Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Nichts Besonderes – oder?

Astronomie|Physik

Nichts Besonderes – oder?

Ich bin normal, und das ist gut so. Ich, die 4, bin die erste normale Zahl. Zwischen der heiligen 3 und der mystischen 5. Die Zahlen vor mir sind alle ein bisschen aufgeblasen, sozusagen Angeberzahlen. Unter den unendlich vielen Zahlen nach mir gibt es zwar auch noch einige besondere, aber die meisten sind – wie ich – völlig normal.

Warum ich normal bin? Eine Gegenfrage: Welche Pizza bestellen Sie, wenn Sie keine Entscheidung treffen wollen, wenn Sie also nur eine „ganz normale“ Pizza wollen? – Klar, Quattro Stagioni, Vier Jahreszeiten.

Aber unter den normalen Zahlen bin ich die Erste. Im Grunde schon wieder etwas Besonderes. Ich bin aber auch etwas ganz Solides: Die vier Himmelsrichtungen geben Orientierung. Und in der Antike war man der Überzeugung, dass alles aus vier Elementen – nämlich Feuer, Wasser, Luft und Erde – aufgebaut ist.

Natürlich habe ich auch gute mathematische Eigenschaften: Man kann mich berechnen als 4 gleich 2 plus 2, als 4 gleich 2 mal 2 und als 4 gleich 2 hoch 2. Das ist zwar nur ein kleiner Taschenspielertrick, aber immerhin.

Ich bin die erste zusammengesetzte Zahl: 1 ist nicht zusammengesetzt, 2 und 3 sind Primzahlen. Ich aber bin die erste echte Quadratzahl, also der Anfang der unendlichen Folge 4, 9, 16, 25… Die Mathematiker zählen zwar 1 auch als Quadratzahl, aber so was tun eben nur Mathematiker.

Anzeige

Meine wahre Bedeutung zeigt sich in der Geometrie. Meine geometrische Schwester ist das Quadrat. Ein Quadrat hat vier Ecken und vier Seiten, ist also ein Viereck. Aber ein Quadrat ist das speziellste, regelmäßigste, wichtigste und, finde ich, schönste Viereck. Es hat vier rechte Winkel und vier gleich lange Seiten.

Ein Quadrat hat vier Symmetrieachsen: Je zwei, die die gegenüberliegenden Seitenmitten verbinden, und die Diagonalen. Kein anderes Viereck hat so viele Symmetrieachsen.

Es klingt zwar banal, ist aber spannend: Wenn wir einmal annehmen, dass das Quadrat die Seitenlänge 1 hat, dann hat die Diagonale eine Länge von der Wurzel aus 2, also etwa 1,41. Aber eben nicht genau. Denn die Wurzel aus 2 ist eine irrationale Zahl. Also eine Zahl, die unendlich weiter geht, und bei der nie ein periodisches Muster auftritt.

Neben meiner geometrischen Schwester habe ich einen geometrischen Bruder, das ist denn doch etwas Besonderes an mir: Mit mir fängt die dritte Dimension an. Vier Punkte können nicht nur in einer Ebene liegen, sondern auch im Raum. Dann sind sie die Ecken einer dreiseitigen Pyramide. Mathematiker nennen diesen Körper ein „Tetraeder“. Das kommt aus dem Griechischen und bedeutet, dass dieser Körper vier Flächen hat.

Unnötig zu sagen, dass in vielen mathematischen Sätzen die Zahl 4 vorkommt. Ich erwähne nur das prominenteste Beispiel, den Vierfarbensatz. Der sagt Folgendes: Wir betrachten irgendeine Landkarte. Wir wollen jedem Land eine Farbe zuordnen, und zwar so, dass zwei Länder, die eine gemeinsame Grenze haben, verschiedenfarbig sind. Nach dem Vierfarbensatz kommt man dabei immer mit vier Farben aus. Das ist leicht gesagt, aber der Beweis des Satzes ist schwierig. Er ist mathematisch herausfordernd, und man braucht viel Computerrechenzeit. Die Mathematiker haben sich 100 Jahre um einen Beweis bemüht, ein vollständiger Beweis wurde erst 1976 gefunden.

Das alles könnte jetzt so aussehen, als ob ich, die 4, doch etwas ganz Außerordentliches wäre. Aber nein. Von jeder Zahl kann man Geschichten erzählen. Auch von mir. Und ich fühle mich als erste normale Zahl sehr wohl.

Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

Di|cho|to|mie  〈[–ço–] f. 19〉 1 〈Bot.〉 gabelartige Verzweigung, einfache Aufspaltung in Richtung der Längsachsen 2 〈Philos.〉 Zweiteilung, Gliederung nach zwei Gesichtspunkten … mehr

re|kom|bi|nie|ren  〈V. i.; hat; Chem.; Phys.; Genetik〉 sich erneut vereinigen, neu kombinieren ● ein Virus rekombiniert mit einem anderen Virus

bi|no|misch  〈Adj.; Math.〉 in der Art eines Binoms, zweigliedrig ● ~er Lehrsatz L. zur Entwicklung der Potenz eines Binoms, … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige