„Im Grunde unterscheiden sich Kaltwasserkorallen von ihren tropischen Artgenossen nur dadurch, dass sie keine Symbionten haben“, sagt André Freiwald. Bei diesen Symbionten – Lebenspartnern, die sich gegenseitig unterstützen – handelt es sich um einzellige Pflanzen, sogenannte Dinoflagellaten. „Die Koralle nimmt sie schon als Larve auf und lässt sie in ihrem Körper leben“, erklärt der Wilhelmshavener Forscher. Für die Alge hat das Vorteile: „Die tropischen Meere sind nährstoffarm, und Pflanzen brauchen zum Wachstum Nährstoffe wie Phosphat und Nitrat.“ Diese Substanzen erhalten sie aus dem Kot der Korallen. Im Gegenzug gewinnen die Algen Sauerstoff, entfernen Kohlendioxid aus dem Wasser, um Zucker zu produzieren, und machen es so den Korallen leicht, aus Kalzium und Karbonat Kalk herzustellen, den sie als Baustoff für ihr Skelett benötigen. Kaltwasserkorallen müssen das ohne fremde Hilfe schaffen. „Sie leben in tiefem Wasser, bis zu 6000 Meter unter der Oberfläche, wo es völlig dunkel ist“, sagt Freiwald. Daher kommen Pflanzen als Symbionten nicht infrage.
Kaltwasserkorallen sind Fleischfresser und leben vor allem von Plankton-Organismen, kleinen Krebsen. Um sie zu erlegen, verfügen die Korallen über Mini-Harpunen. Diese Geschosse stecken voller Zellgift und stehen unter Druck. Sie sitzen auf einer Art gespannter Spirale und werden in die Beutetiere hineingeschossen, wenn diese die Koralle berühren. Ein Widerhaken verhindert, dass die Harpune wieder hinausrutscht. Die Harpunenspitze explodiert und ergießt ihr Gift in die Beute. Danach ist es ein Leichtes für die Korallen, die Krebstierchen mit ihren Tentakeln in den „ Gastralraum“ zu befördern – einen Magen-Darm-Sack, bei dem der Mund gleichzeitig der After ist. Um stets genug zu fressen zu haben, bevorzugen Korallen Gegenden, wo ihnen Meeresströmungen die Beute vor die Fangarme treiben.