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Wer will da noch telefonieren?

Gesellschaft|Psychologie Technik|Digitales

Wer will da noch telefonieren?
Handys sind weit mehr als Geräte zum mobilen Telefonieren. Immer mehr Funktionen werden in die kleinen elektronischen Begleiter gepackt. Künftig sollen sie sogar dafür sorgen, dass man stets und überall online ist.

Wie man heute telefoniert

Die Auslieferer einer Großbäckerei bei Allbrød in Schweden sind immer up to date. Die 270 Fahrer halten stets ihren Persönlichen Digitalen Assistenten (PDA) in der Hand und stehen damit jederzeit in Kontakt zur Zentrale. Obwohl drahtlos, hängen sie doch an der langen Leine ihres Buchhaltungs- und Warendistributionssystems – im Expertenjargon „Enterprise Resource Planning“, kurz ERP, genannt. So wird die Auslieferung von Backwaren an den Einzelhandel besonders einfach: Alle Informationen über Kunden, Lieferrouten, Bestellungen, Preise und Werbeaktionen stehen für die Transporteure aktuell und überall unterwegs zur Verfügung. Die Fahrer können Bestellungen, Preislisten, Rabattstaffeln und Marketingaktionen der Kunden abrufen und auf ihrem PDA speichern. Außerdem erhalten sie eine Ladeliste für ihr mobiles Lager, sodass sie stets den Bestand an Vorräten in ihrem Lastwagen kennen. Während der Auslieferung werden Daten wie Bestellungen am Wagen, Umtausch und Reklamationen erfasst und aktualisiert. Diese Datenbank ist das Reisesystem der Fahrer. Im nächsten Schritt sollen eine umfassende Auslieferungskontrolle und elektronische Abfertigungsberichte von der Backstube bis zu den – in ganz Schweden verteilten – Lagerhallen realisiert werden. Das Mobiltelefon ist zum Datenendgerät mit immer neuen Funktionen mutiert.

Dabei sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Wissenschaftler des Dortmunder Fraunhofer-Instituts für Software- und Systemtechnik (ISST) zum Beispiel wollen mit einer Technologie namens Smart Event Solutions dazu beitragen, Museumsbesuche attraktiv zu gestalten. Vor allem Kinder und Jugendliche, die nicht so begeistert sind von spröden Exponaten, doch ihr Handy sehr schätzen, sollen das digitale Besucherinformationssystem nutzen, um spielerisch Zugang zu den Ausstellungen zu finden. Das System, das als Software auf ein Mobiltelefon aufgespielt werden kann, erkennt, an welchem Exponat sich der Jugendliche gerade befindet – und bietet ihm die passenden Informationen dazu. Die können als Texte, Bilder, Töne oder kurze Videoclips aufbereitet sein. Interaktive Dienste wie ein Suchspiel oder Quiz regen die jungen Museumsbesucher dazu an, einen eigenen Zugang zum Exponat zu finden.

Während der Einsatz als digitaler Museumsführer noch eine recht exotische Anwendung ist, sind immer mehr neue Handys mit einer integrierten Digitalkamera ausgestattet. Und die Kameras werden auch eifrig verwendet. Eine Befragung durch das Allensbacher Institut für Demoskopie im Jahr 2004 ergab, dass über zehn Prozent der Mobiltelefonierer die Digicam ihres Handys regelmäßig benutzen. Vor allem jüngere Handykäufer achten darauf, dass sie mit ihrem Telefon auch fotografieren oder Videos aufnehmen können: Für 57 Prozent der 16- bis 29-Jährigen ist das ein entscheidendes Kaufkriterium. Weniger beliebt ist die Möglichkeit, Fotos und kurze Videoclips per MMS (Multimedia Messaging Service) an andere Mobiltelefone zu versenden. Die Marktforscher von Forrester Research fanden heraus, dass davon nur 14 Prozent der Handynutzer Gebrauch machen.

Standard bei den meisten Mobiltelefonen ist inzwischen ein Zugang zum Internet, über den sich beispielsweise Klingeltöne herunterladen lassen. Der Umsatz der Mobilfunkanbieter mit den kurzen digitalen Tonschnipseln, deren Download im Schnitt zwei Euro kostet, belief sich 2004 auf rund 200 Millionen Euro. 2005 sollen es bis zu 400 Millionen Euro sein. Handy-Klingeltöne sind – vor allem bei Jugendlichen – so beliebt, dass im Frühjahr erstmals ein Song, der speziell für Mobiltelefone produziert worden war, die britische Hitparade anführte. Neuere Telefone wie das N91 von Nokia können Klingeltöne oder komplette Songs als MP3-Datei speichern und abspielen. Per „Visual Radio“ kann man damit zudem UKW-Radio hören und auch begleitende Infos zum Rundfunkprogramm empfangen. Selbst Fernsehen per Mobiltelefon soll bald möglich sein.

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Als künftigen mobilen Hype sehen die Analysten der Marktforschungsagentur InStat/MDR die Nutzung des Handys als Spielkonsole. Der Umsatz mit Videospielen soll nach ihren Prognosen bis 2009 auf 1,8 Milliarden Dollar wachsen – und sich damit gegenüber 2003 fast verzwanzigfachen. Eine verbesserte technische Ausstattung der Handys – zum Beispiel schnellere Prozessoren und ansehnlichere Displays – erlauben es, Spiele fürs Mobiltelefon ähnlich realistisch zu gestalten wie für den PC.

Ein weiterer Trend ist das Zusammenwachsen der unterschiedlichen Geräte und Technologien. So suchen die Entwickler seit Jahren nach Wegen, Mobiltelefone, PDAs & Co auf möglichst einfache Weise so miteinander zu koppeln, dass sie digitale Daten oder Programme austauschen können – etwa um aktualisierte Software-Versionen aufs Handy zu laden. Eine Möglichkeit dafür bietet Bluetooth – eine Funktechnologie, die auf die Überbrückung von maximal ein paar Metern zugeschnitten ist.

Weitere technische Standards werden zurzeit entwickelt. So hat Philips Ende 2004 eine neuartige Technologie vorgestellt, die das Handy zu einem universellen Kommunikationsgerät machen soll: die Near Field Communication (NFC). Werden NFC-fähige Geräte nahe aneinander gehalten, registrieren sie sich automatisch gegenseitig und stellen fest, auf welche Weise sie welche Daten austauschen können. So lassen sich simpel Verbindungen aufbauen, um digitale Fotos oder Videoclips von einem Handy an ein Fernsehgerät zu übertragen. Ein Handy und ein MP3-Player können damit Musikdateien austauschen. Eine andere Anwendung ist das Bezahlen per Mobiltelefon: Auf die SIM-Karte des Handys wird ein Guthaben geladen, das sich an interaktiven Lesegeräten – etwa in einem Getränkeautomaten oder Fahrkartenschalter – zum Bezahlen abbuchen lässt.

Eines der ersten Vorzeigeprodukte stammt vom taiwanesischen Unternehmen Dialogue Technology: Das Flybook A331 könnte man als Computer-Notebook-Handy bezeichnen. Es kann mühelos sowohl den derzeit zum Telefonieren üblichen Mobilfunk-Standard GSM als auch den speziell auf die Übertragung von Daten zugeschnittenen General Packet Radio Service (GPRS) nutzen. Zudem lassen sich mit dem Flybook A331 per Bluetooth digitale Fotos oder Adressen an einen PC oder Drucker senden. Und es eignet sich als drahtloser Zugang zum World Wide Web an einem der WLAN-Hotspots in öffentlichen Einrichtungen und Hotelhallen. Solche Zugangspunkte – auf englisch: Access Points – hieven das Gerät mithilfe einer eingesteckten Funkkarte ins Internet und verschaffen ihm damit beispielsweise Zugriff zur E-Mailbox. Telefoniert wird mit Freisprecheinrichtung oder über ein Headset, das per Bluetooth Funkkontakt zum Gerät hält.

Wie früher kommuniziert wurde

Beim schwedischen Telekom-Ausrüster Ericsson kursiert eine Anekdote von Lars Magnus Ericsson, dem Firmengründer. Seine Frau Hilda hatte ihn nach seinem Ausscheiden 1901 überredet, sich ein Auto zuzulegen. Ericsson, nach einem Unfall seines Freundes und Nachfolgers Axel Boström eigentlich ein Gegner dieser Art von Fortbewegung, hatte seiner Frau ein Zugeständnis abgerungen: Er wolle unterwegs sein Telefon benutzen können. Dazu freilich musste der Tüftler erst eine geeignete Apparatur erfinden. Sie bestand aus zwei langen Angelruten mit Haken an der Spitze, die Hilda nach einem Stopp unterwegs geschickt in zwei Drähte der frei hängenden Überland-Telefonkabel manövrierte. War die Leitung ohne Signal, also frei, dann kurbelte ihr Mann den nächsten Operator an und ließ sich verbinden.

Zwar war diese Art der Kommunikation mitnichten drahtlos, aber zweifelsohne war damit die Idee des Mobilfunks geboren – eine Idee, die freilich einige Jahrzehnte brauchte, bis sie die Welt beflügelte. Schon 1896 demonstrierte der Italiener Guglielmo Marconi die Möglichkeit der drahtlosen Telegrafie durch die – digitale – Signalübertragung von Morsezeichen per Funk. Nur wenig später erkannte man, dass sich auch Sprache per Funk übermitteln lässt. Ab 1907 gab es kommerzielle Transatlantik-Verbindungen mit riesigen Basisstationen, die üblicherweise aus 30 Antennenmasten von rund 100 Meter Höhe bestanden.

1926 wird in den Annalen als Startjahr für das mobile Telefonieren genannt: Am 7. Januar eröffnete die Berliner Zugtelefon AG ihren ersten Zugtelefondienst auf der Strecke Hamburg–Berlin. Oberirdische Telegrafenleitungen wurden als Sende- und Empfangsantennen benutzt – auf den Dächern der Wagons dienten flach gespannte Drähte als Funkantennen. Das System war der 1. Klasse vorbehalten und ein Telefonat von drei Minuten kostete vier Reichsmark.Bezieht man diese Summe auf ein damaliges Richtergehalt von rund 500 Reichsmark im Monat, so würde das Gespräch nach heutigen Einkommensverhältnissen rund 40 Euro kosten. Dieser üppige Preis war sicher ein Grund, weshalb ein Siegeszug der Bahntelefone ausblieb.

Anders die Geschichte in den USA: Dort entwickelte die Galvin Manufacturing Corporation 1930 ein Autoradio. Firmengründer Paul V. Galvin erfand dafür den Namen „Motorola“ – eine Kombination der Begriffe „Motion“ (englisch für „Bewegung“) und „Victrola“ (der Name eines damals bekannten Grammophonherstellers). Mit einem umgebauten Autoradio, das auf eine einzige Frequenz – die Polizeifunknachrichten – eingestellt war, trat Motorola 1936 in die mobile Kommunikation ein. Während des Zweiten Weltkriegs stellte Motorola seine Technologie in den Dienst des US-Militärs. Das Unternehmen kombinierte einen Empfänger und einen Transmitter in einer leicht zu handhabenden Einheit – und nannte sie „ Handie-Talkie“. Das Gerät wog 2,3 Kilogramm, hatte eine Reichweite von 4,8 Kilometern und besaß fünf Vakuumröhren sowie eine Sendeleistung von einem Drittel Watt. Motorola produzierte rund 130 000 solcher „hand held units“. Der Name Handie aber hielt sich nicht, das System wurde später in Walkie-Talkie umbenannt.

Doch Funkverkehr in der Truppe ist etwa ganz anderes als ein umfassendes Netz für jedermann. Zwar entwickelte bereits 1947 der US-Telekomkonzern AT&T das noch heute beim mobilen Telefonieren übliche zelluläre Konzept – bei dem ein Gebiet in eine große Zahl von Funkzellen zerlegt wird –, doch brauchte es über 30 Jahre, bis daraus ein Erfolg wurde. Nötig gewesen wäre ein zentrales System, eine Art Computer in der Leitstelle, um das Weiterreichen eines Teilnehmers von Zelle zu Zelle zu managen. Doch ein solches „Hand-over“ ließ sich in der Zeit vor der Entwicklung von Transistor und Mikroelektronik nicht mit vertretbarem Aufwand verwirklichen.

Die Schweden waren es, die später den zellulären Gedanken in Europa vorantrieben – in einer Zeit, als die Amerikaner wohl technisch in der Lage gewesen wären, die Idee zu verwirklichen, sie aber wegen des Zerfalls des Netzbetreiber-Monopols und der daraus folgenden Zersplitterung in ihrem Flächenland nicht umsetzen konnten. Denn Anfang der Achtzigerjahre wurde in den USA der Netzbetreiber-Monopolist AT&T aufgelöst und durch viele konkurrierende Einheiten ersetzt. Das war nicht gut für einen einheitlichen, landesweit geltenden Mobilfunkstandard.

Am 20. Juni 1953 wurde in Deutschland das erste Mobiltelefonat von einem VW-Käfer aus geführt – ein Testlauf für das A-Netz, das fünf Jahre später für kommerzielle Zwecke geöffnet wurde. Das dabei verwendete Mobiltelefon wog 16 Kilogramm und kostete etwa 8000 D-Mark. Das Auto, in dem es installiert war, ließ sich hingegen für nur 5000 D-Mark erwerben. Zwar war das A-Netz in gewissem Sinn zellulär – eine Funkzelle hatte einen Durchmesser von etwa 30 Kilometern –, doch das Gespräch war weg, wenn der Teilnehmer die Zelle verließ. Außerdem musste man genau wissen, in welcher der 137 Rufzonen sich der Mobilteilnehmer gerade befand, um ihn erreichen zu können. Ein automatisches Weiterreichen der Information über seinen Aufenthaltsort sowie des Gesprächs von Zelle zu Zelle war nicht möglich. Das A-Netz, das maximal 11 000 Teilnehmer hatte, wurde 1977 abgeschaltet.

1972, im Jahr der Olympischen Spiele von München, wurde die nächste Generation der analogen Mobilfunknetze eingeführt: das B-Netz. Allerdings musste man noch immer die Rufzone kennen, in der ein Mobilteilnehmer sich aufhielt. Das B-Netz zählte bis zu 27 000 Teilnehmer. Das C-Netz ging 1985 in Betrieb und brachte es auf 800 000 Kunden. Parallel begann 1982 die „Groupe Spéciale Mobile“ (GSM) die Arbeit an einem neuen, moderneren Mobilfunkstandard. Ziel war ein europaweites digitales Mobilfunknetz mit „Roaming“ – also der Möglichkeit, auch in anderen Netzen als dem des eigenen Anbieters zu telefonieren. Dazu brauchte man Zentralrechner, die den Aufenthaltsort von Teilnehmern lokalisieren und Gespräche durchschleusen konnten – das zelluläre Netz wurde intelligent. 1988 übernahm das European Telecommunications Standards Institute (ETSI) die GSM-Standards. Da GSM auch international Beachtung fand, münzte man die Bedeutung des Kürzels in Global System for Mobile Communication um.

Mit GSM und dem Startschuss für die D-Netze 1992 war man endgültig in der digitalen Telefonie, genauer gesagt in der digitalen Datenverarbeitung auf mobilen Geräten, angekommen. Allerdings: Das erste GSM-Siemens-Gerät P1 zum Beispiel, mit dem man grenzüberschreitend erreichbar war, ähnelte wieder einem Koffer mit Hörer – vor allem wegen des Akkus, der allein 500 Gramm wog. Mit dem insgesamt 2,2 Kilogramm schweren Gepäckstück konnte man aber quer durch Europa mobil telefonieren: mit sprachgesteuerter Freisprecheinrichtung, Schnellwahltaste, elektronischem Telefonbuch, Weitwinkeldisplay, 2 Stunden Sprechdauer und bis zu 12 Stunden Standby-Zeit. 1994 startete das E-Netz in Deutschland auf der Frequenz 1800 MHz als E-plus, später folgte im selben Frequenzbereich O2. Die nächste, dritte Generation – das Universale Mobile Telekommunikations-System (UMTS) – wurde 1998 spezifiziert. Im Jahr 2000, auf dem Höhepunkt des Internet-Booms, versteigerte der Bund UMTS-Mobilfunklizenzen – und erzielte dabei einen Erlös von 50,8 Milliarden Euro. Das Geld floss in den Staatshaushalt.

Wie man morgen das Handy nutzen wird

In Zukunft, so die Vision, wird man in der Lage sein, über sein Handy jederzeit und allerorts mit den Dingen der Umgebung zu kommunizieren. Dazu sollen Hauswände, Litfaßsäulen und Fahrzeuge mit Mikrochips und Funkantennen ausgestattet werden – die sie selbst zu einer Art Mobiltelefon machen. Man wird vom Mobilfunknetz automatisch erkannt, bekommt die Meldung, welche Freunde sich gerade in der Stadt aufhalten, kann Verabredungen an Gruppen im virtuellen Raum schicken und sich Informationen auf den Persönlichen Digitalen Assistenten herunterladen – etwa über das nächste italienische Restaurant.

Viele Visionäre preisen die künftige „Always-on-Gesellschaft“. Kevin Morrow, Leiter des Digital Solution Center von Samsung, und sein Team basteln an dem Projekt homevita: Es bietet Lösungen rund um das vernetzte Heim. Dort heißt das TV-Gerät HomeTheatre. Man kann es mit dem Handy etwa von Australien aus anrufen – zum Beispiel, wenn der gerade in Sydney eingeflogene Freund erzählt, dass am nächsten Tag in der Heimat ein guter Film im Fernsehen kommt. Per Handy lässt sich dann ein Steuersignal senden, das dem DVD-Rekorder zu Hause das Kommando zum Aufnehmen gibt. Um solche Ideen zu realisieren, müssen alle beteiligten Geräte digital sein und über geeignete Schnit tstellen den Datenzugriff erlauben – davon ist die Technik derzeit noch weit entfernt.

Doch die Forscher experimentieren. Es gibt bereits „ Intelligente Häuser“, die über derartige Technologien verfügen: etwa das „inHaus“ des Fraunhofer-Instituts für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme (IMS) in Duisburg. Die linke Haushälfte wird durch Testbewohner bevölkert, die rechte Hälfte hat noch Laborcharakter. Hier ist alles vernetzt sowie mit Automatik- und Fernsteuer-Funktionen ausgestattet: Wasch- und Spülmaschine, Gefrierschrank, Heiz-, Solar- und Lüftungsanlage sowie Aggregate zum Öffnen und Schließen der Fenster und die Anlage zur Haus-Kommunikation samt Eingangsüberwachung. Elektronische Schließsysteme lassen sich über handyähnliche Geräte aktivieren, selbst die Badewanne kann man damit ansteuern. Ungeachtet der Frage, wer so etwas braucht und nutzen will – an Ideen herrscht jedenfalls kein Mangel.

Zukunftsträchtig ist das Mobiltelefon mit integriertem Global Positioning System (GPS): Siemens hat kürzlich das A-GPS (Assisted GPS) vorgestellt. Es wird ins Mobilfunknetz integriert und ermöglicht es, virtuelle Stadtführungen anzubie-ten. Bei A-GPS bekommen die Endgeräte – Handys oder tragbare Computer – Daten von einem Rechner im Mobilfunknetz, der die Positionsbestimmung übernimmt. Bei einer Stadtführung mit dem Handy per A-GPS kann man sich zu historisch bedeutsamen Orten führen lassen und Infos darüber abrufen. Auch bei Autounfällen wäre der Einsatz von A-GPS nützlich. Denn die genaue Position eines Unfallopfers ließe sich damit rasch an die Rettungszentrale übermitteln. ■

Ulrich Schmitz

Ohne Titel

Access Point: Zugangspunkt für WLAN-fähige Handys oder Notebooks, meist in Cafés, Hotels oder auf öffentlichen Plätzen.

A-Netz: Das erste analoge Funknetz startete in Deutschland Ende der Fünfzigerjahre. Mit dem B- und C-Netz zählt es zur ersten, der analogen Generation von Mobilfunknetzen. Ihr folgte die zweite Generation der digitalen Netze (D- und E-Netz) sowie die dritte Generation, das UMTS-Netz.

Bluetooth: Funkstandard, mit dem unterschiedliche elektronische Geräte wie Handys, Kopfhörer oder Drucker untereinander drahtlos Kontakt aufnehmen und etwa Musik oder Fotos übertragen können. Die Reichweite beträgt einige Meter.

ERP: Kürzel für „Enterprise Resource Planning“, das Herzstück jeder Unternehmensplanung und -steuerung. Dazu zählt vor allem die Buchhaltung. Immer mehr mobile Endgeräte können online direkt auf ERP-Programme zugreifen.

D- und E-Netze: Die 1990 und 1991 gestarteten digitalen Netze arbeiten auf einer Frequenz von 900 (D1/D2-Netz) und 1800 Megahertz (E-Netze).

GPRS: General Packet Radio Service – ein Dienst speziell für die Datenübertragung auf dem GSM-Standard.

GPS: Global Positioning System – ein satellitengestütztes System zur Positionsbestimmung und Navigation. GPS erlaubt eine hausnummergenaue Lokalisierung von Mobilfunkteilnehmern an jedem Ort der Erde.

GSM: Global System for Mobile Communication. Mit Ausnahme von UMTS-Geräten nutzen alle Mobiltelefone in Europa diese Übertragungstechnologie.

Handie-Talkie: So hieß eines der ersten mobilen Funksprechgeräte der US-Armee während des Zweiten Weltkriegs.

MDA: ein mobiler (oder multimediafähiger) digitaler Assistent, mit dem man im Internet surfen, E-Mails senden und empfangen sowie telefonieren kann. Erweitert um die Funkschnittstelle WLAN, wird ein MDA zu einem universellen Funkgerät.

NFC: Near Field Communication – ein neuer Standard, mit dem Handys, PDAs und Computer, aber auch diverse Automaten untereinander Verbindung aufnehmen können.

PDA: Persönlicher Digitaler Assistent – ein Kleincomputer für die mobile Datenverarbeitung. Andere Bezeichnungen dafür sind Handheld, Taschencomputer, Pocket-PC oder Palmtop. Das farbige Display eines PDA ist berührungsempfindlich und kann mit einem Stift zur Dateneingabe verwendet werden. Neue Modelle können über Zusatzgeräte wie Handys eine Verbindung ins Internet herstellen.

Pervasive oder Ubiquitous Computing: Verschiedene Bezeichnungen für die Vision einer allgegenwärtigen Verbindung von Datengeräten mit dem Internet – jederzeit und überall.

UMTS: Universal Mobile Telecommunications System – ein neuer Netzstandard für die Daten- und Sprachkommunikation im digitalen Mobilfunknetz der dritten Generation.

WLAN: Wireless Local Area Network – eine Technologie, um mobile Endgeräte per Funk mit dem Internet oder einem Firmennetz zu verbinden.

Ohne Titel

1864 Theorie der elektromagnetischen Felder und Wellengleichungen von James Clerk Maxwell

1888 Experimenteller Nachweis elektromagnetischer Wellen durch Heinrich Hertz in Karlsruhe

1897 Entwicklung des ersten brauchbaren Systems für telegrafische Nachrichtenübertragung durch Guglielmo Marconi

1901 Erste transatlantische drahtlose Datenübertragung zwischen Südwestengland und Neufundland

1906 Erste Weltfunkkonferenz (WARC): regelt die globale Nutzung der Frequenzbänder für Funkdienste

1926 Weltweit erstes Zugtelefon auf der Strecke zwischen Hamburg und Berlin

1945 Erste Taxifunksysteme in Deutschland

1958 A-Netz in Deutschland: analog, 160 MHz, Verbindungsaufbau nur von der Mobilstation aus, kein Handover, 80 Prozent Flächenabdeckung, bis zu 11 000 Teilnehmer

1972 B-Netz in Deutschland: analog, 160 MHz, Verbindungsaufbau auch aus dem Festnetz heraus (aber: Aufenthaltsort der Mobilstation muss bekannt sein), bis zu 27 000 Teilnehmer

1982 Start der GSM-Spezifikation (Groupe Spéciale Mobile), Ziel: europaweites Mobilfunknetz mit der Möglichkeit zum Roaming

1985 C-Netz in Deutschland: analog, 450 MHz, Handover möglich, digitale Signalisierung, automatische Lokalisierung der Mobilstation, 98 Prozent Flächendeckung, Datendienste (Fax, Datex-P. Modem, E-Mail), bis zu 800 000 Teilnehmer – bis 2000 im Einsatz

1987 Festlegung wesentlicher Merkmale der Funkübertragungstechnik für GSM

1992 D-Netze in Deutschland: D1 und D2, voll digital, GSM, 900 MHz, automatische Lokalisierung, Handover, zellular, Roaming zunächst in Europa (mittlerweile weltweit)

1994 E-Netz in Deutschland: E-plus, GSM, 1800 MHz, kleinere Zellen, Ende 1997: 98 Prozent der Bevölkerung erreichbar (Bedingung für die Vergabe der Lizenz)

1997 Vergabe einer weiteren E-Netz-Lizenz in Deutschland: Verpflichtung zur Versorgung von lediglich 75 Prozent der Bevölkerung

1998 Festlegung wesentlicher Merkmale der Funkübertragungstechnik für UMTS (dritte Mobilfunkgeneration)

1999 Vergabe der ersten europäischen UMTS-Lizenz in Finnland

2000 Ende der UMTS-Auktion in Deutschland: Vergabe von sechs Lizenzen, Auktionserlös: 100 Milliarden D-Mark

2001 Start des weltweit ersten Netzes der dritten Mobilfunkgeneration in Japan: NTT DoComo (Start: Oktober 2001), Februar 2003: 200 000 Teilnehmer, April 2005: 12 Millionen Teilnehmer – KDDI (Start: April 2002), April 2005: 18 Millionen Teilnehmer

2003 Start des ersten europäischen UMTS-Netzes durch den Anbieter Hutchison UK in Großbritannien

2004 Start der ersten UMTS-Netze in Deutschland

Ohne Titel

Nach Einschätzung von Experten wird sich das Mobiltelefon von morgen „entmaterialisieren“. Möglich macht das die Polymer-Elektronik – Funkchips aus Plastik, die auf beliebigen Gegenständen aufgedruckt oder in Kleidungsstücke integriert werden. Die gesamte Schaltungselektronik lässt sich einfach ins Jackett einbügeln. Schon heute kann man Folie, Pappe oder Papier mit Leiterbahnen oder Schaltern aus Polymeren bedrucken. In den Forschungslabors der Technischen Universität Chemnitz wurden bereits vor rund zwei Jahren erste gedruckte Schaltkreise realisiert.

Besonders pfiffige Entwickler schauen sich einzelne Moleküle an, um zu lernen, wie man ihnen elektrische Ladungszustände oder Funktionen aufprägen könnte. Am Forschungszentrum Karlsruhe experimentieren Wissenschaftler um Olaf Wollersheim vom Institut für Nanotechnologie mit solchen organischen Materialien. Sie ergründen die elektrischen Eigenschaften der Moleküle, die sich in einer Lösung befinden. Nutzt man für die Herstellung eines Mikrochips nicht den Kunststoff als Ganzes, sondern bloß seine einzelnen molekularen Bestandteile, könnte man so die kleinsten überhaupt denkbaren Chips herstellen – mithilfe der so genannten Molekularelektronik. Und die ist natürlich mobil: „Geräte“ wie Telefone ließen sich flexibel in nahezu beliebigen Formen aufbauen – und etwa im Hemdkragen oder im Fingerring verstecken. So würde das Mobiltelefon nahezu unsichtbar werden. Die Experten sprechen dabei vom „Pervasive Computing“, also einer alle Lebensbereiche durchdringenden Digitalisierung.

Ohne Titel

Einige Handyproduzenten bieten seit Kurzem Telefone an, die sich nach dem Prinzip Push-to-Talk nutzen lassen. Dieser neue Mobilfunkdienst ermöglicht es, kurze Sprachnachrichten an einzelne Personen oder definierte Gruppen von Handynutzern zu versenden. Das Funktionsprinzip ähnelt dem von Funksprechgeräten, etwa dem Walkie Talkie: Um sprechen zu können, muss man einen Knopf drücken. Die Sprachnachricht geht dann gleichzeitig an alle zuvor ausgewählten Empfänger – vorausgesetzt, sie sind online. Die Nachricht erreicht die Empfänger sofort, ohne dass zunächst das Telefon läutet und das Gespräch angenommen werden muss. Dazu nutzt Push-to-Talk das GPRS-Datennetz, mit dem man – ähnlich wie übers Internet – Datenpakete verschicken kann. Sprechen kann bei Push-to-Talk stets nur eine Person, die anderen müssen so lange warten. Der Dienst eignet sich zum Beispiel, um auf einfache Weise einen Termin mit mehreren Freunden zu vereinbaren oder zur Kommunikation zwischen den Mitgliedern eines Arbeitsteams, etwa auf einer Baustelle oder bei einer größeren Veranstaltung. Der Vorteil gegenüber herkömmlichen Sprechfunkgeräten liegt in der Reichweite: Sie ist durch die Nutzung des Mobilfunknetzes nahezu unbegrenzt.

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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Wissenschaftslexikon

Be|sen|strauch  〈m. 1u; Bot.〉 = Geißklee

Moi|ré  〈[moare] m. 6 od. n. 15〉 1 〈Textilw.〉 1.1 Seide od. Kunstfaser mit gemaserter, wellenförmig schimmernder Oberfläche  1.2 ähnliche Musterung u. Zeichnung auf Pelzwerk … mehr

mu|kös  〈Adj.; Med.〉 schleimig [zu lat. mucus … mehr

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