Forscher behaupten, Homosexualität lasse sich am Bewegungsmuster erkennen. Was halten Sie davon?
Solche Studien sind problematisch, weil dabei oft unbewusste Vorurteile der Forscher eine Rolle spielen. Es gibt eine lange wissenschaftliche Tradition, Homosexuelle zu pathologisieren. Homosexualität als vermeintlich normabweichende Orientierung wird als erklärungsbedürftig hingestellt. Meine Erfahrung ist: Es gibt eine große Verhaltensbandbreite. Auf der einen Seite kenne ich viele ultramaskuline Homosexuelle, auf der anderen Seite gibt es auch viele Hetero-Männer, die ziemlich tuntig wirken. Der schlichte Gegensatz männlich–weiblich hilft nicht weiter.
Angeblich wird das nonkonforme Verhalten von Schwulen mit den Jahren stärker.
Das bezweifle ich. Viele Homosexuelle sind „überangepasst“ und wollen nicht auffallen, um als gleichwertiges Mitglied der Gesellschaft akzeptiert zu werden.
Die Diskussion kreist meist um homosexuelle Männer. Wie sieht es mit lesbischen Frauen aus?
Frauen scheinen es etwas leichter zu haben. Fallen sie aus der Rolle, wird das eher akzeptiert. Die Aggressionen gegen-über Schwulen sind größer. Insgesamt stehen lesbische Frauen weniger im Fokus – sie tauchen auch in den Medien und in der Wissenschaft weniger auf. Diese fehlende Präsenz kann man beklagen. Andererseits ist es für schwule Männer müßig, immer wieder die Frage nach dem Wie und Warum beantworten zu müssen.