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Die Pille für Kaninchen

Allgemein

Die Pille für Kaninchen
Ein Empfängnisverhütungsmittel, das über einen Virus verbreitet wird, soll die Kaninchen-Plage in Australien eindämmen.

Gegen das Heimweh hatte sich der Siedler Thomas Austin ein paar Kaninchen aus England mitgebracht. Das Leben als Viehzüchter war hart, und so wollte er wenigstens zum Vergnügen in seinen freien Stunden jagen, wie er es aus seiner Heimat gewohnt war. Daß er damit eine ökologische und ökonomische Katastrophe auslösen würde, konnte er damals – im Jahre 1859 – nicht ahnen. Die Kaninchen vermehrten sich ungehindert, denn sie hatten keine natürlichen Feinde. 20 bis 100 Kilometer weit pro Jahr breiteten sie sich über den australischen Kontinent aus – schneller als jedes andere Säugetier mit Ausnahme des Menschen.

Bis heute sind alle Versuche zur Eindämmung der Plage fehlgeschlagen. Die Kaninchen kosten die australische Landwirtschaft jährlich etwa 800 Millionen Mark, wie das International Wool Secretariat in Melbourne errechnete. Jetzt gibt es Hoffnung, der Plage endlich Herr zu werden. Die Forscher vom Vertebrate Biocontrol Centre (VBC) in Canberra tüfteln an einem Virus, der gentechnisch so verändert wurde, daß infizierte Kaninchen keinen Nachwuchs mehr bekommen.

Der Anti-Baby-Virus würde den Tieren keinen weiteren Schaden zufügen und wäre etwa sechs Monate wirksam – lange genug, um die Populationen zum Schrumpfen zu bringen. „Wir glauben, endlich eine humane und effektive Methode gefunden zu haben, um die Probleme durch eingeschleppte Tiere in den Griff zu bekommen“, erklärt Dr. Lyn Hinds, stellvertretende Forschungsdirektorin des VBC und verantwortlich für das Projekt.

Allerdings sind die Forscher noch weit davon entfernt, ihre neue Waffe außerhalb des Labors zu testen: Frühestens für das Jahr 2005 sind Feldversuche geplant. Vorher müssen die Risiken sorgfältig abgewogen werden. „Uns ist bewußt, daß unsere Arbeit eine nationale und internationale Diskussion hervorrufen wird“, sagt Hinds.

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Kritische Stimmen sind schon laut geworden: Ian Anderson vom Wissenschaftsjournal New Scientist hat sich bei anderen Forschergruppen umgehört und warnt vor den Risiken eines gentechnisch veränderten Virus. „Ein solcher Virus sollte nie freigesetzt werden. Wenn durch natürliche Mutationen auch andere, etwa einheimische Tiere infiziert würden, gäbe es eine ökologische Katastrophe.“ Kritiker befürchten auch, daß ein solcher Virus in Erdteile verschleppt werden könnte, wo Kaninchen zur natürlichen Fauna gehören und teilweise, wie einige wilde Arten in Amerika, sehr selten geworden sind.

Weltweit arbeiten Forscher an neuen Methoden zur Empfängnisverhütung – zur Kontrolle von Tierpopulationen, aber auch für die Anwendung beim Menschen. Viele der Ansätze laufen auf eine Art Impfung hinaus: Dem Organismus wird ein Eiweiß injiziert, das auch in der Hülle der Eizelle vorkommt. Als Immun-Antwort werden Antikörper gebildet, um das vermeintlich fremde Protein zu neutralisieren. Die Antikörper werden über lange Zeit ins Blut und auf die Schleimhäute abgegeben, um beim Erkennen eines Eindringlings sofort Alarm schlagen zu können. Spermien können dadurch nicht mehr an der Eizelle andocken, weil ihre Andockstellen bereits von Antikörpern belegt sind.

Das Neue am australischen Ansatz ist die Verwendung eines Virus als Transportmittel für den Impfstoff. Damit wären teure und im weitläufigen Au- stralien ineffiziente Kampagnen mit Impfstoff-Ködern unnötig. Hauptvorteil der Impfung ist jedoch die schnelle Verbreitung der Viren. Kaninchen leben in Gruppen zusammen und würden sich gegenseitig schnell anstecken. Somit dürfte es nicht lange dauern, bis der Anti-Baby-Virus sich über den Kontinent verbreitet und viele Kaninchen unfruchtbar gemacht hat. Studien besagen, daß die Population erst dann dauerhaft schwindet, wenn 80 Prozent der weiblichen Tiere unfruchtbar sind.

Doris Schröder

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