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Schwere Zeiten für Dünne

Technik|Digitales

Schwere Zeiten für Dünne

SEIN SCHWARZER HANDSCHUH hält die spielkartengroßen Objekte in die Kamera wie heiße Trümpfe – so selbstsicher präsentierte Martin Roscheisen vor drei Jahren die von seiner Firma Nanosolar entwickelte Innovation: auf Aluminiumfolie gedruckte Dünnschicht-Solarzellen (bild der wissenschaft 11/2009, „ Solarzellen rollenweise“). Mit einer Tinte aus CIGS-Nanopartikeln (Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid) sollten sie massenhaft in Kalifornien hergestellt werden, um die Hälfte billiger als Silizium-Solarzellen. In Luckenwalde bei Berlin war ein deutscher Ableger für den Modul-Bau geplant. Weitere Asse in Roscheisens Ärmel: milliardenschwere Verträge mit Energieversorgern und 500 Millionen Dollar Startkapital.

Doch für Roscheisen ist dieses Spiel aus. Er musste im April 2010 gehen. „Meinungsverschiedenheiten mit dem Aufsichtsrat“, begründet der gebürtige Münchner seinen Rausschmiss. Für Nanosolar sieht er hingegen kein baldiges Ende: „Eine 10-Milliarden-Dollar-Industrie wird nie nur eine einzige Produkt-Technologie haben“, so Roscheisen optimistisch.

Derzeit sieht die Zukunft für Dünnschicht-Solarzellen-Firmen wie Nanosolar alles andere als sonnig aus. „Der Preisdruck auf diese Branche ist momentan extrem hoch“, urteilt ein aktueller Report der Londoner Consulting-Firma Bloomberg New Energy Finance. Denn ein konventionelles Silizium-Modul kostet heute in der Herstellung nur noch etwas über einen US-Dollar pro Watt und ist damit fast so günstig wie die Dünnschicht-Konkurrenz, die fertige Module für 0,80 Dollar pro Watt verkauft. „Wir werden viele Bankrotte sehen“, prognostiziert der Bloomberg-Bericht für 2012.

Das erste Opfer gab es schon: 2011 musste die kalifornische Firma Solyndra ihre Tore schließen. Noch kurz zuvor hatte sie vom US-Energieministerium eine halbe Milliarde Dollar Fördergelder erhalten. Auch Solyndra setzte wie Nanosolar auf Dünnschicht-Zellen à la CIGS. Selbst bei der US-Erfolgsfirma First Solar, die 2011 mit ihren Kadmiumtellurid-Zellen enorme Umsätze verbuchte, kriselt es: Im April 2012 gab das Unternehmen bekannt, dass seine Werke in Malaysia und Frankfurt an der Oder geschlossen und weltweit bis zum Jahresende 2000 Arbeitsplätze abgebaut werden.

„Kein Experte – auch ich selbst nicht – hat vorhergesehen, mit welcher Dynamik die Silizium-Technologie 2010 und 2011 nach vorne geprescht ist“, sagt Eicke Weber, Leiter des Freiburger Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme. Für Nanosolar und Co klingt die Kosten- und Preissenkung bei der Silizium-Konkurrenz wie ein Todesurteil. Denn wenn der Kostenvorteil weg ist – was spricht dann noch für CIGS-Zellen? Sie bringen es bestenfalls auf 12 Prozent Wirkungsgrad, das Kadmiumtellurid von First Solar liegt bei 14,4 Prozent. Das sind Peanuts im Vergleich zu Silizium-Solarzellen wie zum Beispiel von SunPower, deren Wirkungsgrad von 22 Prozent der derzeit höchste auf dem US-Markt ist.

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Für Eugenia Corrales, gegenwärtig Chefin bei Nanosolar, hat das Spiel jedoch gerade erst angefangen. „Unser auf 115 Megawatt Jahreskapazität ausgelegtes Werk hat 2011 mit der Produktion von 10 Megawatt begonnen“, sagt die Managerin. 2012 will Corrales 80 Megawatt herstellen. Sobald die Produktion über jährlich 100 Megawatt hochgefahren ist, will sie ihre Zellen für unter 0,60 Dollar pro Watt verkaufen. Mittelfristig setzt sie auf eine „ Champion-Zelle“, die im Nanosolar-Labor einen Wirkungsgrad von 17 Prozent erzielt habe.

Auch Roscheisen will – typisch amerikanisch – weiter beim Energiespiel mitmischen, allerdings nicht mit Solarzellen, sondern mit neuartigen Batterien. Eine Fabrik in China fertigt bereits welche für ihn. Dieses Mal, da ist er sicher, hat er bessere Trümpfe auf der Hand. Désirée Karge ■

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