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GESICHT x [chirurgie]2

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GESICHT x [chirurgie]2
Operationen am Gesicht sind ästhetisch sehr sensibel. Mithilfe mathematischer Methoden können die Patienten schon vor dem Eingriff ihr neues Gesicht sehen.

Als Daniel Schmidt (Name geändert) zum ersten Mal sein neues Gesicht sah, war er davon sehr angetan. „Sieht gut aus!“, fand er, „schön symmetrisch.“ Daniel saß vor einem Computerbildschirm in der Münchner Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – und hatte noch sein altes Gesicht. Es war durch Fehlwuchs ins Ungleichgewicht geraten: der Unterkiefer zu wuchtig und vorstehend, der Oberkiefer ein Stück zu weit hinten. Mit 20 Jahren war Daniel ausgewachsen, die Zeit war gekommen, um seine Kiefer in die Balance zu bringen. Ein paar Tage später sah der Design-Student sein umgestaltetes Gesicht erstmals im Spiegel. „ Es hatte mir Sicherheit gegeben, schon vorher zu wissen, wie ich nachher aussehen würde“, sagt Daniel heute. „Ich musste mich nicht blindlings in die Hände der Ärzte begeben.“

Der Mann, dem Daniel diese Sicherheit zu verdanken hat, ist Peter Deuflhard, Jahrgang 1944, Mathematikprofessor an der Freien Universität Berlin, gebürtiger Oberbayer und einer der Gründer des Matheon (siehe Beitrag „Mathematisch, praktisch, gut“ ab S. 84). Er und seine Mitarbeiter haben ein Computerprogramm entwickelt, mit dem Gesichtschirurgen ihre Eingriffe in den ästhetisch sensibelsten Bereich des Körpers genau durchspielen können, samt Ergebnis. Dieses Programm hatte Daniels neues Gesicht vorausberechnet.

Das Rätsel der Wärme im Körper

Deuflhard beschäftigt sich schon seit Ende der 1980er-Jahre mit Medizin. Genauer gesagt: Die Medizin kam zu ihm – in Person des Krebsexperten Peter Wust von der Berliner Universitätsklinik Charité. Wust schlug die Brücke zwischen den Disziplinen. Er war in der Medizin zu Hause, hatte aber auch ein Diplom in Physik. Ihn beschäftigte die Frage: Wie breitet sich Wärme im menschlichen Körper aus? Das war wichtig für Wust, denn er behandelte Krebspatienten mit Mikrowellen. Dazu legten sich die Patienten in ein ringförmiges Gerät, dessen elektromagnetische Strahlung den Tumor bekämpfen sollte – und zwar nur den Tumor. Wust wollte das Gerät so einstellen, dass möglichst wenig gesundes Gewebe geschädigt würde. Das war schwierig, wie sich herausstellte. Das Gerät besaß acht Antennen und arbeitete mit Radiowellen, die in Wasser – also auch im menschlichen Körper – rund 30 Zentimeter Wellenlänge haben. Interferenzphänomene traten auf. An stofflichen Grenzen brachen und beugten sich die Wellen. An manchen Punkten verstärkten sie sich, dann löschten sie sich wieder aus – und ein Stück weiter verstärkten sie sich plötzlich wieder. Der Wellensalat verwirrte Wust. Er justierte und justierte. Doch mit Herumprobieren kam er nicht weit. Mit Rechnen auch nicht. Immer wieder wurde es an Stellen heiß, die eigentlich kühl bleiben sollten. Patienten klagten über Schmerzen, wo sie eigentlich keine hätten haben dürfen. Wust bestrahlte den Enddarm – dem Patienten tat es am Rücken weh. Wust war ratlos. Und ihm wurde klar: Er brauchte höhere Mathematik. Deuflhard schaute sich Wusts Berechnungen an – und sah, dass dieser in nur zwei Dimensionen gerechnet hatte.

Das schien ihm das Problem zu sein. Deuflhard entwickelte ein Programm, das räumlich rechnete. Man konnte es mit „virtuellen Patienten“ füttern – geometrischen Modellen von realen Patienten, generiert aus den Daten von Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT) und anderen Scannern. Jeder einzelne virtuelle Patient gibt genau die individuelle Verteilung der Körpergewebe wieder – Fett, Muskeln und Knochen – und deren physikalische Eigenschaften wie Elastizität und Wärmeleitfähigkeit. Deuflhard und seine Mitarbeiter forschten und entwickelten jahrelang. Mit Erfolg: Als Deuflhard die Bestrahlungen nachrechnete, fand er genau dort „Hot Spots“ („ Heiße Stellen“), wo die Patienten Schmerzen gespürt hatten. Es waren keine Simulanten. Ihr gesundes Gewebe war überhitzt.

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Digitaler Klon des Patienten

Die Berliner Mathematiker lernten, wie man dem Menschen mit Formeln zu Leibe rücken kann. Zunächst muss die Datengrundlage stimmen: Der virtuelle Patient muss den wirklichen Patienten getreu darstellen. Dann kommt der Schlüsselschritt, die mathematische Modellierung des physikalischen Prozesses. Das kann die Ausbreitung von elektromagnetischen Wellen sein oder die Ausbreitung von Wärme oder von irgendetwas anderem. Das Grundprinzip bleibt gleich. Die Gleichungen sind immer vom selben Typ: partielle Differenzialgleichungen. Deshalb brachte es Deuflhard auch nicht aus dem Konzept, als eines Tages ein Gesichtschirurg bei ihm im Büro stand: Robert Sader, der damals am Klinikum Rechts der Isar der TU München arbeitete (inzwischen ist er am Universitätsklinikum Frankfurt am Main). „Können Sie so etwas auch für den Kopf?“, fragte Sader. „Für den Mathematiker gibt es keinen Unterschied zwischen Unterleib und Kopf“, antwortete Deuflhard.

Knochen stutzen oder anstückeln

Bei näherem Hinsehen zeigte sich dann aber doch ein Unterschied. Der Kopf ist komplizierter gebaut als der Unterleib – auch aus mathematischer Sicht. Vor allem dort, wo der Unterkiefer eingehängt ist, wird es unübersichtlich. „Da mussten wir viel genauer hinschauen“, sagt Deuflhard. Genauer hinschauen bedeutet, dass die CT-Schnitte dichter gelegt werden müssen. Aus diesen zweidimensionalen Schnitten soll der Computer den dreidimensionalen virtuellen Patienten berechnen. Für so etwas gibt es die sogenannte Finite-Elemente-Methode, ein Werkzeug der numerischen Mathematik, mit dem Ingenieure täglich arbeiten (siehe Kasten oben „Der Trick mit den Finiten Elementen“). Aber der menschliche Körper ist nun mal keine Autokarosserie – er besteht aus ganz verschiedenen Geweben, die fließend ineinander übergehen. Die CT-Bilder liefern nur die Dichte des Gewebes an einer bestimmten Stelle. Ärzte brauchen jahrelange Übung, um zu erkennen, welches Gewebe dort liegt und wie die Grenzen zwischen den Geweben verlaufen. Um das dem Computer beizubringen, mussten die Mathematiker einen Weg finden, den Körper geschickt in Finite Elemente aufzuteilen.

Gemeinsam mit seinem Kollegen Florian Zeilhofer (heute am Universitätsspital Basel) kümmerte sich Sader um Menschen, deren Gesicht durch einen Unfall oder Fehlwuchs entstellt war. Einige hatten fast keinen Unterkiefer, andere einen viel zu großen. Sader und Zeilhofer behoben solche Fehler, indem sie die Knochen an manchen Stellen stutzten und an anderen Stellen anstückelten, teilweise um mehrere Zentimeter – tiefe Eingriffe in die Gesichtstopographie. Es ging um mehr als die bloße Funktion. Es ging auch um den Gesichtsausdruck.

Gut aussehen beim Kauen

Medizinisch hat Gesichtschirurgie wenig mit Krebsbehandlung und Wärmeverteilung zu tun. Aber mathematisch gesehen stellt sie eine ganz ähnliche Herausforderung dar. Wieder sind es partielle Differenzialgleichungen – nur andere. Es sind nicht mehr die Gleichungen der Thermodynamik und der Elektrodynamik, sondern die der Elastomechanik: Sie beschreiben die Verschiebung des Weichgewebes über den neu modellierten Knochen. Die Mediziner erkannten formale Ähnlichkeiten. Sie erhofften sich Hilfe von den Mathematikern, um schon vor der Operation sagen zu können, wie der Patient hinterher aussieht, und um den Eingriff entsprechend planen zu können. Bisher hatten die Chirurgen ihre Trockenübungen an Kunststoff-Modellen gemacht, die nach dem in der Industrie üblichen Rapid-Prototyping-Verfahren hergestellt wurden. Diese Modelle waren ziemlich ungenau und das Üben an ihnen weit entfernt vom Ernstfall im Operationssaal. Deuflhard flog also nach München, schaute sich die Arbeitsweise von Zeilhofer und Sader genauer an – und erkannte, dass ihm ein weiteres Problem im Weg stand: Ein Gesicht ist keine Maske, sondern ständig in Bewegung. Es reicht nicht, wenn jemand nur mit entspanntem Gesicht gut aussieht. Er muss auch noch gut aussehen, wenn er kaut oder lächelt.

Ziel: Gesichtsvorhersage

Nach einem halben Jahr hatten die Berliner Mathematiker die Sache rechnerisch so weit im Griff, dass sie den Münchner Medizinern bei der Operationsplanung helfen konnten. Eine eigene Breitband-Datenleitung wurde eingerichtet, über die Stefan Zachow, der maßgebliche Informatiker in Deuflhards Team, die Operationen mit den Chirurgen am virtuellen Patienten Schnitt für Schnitt durchgehen konnte. Aber das wichtigste Ziel war noch nicht erreicht: die Gesichtsvorhersage. Da wurde es knifflig. Die Grundgleichungen der Elastomechanik sind die Lamé-Navier-Gleichungen, formuliert im 19. Jahrhundert und Standardstoff für Studienanfänger der Physik und Ingenieurwissenschaften (siehe Kasten „Das elastische Gesicht“). Aber menschliches Gewebe fügt sich schlechter in die Formeln der Physik als Spiralfedern oder Gummizüge. Unter Spannung verändert es plötzlich seine stofflichen Eigenschaften, es verhält sich „ nichtlinear“, sagen Mathematiker. Das bedeutet, dass die Lamé-Navier-Gleichungen eine ziemlich komplizierte Form annehmen. „Wo die Mediziner vor Problemen standen“, sagt Deuflhard, „da standen auch wir vor Problemen, die noch nicht ausreichend untersucht waren.“

Man kann diesen Schwierigkeiten ausweichen und einfach so tun, als würde sich das Gewebe linear verhalten. Andere Simulationsprogramme gehen tatsächlich so vor: Sie modellieren das Gewebe, als sei es aus lauter winzigen Federn zusammengesetzt. Auch sie liefern hübsche Bilder, nur leider systematisch ungenaue. Der Unterschied mag nur Millimeter ausmachen. Aber das ist im Gesicht schon eine Menge. Die Berliner Mathematiker wichen nicht aus. Bis heute forschen Deuflhard und seine Mitarbeiter an der Klasse „nichtkonvexer Optimierungsprobleme“, auf die sie damals von den Medizinern gestoßen wurden. Deuflhards Mitarbeiter Martin Weiser fand nach langer Suche schließlich eine Methode, um die Gleichungen für die Gewebemodellierung schnell zu lösen.

Programme sind Gold wert

Auch in einer anderen Hinsicht haben die Berliner Mathematiker Terra incognita betreten: Sie wollen mit ihren Werken Geld verdienen. Für jedes haben sie eine eigene Firma gegründet, um es zu vermarkten – insgesamt sind es zwölf Firmen. Die Geschäftsmodelle unterscheiden sich: Bei der Krebstherapie zum Beispiel haben sie ihr fertiges Programm namens HyperPlan komplett an den Hersteller der Bestrahlungsgeräte verkauft – der daraufhin sogar seine Geräte umgestaltete, weil das Programm dann die Bestrahlungsergebnisse besser vorhersagte. HyperPlan ist ein recht einfaches Programm, nur eine halbe Million Zeilen lang. Facelab, das Programm für die Gesichtschirurgie, ist mit einer Länge von vier Millionen Zeilen deutlich aufwendiger. Die Mathematik-Unternehmer geben es lieber nicht aus der Hand – und wollen dafür sorgen, dass es ihnen niemand aus der Hand nimmt.

Nur, wie schützt man abstrakte Ideen vor unerwünschtem Zugriff, ohne sie ganz wegzuschließen? Für so etwas gibt es eigentlich Patente. Aber das ist Deuflhard nicht geheuer: „Da müssen Sie anonymen Gutachtern so viel preisgeben, und dann wissen Sie nicht einmal, ob Sie durchkommen.“ Also ließen die Berliner Wissenschaftler das Programm unpatentiert, publizierten nicht allzu detailliert darüber und bieten jetzt ihre Unterstützung bei der Operationsplanung und Gesichtsvorhersage als Serviceleistung für Mediziner an.

Daniel war einer der ersten Patienten, an deren Behandlung die Berliner Mathematiker von Beginn an beteiligt waren. Dazu musste sich der Design-Student zunächst „virtualisieren“ lassen: In München kam er in den Computertomographen, in Bonn wurden seine Gesichtskonturen mit einem Laserscanner abgetastet. Zwei Tage vor der Operation saß im Münchner Klinikum Rechts der Isar ein ungewöhnliches Team vor einem Computerbildschirm: der Patient Daniel, der Chirurg Zeilhofer und der Mathematiker Deuflhard. Gemeinsam schoben sie Kieferknochen hin und her. Daniel konnte mit dem Operateur genau besprechen, wie er nach dem Eingriff aussehen würde – bis dahin kaum denkbar. Die Mathematik lieferte die Grundlage. Der Operateur Zeilhofer führte das Messer allerdings später nicht in allen Details so, wie zuvor am Computer geplant. Als er während der Operation sah, dass beim Zurückschieben des Unterkiefers ein Nerv zu stark gestaucht werden könnte, folgte er seiner Erfahrung, verschob den Kiefer etwas weniger und rotierte ihn stattdessen. Aber im Wesentlichen erkannte Daniel hinterher im Spiegel, was er zuvor auf dem Monitor gesehen hatte. „Es hat ein paar Wochen gedauert, bis die Blessuren abklangen“, berichtet Daniel, „aber dann sah es genauso aus.“

Was ist ein schönes Gesicht?

So ein neues Gesicht ändert mehr, als man denkt. Daniel bekam den Rat, sich einen neuen Reisepass ausstellen zu lassen, weil er jetzt ja anders aussehe als auf dem Bild dort. Doch er wollte den alten Pass behalten. Heute, in der Zeit der biometrischen Pässe, wäre er um den Behördengang wohl nicht herumgekommen. „Am erstaunlichsten fand ich“, sagt Daniel, „wie unterschiedlich die Menschen auf die Veränderung reagiert haben.“ Manche bemerkten sie gar nicht, andere erkannten Daniel kaum wieder. Nach einer Weile verstand er den Grund: „Es gibt Leute, die erkennen andere am Profil“, erklärt er, „und es gibt Leute, die erkennen andere an der Frontalansicht.“ Von vorne gesehen hat Daniel sich kaum verändert, von der Seite hingegen deutlich.

Wenn ein Werkzeug gut funktioniert, steigen die Ansprüche. Deuflhard hat sich inzwischen nicht nur in die Physiologie, sondern auch in die Ästhetik des menschlichen Gesichts vertieft. „ Was ist ein schönes Gesicht?“ lautet die Titelfrage eines seiner meistgelesenen Aufsätze. Er versucht, die Antwort im Brückenschlag von der Mathematik zur Philosophie und Kunsttheorie zu finden. Bisher sind es bloße Gedankenspiele, aber vielleicht wird eine künftige Version von Facelab auch den Weg zu mathematisch schönen Gesichtsproportionen weisen.

Wenn Deuflhard sich schon mit Schönheit beschäftigt, läge es nahe, auch das Gebiet der ästhetischen Chirurgie zu erschließen. Zwar würden die Methoden der Berliner Mathematiker bei oberflächlichen Korrekturen wie Lifting nur wenig helfen. Aber bei etwas größeren Eingriffen, beispielsweise bei Korrekturen der Nase, wäre mathematische Unterstützung durchaus willkommen – es geht den Kunden schließlich um nichts Geringeres als ihr Aussehen.

Ein lukratives Geschäftsfeld

Gerade die Nase hat es Deuflhard angetan. Mathematisch gesehen ist sie eine neue Herausforderung, denn sie besteht größtenteils aus Knorpelgewebe, das wieder ganz andere stoffliche Eigenschaften hat als Weichgewebe und Knochen – und damit andere Rechnungen verlangt. „Wenn solche Fälle kommen, werden wir sie durchrechnen“, sagt Deuflhard, wobei „solche Fälle“ bedeutet, dass die Nase wirklich entstellt ist – nicht nur ein bisschen schöner sein könnte. In den Dienst der Schönheitschirurgie will Deuflhard seine Werkzeuge nicht stellen. „Natürlich haben wir darüber nachgedacht, aber ich war immer vehement dagegen“, sagt Deuflhard – auch wenn die mehreren Hunderttausend Schönheitsoperationen, die jährlich in Deutschland stattfinden, ein lukratives Geschäftsfeld böten. „Wer reich werden will, ist sowieso falsch in der Mathematik.“ ■

TOBIAS HÜRTER, Mathematiker und Wissenschaftsjournalist, muss neuerdings bei jedem Lächeln an partielle Differenzialgleichungen denken.

von Tobias Hürter

DER TRICK MIT DEN FINITEN ELEMENTEN

Zur exakten Lösung partieller Differenzialgleichungen gibt es kein allgemeines Rezept. Jedes neue Gleichungssystem erfordert neues Nachdenken. Oft ist nicht einmal ohne Weiteres zu erkennen, ob es überhaupt eine Lösung gibt. Deshalb verwendet man in der Praxis häufig Näherungsverfahren. Eines davon ist die Methode der Finiten Elemente. Dabei wird das betrachtete System in endliche Raumbereiche aufgeteilt, von denen sich jeder mit einer endlichen Zahl von Parametern beschreiben lässt. Das ist zwar ungenauer als das ursprüngliche Gleichungssystem, dafür kann ein Computer durch bloßes Durchprobieren eine Näherungslösung finden. Die Finite-Elemente-Methode, ein Standardwerkzeug von Ingenieuren, hat jetzt auch bei der Gesichtschirurgie Einzug gehalten.

PETER DEUFLHARD

Seine große Jugendliebe war sie nicht, die Mathematik: Als Peter Deuflhard, 1944 als Sohn eines Mediziners im oberbayrischen Dorfen geboren, noch zur Schule ging, konnte er sich „Mathematik als Beruf nicht vorstellen“. Also schrieb er sich nach dem Abitur an der TH München in Physik ein. Nach dem Diplom wechselte er dann doch zur Mathematik und wurde bereits im Alter von 34 Jahren Professor für Numerische Mathematik in Heidelberg. Doch etwas blieb von seinem alten Hang zur Physik: Deuflhard ging es stets darum, komplexe technische Prozesse mathematisch zu simulieren und zu verbessern. Heute ist Deuflhard einer der führenden Vertreter der angewandten Mathematik in Deutschland. Im Jahr 1984 gründete er das Zuse-Institut für Informationstechnik in Berlin, das er bis heute leitet, und er war 2002 einer der Gründer des mathematischen Forschungszentrums Matheon. Seine Neigung zu Computern ist allerdings rein beruflich – privat besitzt der Vater von vier Kindern keinen.

KOMPakt

· Ein raffiniertes 3D-Programm kann mithilfe mathematischer Gleichungssysteme das Gesicht eines Patienten vor einer Operation genau modellieren.

· Mathematisch gesehen ähnelt die Gesichtschirurgie der Krebsbehandlung.

· Die neuen Modellrechnungen sind ein vielversprechendes Geschäftsfeld.

MEHR ZUM THEMA

INTERNET

Peter Deuflhards Aufsatz „Was ist ein schönes Gesicht?“ finden Sie unter: www.zib.de/deuflhard/pub/Schoenheit.pdf

LESEN

Lehrbuch, in dem es auch um die mathematischen Grundlagen der Gesichtschirurgie geht (für mathematisch Vorgebildete): Peter Deuflhard, Martin Weiser NUMERISCHE MATHEMATIK Bd. 3 Adaptive Lösung partieller Differentialgleichungen De Gruyter, Berlin 2011, € 34,95

DAS ELASTISCHE GESICHT

Die Lamé-Navier-Gleichungen gehören zu den wichtigsten Gleichungen der klassischen Mechanik. Sie beschreiben die statische Verformung elastischer Körper, wie sie auch beim Mienenspiel im Gesicht stattfindet. Sie lassen sich schreiben als – µ Δu + ( + µ)jju = f

wobei u = (u,v) die Komponenten der Verschiebung an einem bestimmten Punkt in dem Körper sind, f die dort wirkende innere Kraft, und µ die Lamé-Koeffizienten, abhängig vom Material des Körpers (im Gesicht: von den verschiedenen Gewebeschichten). So geschrieben steht die Formel für drei gekoppelte lineare partielle Differenzialgleichungen zweiter Ordnung.

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