Behutsam kommt das neue Buch von Eberhard Zangger daher. Fast flehentlich wirbt er für eine neue Sicht der Archäologie. Dabei gebricht es dem Enfant terrible der deutschen Archäologie nicht an Selbstbewußtsein. Und recht hat er auch noch – zumindest in seiner Mängelanalyse der urdeutschen Wissenschaft Archäologie: zuviel Dogma, wo doch jeder weiß, wieviel Interpretation gerade in dieser Disziplin steckt. Zuviel Detailwissen, wo doch endlich einmal eine Zusammenschau nötig wäre. Das gilt besonders – und das ist Zanggers Hauptthema – für die Frühgeschichte der Ägäis inklusive der sogenannten Dunklen Jahrhunderte. Denn diese Gegend und diese Zeiten haben die europäische Kultur geprägt wie keine andere. Und vieles davon ist bis heute unbekannt oder unklar.
Eberhard Zangger – Geoarchäologe amerikanischer Schule – nimmt seinen Leser mit auf eine Reise durch die Antike, deren Programm furchterregend kompakt ist: Die Ergebnisse eigener Forschung wechseln ab mit Ausgrabungsgeschichte, widerlegten Legenden, geschichtlichen Exkursen und den neuen technisch-physikalischen Möglichkeiten der modernen Archäologie. Die Zeitspanne reicht von der frühen Steinzeit bis zum Hellenismus.
Es geht dabei um brennende Fragen, etwa: Hat der Vulkanausbruch von Santorin die minoische Kultur vernichtet? (Nein.) Welche Rolle spielten Naturkatastrophen beim Untergang der mykenischen Kultur? (Keine.) Wie gingen die Menschen in der Antike mit ihrer Umwelt um? (Schlecht). Es bleibt kaum ein Thema ausgespart, und natürlich kommt Zanggers Spezialthema „Troja gleich Atlantis“ ausführlich und mit neuen Argumenten zur Sprache.
Das Buch ist eloquent geschrieben, der Leser hat sein Vergnügen und lernt nebenher einiges – zumindest, wie man strittige Dinge auch sehen kann. Die Fachkollegen werden sich an manchen Punkten reiben. Hoffentlich – denn Denkanstöße à la Zangger sind fruchtbar.
Eberhard Zangger DIE ZUKUNFT DER VERGANGENHEIT Archäologie im 21. Jahrhundert Schneekluth München 1998, 352 S., DM 44,-
Michael Zick / Eberhard Zangger