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Der Pythagoreer

Allgemein

Der Pythagoreer

Ich mag keine Bohnen – weder weiße noch braune, weder Stangenbohnen noch Saubohnen, weder Bohnensuppe noch Bohnensalat. Und trotzdem habe ich den Bohnen – genauer gesagt: meiner Abneigung gegen Bohnen – die Bekanntschaft mit einem seltsamen Geheimbund zu verdanken. Im letzten Sommer machte ich ein paar Tage Urlaub in dem Städtchen Bernalda am Golf von Tarent in Süditalien. Ich bin kein Freund antiker Trümmerfelder. Dennoch besichtigte ich die in der Nähe des Orts liegenden Ruinen der Stadt Metapont, die vor fast 3000 Jahren von den Griechen gegründet wurde. Nachdem ich eine Stunde lang durch die Mauerreste spaziert war, entdeckte ich in der Nähe des Ruinenfelds ein kleines Restaurant. Ich ging hinein. Obwohl es Mittagszeit war, saß nur ein einziger Gast in dem Lokal und trank ein Glas Wein. Ich setze mich, und der Wirt kam an meinen Tisch. Er empfahl mir Fagioli al forno, Fagioli all’uccelletto, Pasta e fagioli und noch ein halbes Dutzend anderer Bohnengerichte. „ Haben Sie nur Bohnen? Ich esse keine Bohnen“, radebrechte ich auf italienisch. Der Wirt sagte, er könne mir eine Portion Spaghetti alla carbonara machen, doch es würde ein paar Minuten dauern. Ich war einverstanden. Nach einer halben Stunde saß ich aber immer noch vor einem leeren Tisch. Aus lauter Langeweile spielte ich mit den Streichhölzern herum, die ich auf dem Tisch fand, und legte sie gedankenlos zu einer Figur aus. Ich spürte, wie der andere Gast mich beobachtete. Nach einer Weile kam er an meinen Tisch und sagte in hervorragendem Deutsch: „Mein Name ist Pugno. Gestatten Sie, dass ich mich setze?“ „Bitte sehr“, erwiderte ich. Dann fragte er: „Sind Sie einer von uns?“ „Wie bitte?“ Ich wusste nicht, was er meinte. Signor Pugno erklärte mir, dass er zum Bund der Pythagoreer gehöre, dessen Gründer Pythagoras hier in Metapont vor über 2500 Jahren gelebt habe. Pythagoras habe den Verzehr von Bohnen verboten, und darum äße auch heute noch kein Pythagoreer Bohnen. Weil ich keine Bohnen essen würde und aus Streichhölzern ein pythagoreisches Dreieck gelegt hätte, habe er vermutet, dass ich Pythagoreer sei. „Ich habe immer geglaubt, dass der Bund der Pythagoreer nach Pythagoras‘ Tod nicht weiter bestand“, sagte ich. „Keineswegs“, erwiderte Signor Pugno. „Wir haben nur im Verborgenen weitergelebt.“ Dann erzählte er mir von der Lehre und dem Leben der Pythagoreer. „Der Kern unserer Philosophie lautet: ‚Alles ist Zahl. Pythagoras wendete ihn auf das Leben, die Musik, die Astronomie und die Geometrie an. Schauen Sie sich Ihr Dreieck an.“ Dabei wies er auf meine Streichholzfigur. „Es ist rechtwinklig, und alle drei Seiten sind ganzzahlig. Solche Dreiecke nennt man pythagoreische Dreiecke. Ihr Dreieck hat sogar noch eine weitere besondere Eigenschaft.“ Er nahm einige Streichhölzer und legte sie in mein Dreieck. „Es lässt sich nämlich durch eine zusätzliche Linie in zwei pythagoreische Dreiecke unterteilen.“ Ich war überrascht. „Gibt es noch mehr pythagoreische Dreiecke mit dieser Eigenschaft?“, fragte ich. „Unendlich viele“, sagte er. „Aber versuchen Sie doch einmal, das pythagoreische Dreieck mit dem kleinsten Flächeninhalt zu finden, das sich in vier pythagoreische Dreiecke unterteilen lässt.“ Natürlich gelang es mir nicht. Wissen Sie, wie lang die Hypotenuse dieses von Signor Pugno geforderten Dreiecks ist?

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Teilnehmen kann jeder, außer den Mitarbeitern des Verlags und deren Angehörigen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Schicken Sie bitte Ihre Lösung (ausschließlich!) auf einer Postkarte bis zum 30. November 2009 an:

bild der wissenschaft, Kennwort „Cogito 11|09″

Ernst-Mey-Str. 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen

Die Lösung und die Namen der Gewinner werden im Februar-Heft 2010 auf der Leserbrief-Seite veröffentlicht.

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Unter den Einsendern der richtigen Lösung werden ein Hauptgewinn und fünf Bücher ausgelost. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Hauptgewinn ist das „Diadem 3,6 x 12″ von Zeiss. Das leichte und lichtstarke Fernglas eignet sich gut für unterwegs. Kulturelle Events holen Sie damit nah heran, selbst wenn Sie nicht in der ersten Reihe sitzen. Und mit dem eleganten Design können Sie sich auch in der Oper sehen lassen. Buchpreis ist „Darwins Traum“ von Adolf Heschl. Darin erklärt der Zoologe von der Universität Graz die Entstehung des menschlichen Bewusstseins. Er berichtet anschaulich über die Evolution und Verhaltensbiologie der Primaten und über neue Erkenntnisse aus Psychologie, Ökologie und Genetik. Sogar die Religion lässt sich im Licht der Biologie verstehen. Weitere Informationen: www.wiley-vch.de

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