folgender Schritte und speichert sie für kommende Aufgaben. Durch Übersetzen der Arbeitsschritte in Steuerbefehle soll der Roboter später sein eigenes Programm erzeugen. „Das Wissen zum Erstellen von Arbeitsplänen ist in der sogenannten Gestaltungsgrammatik enthalten, die aus Vokabeln und Regeln besteht“, erklärt Ertelt. Die Vokabeln beschreiben die unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten der Werkzeuge. Die Regeln geben vor, welche Operationen zulässig sind. Ob sie für einen Arbeitsvorgang sinnvoll sind, entscheidet die intelligente Werkzeugmaschine selbst. Aufwendige Sicherheitsvorkehrungen sind für den Roboter nicht erforderlich, da er nicht um sich schlagen kann – im Gegensatz zu seinen einarmigen Kollegen, die bereits zigtausendfach an Fertigungsstraßen, etwa bei Automobilherstellern, ihre Arbeit verrichten. Doch auch diese Industrieroboter sollen künftig lernen und planen können.

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So sieht es heute in einer Fertigungshalle für Autos aus: Schutzgitter grenzen den Arbeitsbereich ein, in dem ein Fahrgestell steht. Es ist umgeben von zwölf einarmigen Robotern, die Schweißarbeiten verrichten. „Zutritt verboten“, mahnt ein Schild. Warum, das zeigt ein Crashtest des ADAC: Mühelos zerschlägt dabei ein Roboterarm eine Kokosnuss. Mit der gleichen Kraft könnte er den Schädel eines unvorsichtigen Arbeiters zertrümmern. Die Einarmigen zum Kollegen des Menschen zu machen, ist dennoch sinnvoll. Denn Maschine und Mensch ergänzen sich ideal: Während ein Roboter unermüdlich mit hohem Tempo und stets gleicher Präzision arbeitet und je nach Bauart über enorme Kräfte verfügt, besitzt ein menschlicher Arbeiter das notwendige Augenmaß, das Reaktionsvermögen und die Flexibilität, um mit wechselnden Arbeitsbedingungen zurechtzukommen.

„Die Kriterien, nach denen Menschen und Roboter zusammenarbeiten können, sind genau festgelegt“, sagt Peter Heiligensetzer, Geschäftsführer des Augsburger Automatisierungstechnik-Unternehmens MRK-Systeme. So darf ein Roboter schwere Bauteile bewegen und in Position bringen, während der Mensch die Montage vollendet. Voraussetzung: Die Armbewegungen der Maschine sind auf eine Geschwindigkeit von 25 Zentimeter pro Sekunde beschränkt, und der Werker signalisiert ständig sein Einverständnis mit den Aktionen des Roboters, indem er einen Zustimmknopf gedrückt hält. Auch ohne diese permanente Zustimmung und ohne Schranken, die den stählernen Knecht umgeben, kann der Roboter mit Menschen kooperieren, wenn seine Leistung auf 80 Watt und seine statische Kraft auf 150 Newton begrenzt sind.

Prototypen solcher Roboter werden bereits bei einem Autozulieferer in Oberbayern eingesetzt, um Maschinen mit Einzelteilen zu bestücken. Ein Mitarbeiter bereitet dabei zunächst die Werkstücke vor, die dann ein Roboter weiter bearbeitet, etwa durch Schweißen. Der Mann hat beide Hände frei für seine Aufgaben, denn er braucht keinen Zustimmschalter zu drücken. Die Maschine arbeitet dennoch zügig und ohne Leistungsbegrenzung. Allerdings ist es sehr wichtig, dass die Arbeitsbereiche von menschlichem und stählernem Werker streng voneinander getrennt werden.

„Statt Eisengittern sorgen virtuelle Wände für die geforderte Sicherheit“, sagt Rüdiger Frank, Produktmanager bei der Firma Pilz in Ostfildern bei Stuttgart, die mit dem „Safety-Eye“ ein sicheres Überwachungssystem entwickelt hat. Eine Sensoreinheit mit drei Kameras erzeugt ein dreidimensionales digitales Bild des Arbeitsraums, in dem sich per Software mehrere Zonen definieren lassen, die den Arbeitsbereich des Roboters umgeben. Wenn sich ein Arbeiter aus Fleisch und Blut dem Refugium des Automaten nähert und die Warnzone betritt, bewegt sich der Roboterarm mit stark reduzierter Geschwindigkeit. Sobald sein menschlicher Kollege auch in die enger gefasste Schutzzone eindringt, stoppt der Roboter augenblicklich seine Bewegungen.

Blaue Flecken sind erlaubt

Leichte Schürfwunden und blaue Flecken sind nach Angaben des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung das Äußerste, was ein Roboter einem Menschen zufügen darf, wenn beide unabhängig voneinander in überlappenden Bereichen kooperieren sollen. „Welche Kräfte maximal auf einen menschlichen Körper einwirken dürfen, damit keine schweren Verletzungen auftreten, ist bekannt“, sagt Heiligensetzer, dessen Unternehmen MRK-Systeme einen Kleinroboter des Augsburger Herstellers Kuka Robotics so modifiziert hat, dass eine Kooperation von Mensch und Maschine ohne Blessuren möglich ist. Der stählerne Werker ist mit einem Näherungssensor ausgestattet, der die Bewegungen stark verlangsamen kann. Berührt ein Mensch den Roboterarm, erkennen taktile Sensoren in der umhüllenden Schaumstoffschicht das sofort – und der Arm wird angehalten. Viele Industriebetriebe haben schon Interesse an dem rücksichtsvollen Automat signalisiert, der bald in Serie gehen soll.

Auch die Programmierung der Bewegungsabläufe von Industrierobotern ist eine Herausforderung für die Konstrukteure. Die nötigen Bewegungen können sehr komplex sein, zum Beispiel wenn ein einarmiger Werker Fahrgestelle für Autos zusammenschweißen soll. Dazu muss er aus der Ruheposition auf verwinkelten Wegen zu den Schweißstellen gelangen. Dort hat der Roboterarm mehrfach gewundene Schweißbahnen anzubringen, bevor er in die Ruheposition zurückfahren kann. Ein bis zwei Tage dauert es, bis ein Experte den kompletten Bewegungsablauf in einem Algorithmus beschrieben hat, der aus mehreren Hundert Programmierschritten bestehen kann. Dieser Aufwand lohnt sich nur, wenn es um die Herstellung hoher Stückzahlen geht. Bei kleinen und mittelgroßen Firmen sind die gefertigten Mengen jedoch meist viel kleiner – und die Werkstücke, die zu produzieren sind, wechseln häufig. Daher rentierte sich der Einsatz der immer wieder neu zu programmierenden Roboter für solche Unternehmen bisher meist nicht.

Lenkstange für den Roboter

Am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart haben Forscher im Rahmen des europäischen Verbundprojekts SMErobot (SME: Small and Medium sized Enterprises) in Zusammenarbeit mit Herstellern wie Kuka Robotics nun ein Verfahren entwickelt, mit dem Facharbeiter einen Roboter schnell programmieren können. Die dazu nötige einmalige Einweisung dauert nur wenige Stunden. Mit einem U-förmig gebogenen Lenker am stählernen Arm lässt sich der Roboter in beliebige Richtungen bewegen. Jede Richtungsänderung der Bahnkurve wird durch Drücken eines Programmierknopfs markiert. Eine Software verwandelt die Positionsdaten in Bewegungsanweisungen, die der Arbeiter auf einem Bildschirm nachbearbeiten kann. „Zentrales Element bei dieser intuitiven Programmierung ist ein Kraft-Momenten-Sensor“, erklärt Martin Hägele, Abteilungsleiter für Robotersysteme beim IPA. „Kräfte, die auf den Sensor wirken, werden über Dehnungsmessstreifen in elektrische Signale verwandelt, die die Bewegung des Roboters steuern.“

Ohne einen solchen Sensor soll eine Vorrichtung zur intuitiven Programmierung funktionieren, die Ingenieure bei Kuka entwickeln. Sie sieht aus wie eine Schweißpistole, an der ein kleiner berührungsempfindlicher Monitor befestigt ist. Kameras im Arbeitsbereich ermitteln ständig Position und Orientierung dieses Zeigegerätes. Ein Algorithmus erfasst die Messwerte als Punkte einer Bahnkurve. „Die Verwendung einer Werkzeugattrappe ist ein sehr schnelles Verfahren, um einem Roboter beizubringen, was er tun soll“, sagt der Systemwissenschaftler Christian Meyer, der in Hägeles Abteilung zusammen mit seiner Kollegin Rebecca Hollmann die Programmierung per Kraft-Momenten-Sensor entwickelt hat. „ Führt man den Roboter zum Programmieren per Hand, kann es länger dauern, weil der stählerne Arm eine träge Masse hat, die man bewegen muss.“ Beim Verwenden des Zeigeinstruments könnten allerdings Probleme auftreten, wenn die Umgebungsbedingungen den Einsatz von Kameras erschweren. Und es könnte schwierig werden, wenn sehr komplexe Werkstücke zu bearbeiten sind oder wenn das Roboterwerkzeug in die Werkstücke hineingebracht werden muss. „ Führt man den Roboter beim Programmieren, kann man dagegen sicher sein, dass der gewählte Bewegungsablauf ohne Kollisionen erfolgt“ , erklärt Christian Meyer.

„Move faster“, „reduce speed“, „do nothing“ – „Sprachbefehle erleichtern die intuitive Programmierung einer Bewegung“, sagt Software-Ingenieurin Rebecca Hollmann. Zur Umsetzung der verbalen Anweisungen übersetzt sie ein Spracherkennungsprogramm in digitale Codes. Diese werden an einen Server geleitet, der die Aktionen steuert. Um Missverständnisse auszuschließen, ist der Befehlsumfang auf wenige einfache Kommandos begrenzt. „Sorry, I did not understand“, meldet sich die Maschine, falls sie mit einer Instruktion nicht klar kommt. Eine Bewegung vollständig verbal zu programmieren sei aber nicht sinnvoll, sagt Hollmann. Denn es gehe viel zügiger vonstatten, wenn man der Maschine durch Führen die Bewegung vormacht. Sich schnell an diverse Aufgaben anzupassen und sehr unterschiedliche Werkzeuge benutzen zu können – das sind übliche Anforderungen an einen Facharbeiter. Auch intuitiv programmierbare Roboter müssen dazu künftig in der Lage sein.

Einstecken und loslegen

„Plug and Produce“ – „einstecken und produzieren“ – heißt die Devise, nach der die Forscher im Projekt SMErobot Möglichkeiten zur flexiblen Nutzung der pfiffigen Helfer entwickelt haben. Ausgerüstet mit Schnellkupplungen für verschiedene Greifer sowie mit universellen Werkzeughaltern für Bohr- und Fräsmaschinen oder Sprühpistolen können die neuartigen Roboter unterschiedlichste Aufgaben erledigen. Und sie haben besonders bewegliche Arme. Speziell für kleine und mittlere Betriebe entwickeln die Forscher Roboter, die sehr leicht sind und sich daher mühelos zwischen verschiedenen Arbeitsstationen transportieren lassen. Mehrere mittelständische Unternehmen der Metall- und Holzverarbeitung erproben derzeit Prototypen von intuitiv programmierbaren Robotern.

„In ein bis zwei Jahren werden die Systeme Serienreife haben“, prophezeit Fraunhofer-Forscher Hägele. Bis dahin gibt es noch viel für die Entwickler zu tun. Denn auch wenn die Lehrsysteme für Roboter im Labor anstandslos funktionieren, können Staub oder Lärm am Arbeitsplatz es erforderlich machen, die Sensoren für die Sicherheitsüberwachung oder das Modul für die Spracheingabe anzupassen. „Ist der Roboter programmiert, bedeutet das nicht, dass er immer stur die vorgegebene Bahn einhalten muss“, betont Rebecca Hollmann. So lassen sich Schweißroboter mit einem Sensor zur Nahtverfolgung ausrüsten, der kleine Unterschiede in der Geometrie der Werkstücke erkennen kann. Und ein Roboter des japanischen Herstellers Fanuc tastet die Orientierung der Gegenstände vor ihrer Bearbeitung ab und berechnet automatisch Abweichungen von der üblichen Gestalt in die programmierte Bahn ein. Schweißroboter werden künftig sogar lernfähig sein. „Durch Vergleichen von Bewegungsabläufen soll die Maschine erkennen, welche Punkte der Bahnkurve eine Schweißnaht definieren“, sagt Hollmann. „Gleichzeitig soll sie Vorgaben für die Schweißgeschwindigkeit und den Energiefluss machen.“

„Wenn die Technik serienreif ist, werden wir sie auch einsetzen“, betont Paul Treffler junior, Chef der Schlosserei Maschinenbau Treffler im schwäbischen Pöttmes-Echsheim. Dort fügt der Prototyp des intuitiv programmierbaren Schweißroboters vom IPA probeweise Metallbauteile zusammen. Was den mittelständischen Unternehmer überzeugt hat: „Durch den Einsatz des Roboters konnten wir unsere ohnehin hohe Produktqualität noch einmal steigern.“ Weitere Vorteile sieht Treffler in der kostengünstigeren Produktion, die sich leicht ausweiten lässt, und in dem verbesserten Gesundheitsschutz. Denn seine Mitarbeiter sind beim Schweißen giftigen Dämpfen und intensiver UV-Strahlung ausgesetzt. Als Arbeitsplatzvernichter werde sich der neue maschinelle Helfer aber in seinem Betrieb nicht erweisen, meint Paul Treffler. Vielmehr hofft der Unternehmer, durch den Einsatz des Roboters mehr junge Menschen für das Metallhandwerk begeistern zu können – und dadurch Nachwuchskräfte anzulocken.

Ein steigendes Interesse von kleinen und mittelständischen Betrieben an Robotern beobachtet Heinz Fritsche von der Vorstandsverwaltung der Gewerkschaft IG-Metall. Was den Mitarbeiter im IG-Metall-Ressort Arbeits- und Gesundheitsschutz besonders für den Einsatz der Automaten einnimmt: „Die Maschinen können Arbeiten ausführen, die sehr verletzungsträchtig sind oder so stupide, dass man sie keinem Menschen zumuten sollte.“ Und sie eignen sich für körperlich anstrengende Aufgaben, wodurch sie ältere Arbeitnehmer unterstützen können. Natürlich bestehe die Gefahr, dass Arbeitskräfte entlassen werden, meint der Gewerkschafter, doch die neue Technologie biete auch gute Perspektiven. So ergäben sich für Arbeitnehmer zusätzliche Qualifizierungsmöglichkeiten, und die wachsende Nachfrage nach Robotern könnte sich bei den Herstellern der Automaten als Jobmotor erweisen.

Entlastung statt Konkurrenz

„Im Karosseriebau in der Automobilindustrie haben wir bereits einen Automatisierungsgrad von 95 Prozent erreicht und erwarten durch neue Robotertechnologien keine wesentliche weitere Steigerung“, stellt Stephan-Markus Baginski fest, Leiter der Abteilung für Anlagen- und Steuerungstechnik im Karosseriebau bei der BMW Group in München. In der Fahrzeugmontage dagegen ist die Zusammenarbeit von Menschen und Robotern im gleichen Arbeitsraum noch ausbaufähig. Doch der Abbau von Arbeitsplätzen ist auch bei dem bayerischen Automobilkonzern kein Thema. „Für uns ist es wichtig, dass unsere Mitarbeiter gesund bleiben. Daher setzen wir Roboter ein, um sie bei körperlich anstrengenden Arbeiten zu entlasten“, sagt Baginski.

Wie sich die Beschäftigungssituation entwickeln könnte, wenn Roboter auch in kleinen und mittelgroßen Betrieben arbeiten, verrät eine Studie des Karlsruher Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI), die 2006 veröffentlicht wurde. Ihr beruhigendes Ergebnis: Automatisierung ist nicht zwangsläufig mit dem Verlust von Arbeitsplätzen verbunden. Die ISI-Forscher stellten im Mittel sogar eine stärkere Zunahme der Beschäftigten fest, wenn in einem Unternehmen Roboter mit am Werk waren. Die Interpretation dieses Resultats deckt sich mit der Hoffnung von IG-Metall-Experte Fritsche: Die durch den Robotereinsatz verbesserten Produktionsbedingungen ermöglichen es, neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Der Bedarf an Robotern ist groß. So ließe sich in kleinen Betrieben mit unter 50 Mitarbeitern bis hin zu Großunternehmen der Einsatz von Robotern um durchschnittlich zehn Prozent steigern, falls die emsigen Helfer den technischen und wirtschaftlichen Anforderungen genügen. Während der Robotereinsatz in Betrieben, die Produkte in Großserie herstellen, über 50 Prozent liegt, setzt in der Einzel-, Klein- oder Mittelserienfertigung bislang nur etwa jeder fünfte Firma auf eine robotische Mitarbeit. Die technisch komplexen Automaten haben also noch ein großes Potenzial. ■

Klaus Wagner ist freier Autor und Fotograf in München. Mit diesem Beitrag gibt er sein Debüt in bild der wissenschaft.

von Klaus Wagner

Aufmarsch der Automaten

Die 1980er-Jahre waren das Jahrzehnt der Roboter: Die maschinellen Werker eroberten viele Werkshallen, vor allem im Automobilbau. 1990 rackerten weltweit bereits fast eine halbe Million Industrieroboter. Seither hat ihre Zahl stetig weiter zugenommen. Bis 2011 wird sie nach Prognosen der International Federation of Robotics auf rund 1,2 Millionen steigen (links oben). Treiber ist vor allem Europa: Während die Zahl der neu installierten Roboter in Asien seit Jahren sinkt und in Amerika stagniert, werden in Europa immer mehr Industrieroboter aufgestellt (links unten). Gegenüber asiatischen Ländern haben die Unternehmen in Europa jedoch noch mächtig aufzuholen: Während in Japan fast 300 Industrieroboter je 10 000 Industriebeschäftigten arbeiten, sind es in Deutschland nur gut halb so viele (rechts oben). Nutzer der Industrieroboter sind bislang vor allem Unternehmen aus der Automobilbranche, gefolgt von der Chemischen Industrie (rechts unten).

Kompakt

· Roboter sollen künftig nicht nur in Großbetrieben, sondern auch in vielen kleineren Unternehmen zum Einsatz kommen.

· Dazu müssen die Automaten flexibler werden und sich einfach und schnell in neue Tätigkeiten einweisen lassen.

· Experten sind davon überzeugt, dass die neuen Industrieroboter zu keinem Schwund von Arbeitsplätzen führen.

Mehr zum Thema

Lesen

Daniel Ichbiah Roboter Geschichte – Technik – Entwicklung Knesebeck, München 2005, € 35,–

Alois Knoll, Thomas Christaller Robotik Fischer Taschenbuch Frankfurt am Main 2003, € 8,90

Internet

Statistiken und Analysen von der International Federation of Robotics: www.worldrobotics.org

Arbeitsgebiet Robotersysteme am Fraunhofer IPA, Stuttgart: www.ipa.fraunhofer.de/robotersysteme

Münchner Exzellenzcluster „Cognition for Technical Systems“ (CoTeSys): cotesys.in.tum.de

Forschungsinitiative „SMErobot“: www.smerobot.org/deutsch

„Neue Kundengruppen für Industrieroboter“ – Studie des Fraunhofer ISI, Karlsruhe: www.isi.fhg.de/i/dokumente/pi38.pdf

DLR-Institut für Robotik und Mechatronik: www.dlr.de/rm

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