“Das Problem der Optik habe ich dadurch gelöst, daß ich sie weggelassen habe” – das ist das Ei des Kolumbus für die Planetarien von Horst Hildebrand: Sie beruhen auf dem Prinzip der Lochkamera, statt aufwendiger Linsensysteme Löcher unterschiedlicher Größe.
Dabei waren die Anfangsbedingungen nicht rosig: Zwar war man in der DDR für Naturwissenschaften aufgeschlossen, aber Material war knapp. Doch die Ideen Hildebrands überzeugten die zuständige Kommission für Unterrichtsmittel, und so erhielt er den Auftrag, Baupläne für ein Planetarium auszuarbeiten. Außerdem sollte er einen Prototyp bauen. Der warf Anfang der achtziger Jahre im Gymnasium in Nordhausen den Sternenhimmel an eine provisorische Kuppel aus Stoffbahnen an einem regenschirmähnlichen Gerüst.
Das genügte für die Darstellung der Sterne, aber Hildebrand wollte mehr: Seine Gradnetze, die Zusammenhänge zeigen sollten, “sahen dort aus wie Spinnennetze”. Die Beschaffung der geeigneten Materialien war nicht leicht – als Antrieb für den Projektor nahm Hildebrand einen Trabant-Scheibenwischermotor, für die Darstellung der Milchstraße brauchte er schlanke Büchsen – Spargeldosen aus dem Westen. Als Lichtquelle benutzte er 15-Watt-Lampen der Firma Narva, eigentlich für DDR-Schulmikroskope konzipiert.
An der Universität Marburg hat inzwischen Oberstudienrat Hans Hermann Behr am Institut für Didaktik der Physik die Pläne aufgegriffen: In zwei von ihm betreuten Staatsexamensarbeiten wurde das Konzept weiterentwickelt, der Trabi-Scheibenwischermotor ist einem modernen Schrittmotor gewichen, die feinmechanischen Arbeiten wurden von der Institutswerkstatt durchgeführt. Die Narva-Lampe aber ist geblieben.
Der Materialpreis eines Planetariums, wie es heute in der Marburger Universität steht (4 Meter Durchmesser, etwa 20 Plätze), liegt bei rund 8000 Mark. “Was bei Zeiss zigtausend kostet, mache ich für fünf Mark”, sagt Hildebrand stolz. Die Marburger nutzten Pläne und Erfahrung von Hildebrand, der heute das Michael-Neander-Gymnasium in Ilfeld/Harz leitet. Wer in seine Fußstapfen treten will, kann auch künftig auf ihn zählen. Vielleicht legt er auch selbst wieder Hand an: “Ein Physiklehrer in der DDR durfte wirklich keine zwei linken Hände haben.”
Horst Hildebrand