Gelbliches Fett, geronnenes Blut, Bindegewebsfragmente und etwas Kalk – was sich bei der Arteriosklerose an den Innenwänden der Blutgefäße ablagert, ist nicht besonders appetitlich. Ein US-Forscherteam um den Mikrobiologen Emil Kozarov von der New Yorker Columbia University hat der Liste der Zutaten nun eine weitere unschöne Ingre- dienz hinzugefügt: lebende Bakterien. Entdeckt haben die Wissenschaftler sie bei einem 78-Jährigen, dem ein großer Pfropf aus der Oberschenkelarterie entfernt wurde. In dem fettigen Gemisch fanden sich Mikroorganismen vom Typ Enterobacter hormaechei, und zwar noch so lebendig, dass sie sich im Labor kultivieren ließen.
E. hormaechei ist kein Einzelfall. In jüngster Zeit entdeckten Forscher immer wieder die verschiedensten Bakterienreste in den für die Krankheit typischen Ablagerungen (auch Plaques genannt), meist in Form von Erbsubstanz. Kann man sich mit Arteriosklerose also anstecken wie mit einem Schnupfen? Stefan Schreiber, Leiter des Instituts für Klinische Molekularbiologie und der Klinik für Allgemeine Innere Medizin an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel, hält das für sehr unwahrscheinlich. Denn es scheint sich fast immer um Teile der natürlichen Mund- oder Darmflora zu handeln, die in die Blutgefäße gelangt sind, manchmal finden sich sogar Parodontitis- Erreger. Auch Enterobacter hormaechei gehört eigentlich in den Darm. „Das erklärt den gut belegten Zusammenhang zwischen Ernährung und Arteriosklerose“, sagt Stefan Schreiber – schließlich sind sowohl Mund- als auch Darmflora entscheidend für die Verwertung von Nährstoffen.
Doch wenn die Bakterien tatsächlich so wichtig sind, müsste sich die Krankheit mit ihren üblen Folgen – Herzinfarkte und Schlaganfälle – dann nicht mit Antibiotika verhindern lassen? „ Jein“, sagt Schreiber. „Ich vermute, dass es bei verschiedenen Menschen verschiedene Typen der Krankheit gibt, die auf unterschiedlichen Mechanismen beruhen, am Ende jedoch zu einem gleich erscheinenden Krankheitsbild führen.“ Eine Behandlung mit einem bestimmten Antibiotikum würde demnach wohl nur bei manchen Betroffenen anschlagen – ob man das in großen Studien erfassen kann, sei fraglich. „Es kann aber auch sein, dass sich die Bakterien innerhalb der Ablagerungen verstecken. Dann könnten Antibiotika kaum etwas ausrichten“, gibt Schreiber zu bedenken. Trotzdem plädiert er für ein Umdenken: „Wie bei einem Mosaik beginnen sich die Hinweise langsam zu einem Bild zusammenzusetzen.“ Und das neue Bild der Arteriosklerose schließt die Bakterien der Außenwelt und damit des Darms und der Schleimhäute definitiv mit ein.