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Wahl zum deutschen Naturwissenschaftler des Jahrzehnts: Christiane Nüsslein-Volhard

Allgemein

Wahl zum deutschen Naturwissenschaftler des Jahrzehnts: Christiane Nüsslein-Volhard
124 Wissenschaftsjournalisten wählten eine Frau zum deutschen Naturwissenschaftler des Jahrzehnts. Auf Initiative von bild der wissenschaft entstand erstmals ein Ranking, bei dem Wissenschaftler aufgrund ihrer Öffentlichkeitswirkung beurteilt wurden.

Das Ergebnis läßt keine Zweifel offen: Christiane Nüsslein-Volhard, die 57jährige Direktorin am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie, übertrumpft in ihrer Wirkung auf die Außenwelt alle männlichen Kollegen. Mit deutlichem Abstand setzten 124 Wissenschaftsjournalisten die Tübinger Entwicklungsbiologin an die erste Stelle bei der Wahl zum deutschen Naturwissenschaftler des Jahrzehnts. Zweiter wurde Wolf Singer, Direktor am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main. Den dritten Platz erhielt Ernst Ulrich von Weizsäcker, Präsident des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt, Energie. bild der wissenschaft kam es bei der Umfrage nicht nur auf herausragende Wissenschaft an. Wir legten genauso Wert auf das öffentliche Engagement der Forscher: wie sie sich und ihre Sache präsentieren, welche Rolle sie in der Gesellschaft übernommen haben und wie verständlich sie sich ausdrücken. Befragt wurden renommierte Wissenschaftsjournalisten von Zeitungen und Zeitschriften, Rundfunk und Fernsehen sowie Öffentlichkeitschefs wissenschaftlicher Institutionen. Die Liste reichte von A wie Altenmüller (Spektrum der Wissenschaft) bis Z wie Zorn (Hannoversche Allgemeine Zeitung). Jeder konnte maximal drei Forscher nennen und Punkte an sie vergeben: drei Punkte für den ersten, zwei Punkte für den zweiten, einen Punkt für den dritten Platz. Um das Votum qualitativ anzureichern, baten wir, die Entscheidung kurz und bündig zu begründen.

In unserem Ranking „Top 12“ präsentieren wir die Naturwissenschaftler – sämtliche Prof. Dr. -, die bei der bdw-Umfrage am besten abgeschnitten haben. Weitere 65 Forscher – darunter vier Frauen – folgten.

Und so charakterisieren die Journalisten Christiane Nüsslein-Volhard: „Erste deutsche Naturwissenschaftlerin unter den Nobelpreisträgern.“ Dr. Julie Möller-Buchner, dpa-Hamburg

„Hat eine wichtige Vorbildfunktion für Forscherinnen.“ Annette Spiller, Gießener Allgemeine Zeitung

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„Hat ein riesiges Forschungsgebiet eröffnet, mit dem junge Wissenschaftler finanziert werden.“ Dr. Evdoxia Tsakiridou, freie Wissenschaftsjournalistin

„Ihre Forschungsarbeiten haben etwas Epochales.“ Martin Kunz, Focus

„Sie hält eine herausragende Stellung in einer Männerwelt.“ Dr. Wolfgang Blum, freier Wissenschaftsjournalist

„Für junge Frauen ein Vorbild, um in einem naturwissenschaftlichen Fach Karriere zu machen.“ Dr. Markus Bohn, Leiter der Wissenschaftsredaktion, Hörfunk Südwestrundfunk

„Ein zweiter Nobelpreis ist nicht ausgeschlossen.“ Dr. Ludwig Kürten, freier Wissenschaftsjournalist

„Verbindet exzellente Wissenschaft mit persönlicher Ausstrahlung und unprätentiösem Charakter.“ Edgar Forschbach, Vorstandsmitglied der Wissenschaftspressekonferenz

„Fördert junge Wissenschaftler und treibt sie an. Für Journalisten von Nachteil: unzugänglich bis störrisch.“ Susanne Kutter, Wirtschaftswoche

Christiane Nüsslein-Volhard (Jahrgang 1942) erhielt 1995 zusammen mit zwei US-Forschern den Nobelpreis für Medizin „für ihre grundlegenden Erkenntnisse über die genetische Steuerung der Embryonalentwicklung“. Von der Professorin übersetzt heißt dies: „Wir versuchen zu erklären, woher die Zellen in einem Ei wissen, ob und wann sie Haut oder Hirn werden oder ob sie die Gestalt einer Fliege oder eines Menschen annehmen sollen.“

Die gebürtige Magdeburgerin ist seit 1985 am Tübinger Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie Wissenschaftliches Mitglied und Direktorin. Inzwischen enthält ihre Vita mehr als 30 Ehrungen, darunter Ehrendoktorwürden der Universitäten Utrecht, Princeton, Harvard. Ihre nobelpreiswürdigen Arbeiten erbrachte sie vor allem an der „Unabhängigen Forschungsstelle am Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie“ in Heidelberg.

Vorbild für Frauen

bdw: Herzlichen Glückwunsch, Frau Prof. Nüsslein-Volhard zum „deutschen Naturwissenschaftler des Jahrzehnts“.

Nüsslein-Volhard: Welche Ehre.

bdw: Was empfinden Sie?

Nüsslein-Volhard: Überraschung.

bdw: Können Sie sich erklären, warum Sie bei der Umfrage alle Männer überflügelt haben?

Nüsslein-Volhard: Das wundert mich schon.

bdw: Die Journalisten betonten vor allem Ihr Leitbild für andere Frauen in der Naturwissenschaft. Sehen Sie sich hier besonders gefordert?

Nüsslein-Volhard: Leider. Da ich bei vielen Anlässen häufig die einzige Frau bin, wird mir die Leitbildfunktion häufig aufgedrängt.

bdw: Hat sich nichts geändert?

Nüsslein-Volhard: Es gibt immer noch viele Dinge, die einer Frau das Leben in der Wissenschaft erschweren.

bdw: Was ist zu tun?

Nüsslein-Volhard: Sicherlich ist manches auf gutem Wege. Das beginnt bei Kinderbetreuungseinrichtungen und führt hin zu gezielten Wissenschaftlerinnen-Programmen. Man darf allerdings auch nicht übertreiben und die Sache so puschen, daß in jedem Gremium partout eine Vorzeigefrau sitzt.

bdw: Die USA sind das führende Land in der Wissenschaft. Sind die USA auch führend bei der Forscherinnen-Integration?

Nüsslein-Volhard: Ihr Prozentsatz in maßgeblichen Wissenschaftspositionen ist ungleich höher als bei uns, weil dort vor 20 Jahren Frauen bei der Vergabe von Stellen entscheidend bevorzugt wurden.

bdw: Vor Jahresfrist haben Sie ein Unternehmen mitgegründet. Wie laufen die Geschäfte?

Nüsslein-Volhard: Artemis agiert inzwischen sehr selbständig. Hauptziel der rund 50 Mitarbeiter ist es, solche Gene in Fischen zu finden, die Krankheiten mitverursachen. Ich rede da nicht rein, sondern ich bin schlichter Berater.

bdw: Fühlen Sie sich nicht als Unternehmerin?

Nüsslein-Volhard: Ich beschäftige mich hauptsächlich mit Wissenschaft. Auch weiterhin interessiert mich, wie Gene die Embryonalentwicklung von Fliegen und Fischen bestimmen.

PLATZ 2

Wolf Singer (Jahrgang 1943). Nach seinem Medizinstudium habilitierte sich der gebürtige Münchner für das Fach Psychologie. 1981 wurde er zum Direktor an das Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt berufen. Durch seine Arbeiten sieht sich Singer immer wieder Angriffen militanter Tierversuchsgegner ausgesetzt. Das bemerkten die Befragten zu Wolf Singer:

„Nobelpreiswürdige Arbeiten.“ Dr. Norbert Lossau, Die Welt

„Hervorragender Wissenschaftsrepräsentant in der Öffentlichkeit.“ Claus Peter Simon, Die Woche

„Herausragende Forschung und gleichzeitig zahlreiche Vorträge über Hirnforschung und Tierversuche.“ Michael Globig, ehem. Pressechef der Max-Planck-Gesellschaft und freier Wissenschaftsjournalist

„Sein Forschungsgegenstand ist wesentlich für das Selbstverständnis des Menschen.“ Dr. Gerald Mackenthun, dpa-Berlin

„Macht aus einer schwierigen, sensiblen und unpopulären Situation gute Öffentlichkeitsarbeit.“ Marion Kälke, Redaktionsbüro Mediakonzept

„Bleibt auch bei unsachlichen Angriffen sachlich.“ Michael Lange, freier Wissenschaftsjournalist

PLATZ 3

Ernst Ulrich von Weizsäcker (Jahrgang 1939) ist seit 1991 Präsident des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt und Energie. Im September 1998 wurde der Biologe und Physiker zum Mitglied des deutschen Bundestages gewählt. Weizsäcker versteht es wie kaum ein anderer Wissenschaftler, auf den Punkt zu reden – eagl, ob er 30 Sekunden Redezeit hat oder 30 Minuten. Statements zu Ernst Ulrich von Weizsäcker:

„Praktikable Öko-Visionen, populäre Darstellung.“ Joachim Vock, freier Wissenschaftsjournalist

„Nimmt die gesellschaftliche Verantwortung der Naturwissenschaft ernst.“ Volker Quack, Main-Post

„Versteht Visionen einem breiten Publikum darzulegen.“ Stefan Zorn, Hannoversche Allgemeine Zeitung

„Aufbau des Wuppertal-Instituts als führende deutsche Einrichtung der interdisziplinären Umweltforschung.“ Uwe Gundrum, Pressesprecher Universität Bremen

Top 12

Deutschlands Forscherpersönlichkeiten der 90er Jahre

1. Christiane Nüsslein-Volhard Direktorin Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie, Tübingen (87 Stimmen)

2. Wolf Singer Direktor Max-Planck-Institut für Hirnforschung, Frankfurt am Main (43)

3. Ernst Ulrich von Weizsäcker Präsident Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie (40)

4. Hans-Peter Dürr Physiker, emeritierter Direktor Max-Planck-Institut für Physik, München (36)

4. Hartmut Graßl Physiker, Direktor Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg (36)

6. Jens Reich Biomathematiker, Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin, Berlin (34)

7. Ernst-Ludwig Winnacker Molekularbiologe, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Bonn (29)

. Klaus von Klitzing Physiker und Nobelpreisträger, Direktor Max-Planck-Institut für Festkörperforschung, Stuttgart (25)

9. Konrad Beyreuther Molekularbiologe, Leiter des Zentrums für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg (21)

9. Hubert Markl Biologe Präsident der Max-Planck- Gesellschaft, München (21)

11. Helga Rübsamen-Waigmann Virologin, Pharmaforschungszentrum Bayer AG, Wuppertal (20)

12. Bernhard Korte Mathematiker, Leiter des Forschungszentrums für Diskrete Mathematik, Universität Bonn (19)

Wolfgang Hess / Christiane Nüsslein-Volhard

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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To|na|li|tät  〈f. 20; unz.; Mus.〉 Bezogenheit der Töne auf die Tonika der Tonart, in der sie stehen; Ggs Atonalität … mehr

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