Denken Delfine ähnlich wie Menschen? Diese Frage wird zurzeit unter Experten heiß diskutiert. Anlass sind neueste Forschungsergebnisse zu den Meeressäugern, die auf der Jahrestagung der American Association for the Advancement of Science (AAAS) in Detroit vorgestellt wurden. Demnach ist das Gehirn dieser Tiere dem von Menschen weitaus ähnlicher als bisher angenommen.
Lori Marino von der Emory University in Atlanta, eine Spezialistin für die Neuroanatomie von Delfinen, hatte die graue Masse der Gehirne von drei Großen Tümmlern (Tursiops truncatus) untersucht. Die US-Wissenschaftlerin hatte bereits 2001 nachgewiesen, dass sich Delfine im Spiegel selbst erkennen. Jetzt fand sie heraus: Die Tümmler besitzen zwar gemessen an ihrer Größe etwas weniger Hirnmasse als der Mensch, dafür ist ihr Denkorgan aber viel stärker gefaltet und hat eine größere Oberfläche, was laut Marino die mangelnde Masse aufwiegen könnte. Die Faltung betrifft vor allem den Neocortex. Diese Hirnstruktur steuert komplizierte Denkvorgänge etwa zum Lösen von Problemen sowie das Selbstbewusstsein. „Keine andere Art hat ein derart gewundenes Gehirn wie Delfine“, erklärt Marino. Und sie ist überzeugt: „Delfine sind nach dem Menschen die intelligentesten Lebewesen auf der Welt.“
Das denkt auch die Kognitionspsychologin Diana Reiss von der City University of New York. Bei ihrer jahrzehntelangen Arbeit mit Delfinen hat sie herausgefunden, dass die Tiere in der Lage sind, von Menschen gebildete „Sätze“ aus Gesten zu verstehen, Werkzeuge zu benutzen und Handlungen zu planen. Außerdem hat sie beobachtet, dass Delfine starke Emotionen entwickeln können und dass sie einander erkennen und respektieren. „Vieles von dem, was die Tiere tun, ähnelt dem Verhalten von kleinen Kindern“, sagt Reiss.
Sollte man Delfinen bei all diesen Ähnlichkeiten mit dem Menschen dann nicht auch ähnliche Rechte zubilligen? Dafür setzt sich Ethik-Professor Thomas White von der Loyola Marymount University im kalifornischen Redondo Beach ein. Er bezeichnet die Meeressäuger als „nichtmenschliche Personen“ und hält es für ethisch verwerflich, sie in Tiershows zu vermarkten oder sie massenweise abzuschlachten, wie es vor den Küsten Japans geschieht.
Redaktion: Hans Groth, nachrichten@bild-der-wissenschaft.de