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Virus macht Tumore scharf

Gesundheit|Medizin

Virus macht Tumore scharf

Die Ärzte am Uni-Klinikum Frankfurt hatten das zwölfjährige Kind schon fast aufgegeben. Die Diagnose: Neuroblastom, eine gefährliche Krebserkrankung, die von Stammzellen des Nervengewebes ausgeht und vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern auftritt. Weder eine Chemotherapie hatte angeschlagen, noch ließ sich der Tumor operativ entfernen. Erst als das Mädchen zusätzlich zur Chemotherapie das Anti-Virus-Mittel Ganciclovir erhielt, begann der Tumor tatsächlich zu schrumpfen, und die Ärzte konnten ihn erfolgreich operieren.

Therapieerfolge wie dieser brachten den Frankfurter Virologen Jindrich Cinatl auf die Spur des Cytomegalo-Virus (CMV). Der zur Familie der Herpes-Viren zählende Erreger steht in Verdacht, Tumorzellen zu stärkerem Wachstum anzuregen und somit besonders aggressiv zu machen. Die Indizien dafür scheinen sich nun zu verdichten: „Wir haben in den letzten Jahren nachgewiesen, dass Tumorzellen, die mit CMV infiziert sind, mehr und schneller Metastasen bilden als nicht infizierte Zellen“, sagt Virologe Cinatl. „Aus Zellkulturversuchen wissen wir außerdem, dass CMV-infizierte Krebszellen auf Chemotherapeutika deutlich schlechter ansprechen.“

Der Frankfurter Forscher geht davon aus, dass das CMV das Krebswachstum nicht direkt auslöst. Es besteht somit kein großer Grund zur Besorgnis für fast 70 Prozent der Deutschen, die das Virus in sich tragen. Normalerweise hält das Immunsystem das Virus so gut in Schach, dass es keine oder kaum Beschwerden macht. Gefährlich wird es allerdings für Patienten, deren Abwehrkräfte beispielsweise durch Aids oder Medikamente geschwächt sind. Eine Erstinfektion in der Schwangerschaft kann außerdem zu schweren Geburtsfehlern führen. Im Zusammenhang mit Krebs schreiben die Forscher dem CMV eher die Rolle eines „ Onkomodulators“ zu. Das bedeutet, es kann das Tumorwachstum beschleunigen, aber nicht direkt auslösen. Nachgewiesen wurde das Virus bisher außer bei Neuroblastomen auch in Hirntumoren (Gliablastomen) sowie bei Dickdarm-, Gebärmutterhals- und Prostatakrebs. Seine biochemischen Spuren finden sich auch in den für Aids-Patienten typischen Karposi-Sarkomen.

Bislang ist allerdings noch unklar, welche Zellen im Krebsgewebe infiziert sind. Denn in einem Tumor finden sich neben den eigentlichen Krebszellen auch Zellen des Bindegewebes und des Immunsystems. Daher kann man bisher auch nur spekulieren, wie das CMV das Tumorwachstum verstärkt. Möglich ist, dass es Wachstums-Gene in den Krebszellen anregt. Es könnte aber auch sein, dass das Virus den Angriff des Immunsystems auf den Tumor erschwert oder die Bildung von neuen Blutgefäßen stimuliert, über die sich der Tumor mit lebenswichtigen Nährstoffen versorgt.

Die Frankfurter Virologen befürworten jedenfalls eine Behandlung mit Virostatika – insbesondere von Kindern, die mit schweren Tumorerkrankungen und einer CMV-Infektion sonst kaum Überlebenschancen haben. An der University of Alabama in Birmingham/USA laufen bereits erste größere Therapieversuche an Patienten mit aggressiven Hirntumoren. Dr. Ullrich Fricke

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Quellennachweise und Links zu allen medinfo-Themen:

www.wissenschaft.de/bdw

Kontakt

Schlaganfallpatienten aus den Regionen Hamburg, Schleswig-Holstein und Bodensee, die an der Studie teilnehmen wollen, können sich informieren bei:

Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Prof. Dr. Ferdinand Binkofski

Klinik für Neurologie Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck

Tel.: 0451| 500–2926

www.neuro.uni-luebeck.de

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